Intimitaet und Verlangen
jeweils in Relation dazu variieren, wer daran beteiligt ist. Beispielsweise könnten Sie die Gefühle Ihres Partners verletzen wollen oder sein gespiegeltes Selbstempfinden beeinflussen oder die Machtverhältnisse in Ihrer Beziehung verändern wollen . In den genannten Fällen ist Ihnen wahrscheinlich daran gelegen, es Ihrem Partner zu erleichtern, bei Ihnen zu »lesen«, dass Sie ihn nicht begehren.
Mentales Spiegeln: Mit oder ohne Empathie?
Wenn wir lesen können, was im Geist unseres Partners vor sich geht, weshalb nutzen wir diese Fähigkeit dann nicht, um rücksichtsvoller miteinander umzugehen? Wie können Menschen mit einer hochentwickelten Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle eines anderen zu erfassen, diese Fähigkeit auf eine so selbstbezogene und unsensible Weise nutzen? Dies ist leichter zu verstehen, wenn Sie wissen, wie Ihr Gehirn zu einer auf mentales Spiegeln spezialisierten Maschine wurde.
Nach Auffassung einiger Experten setzt das mentale Spiegeln die Fähigkeit zur Entwicklung und Anwendung allgemeiner Prinzipien menschlichen Verhaltens und der menschlichen Natur voraus. Wir erschlieÃen die innere Wirklichkeit anderer Menschen, indem wir das, was sie sagen, was sie tun und was sie nach ihrem Verhalten zu urteilen wollen, zusammenfassen und diese Informationen aufgrund von sozialem Wissen analysieren, über das wir bereits vorher verfügten. (Dies ist der »Theorie«-Aspekt des mentalen Spiegelns). 28 Kinder können sich Situationen in erstaunlichem MaÃe mit einer stringenten deduktiven Logik nähern, die schnell erkennt, dass die Eltern der Dreh- und Angelpunkt aller Dinge sind.
Einige andere Wissenschaftler sind der Auffassung, dass wir den Geist anderer Menschen spiegeln, indem wir mental ihre Gedanken und Gefühle simulieren, wobei wir unseren eigenen mentalen Zustand als Modell für das benutzen, was im Inneren des anderen vor sich geht. 29 (Dies ist der »Simulations«-Aspekt des mentalen Spiegelns.) Wir tun dies in Form von Rollenübernahme und dramatischer Personifikation, indem wir uns in unserer Vorstellung in die Position eines anderen versetzen und indem wir unsere eigenen Emotionen und physischen Empfindungen einschätzen. Wir können entweder annehmen, dass die andere Person so reagiert wie wir, oder wir gehen von anderen Charakteristika als den unseren aus und entwickeln mental ein anderes Handlungsmodell. So versuchen wir herauszufinden, was die andere Person als attraktiv oder unattraktiv empfindet, welche Ziele sie hat oder was sie zu vermeiden versucht.
Untersuchungen haben ergeben, dass es zur »Simulation« unmittelbar durch den Anblick des Gesichts und des Körpers eines anderen Menschen kommt. Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass wir automatisch und unbewusst neuronal reagieren, wenn wir beobachten, wie jemand anders etwas tut. Wir spüren viszerale Reaktionen und »Bauchgefühle«, wenn wir sehen, dass das Gesicht eines anderen Menschen eine Emotion zum Ausdruck bringt. 30 WennSie jemanden nach einem Objekt greifen sehen, aktiviert dies genau die gleichen sogenannten Spiegelneuronen im prämotorischen Kortex, die auch aktiviert werden, sobald Sie selbst nach dem betreffenden Objekt greifen. Wenn Sie sehen, dass jemand einen Apfel isst oder mit einem Stock geschlagen wird, feuern Ihre Motoneuronen so, als würden Sie selbst die mit der Aktivität verbundenen Bewegungen ausführen oder als bekämen Sie selbst die Schläge ab. Deshalb erleben Sie auch die gleichen motorischen, viszeralen und psychischen Schmerzreaktionen wie eine Person, die Sie beobachten. Ihr Gehirn nutzt diesen Mechanismus, um Schlüsse darüber zu ziehen, was im Geist und Körper eines anderen Menschen vor sich geht. 31
Sehr präzises mentales Spiegeln nutzt wahrscheinlich alle diese Ressourcen. Ist das Verhalten eines Menschen vorhersehbar, nutzen Sie die Möglichkeit der mentalen Simulation. Handelt der Betreffende dann nicht so, wie Sie erwartet haben, gehen Sie zum »Sammeln und Analysieren von Daten« über. Ihre viszeralen Reaktionen aufgrund der Beobachtung von Gesicht und Körper des anderen geben Ihnen Aufschluss über seinen mentalen Zustand. 32
Ein groÃer Teil des mentalen Spiegelns hat nichts mit Einfühlung in andere Menschen oder mit der Identifikation mit ihnen zu tun. 33 Deshalb erkennen Soziopathen und Trickbetrüger so erstaunlich gut, was im Geist anderer
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