Intimitaet und Verlangen
Dies ist ein besonderer Augenblick für uns, und ich möchte ihn nicht verderben.«
Etwa eine Minute lang wussten beide nicht, was sie sagen oder tun sollten. Randall ging zu Carol und gab ihr einen Kuss, der ungefähr eine halbe Minute dauerte. »Das ist definitiv besser, als an die Decke zu gehen«, kommentierte Carol die Situation, und Randall lächelte ihr zu. Dann brachen sie zum Lunch auf.
Am Nachmittag gelang es Carol und Randall, sich zu lieben, ohne sich vorher durch einen Streit in Stimmung bringen zu müssen. Im Grunde war nichts wirklich Neues geschehen. Carol hatte nur darauf verzichtet, Randalls Zögerlichkeit allzu persönlich zu nehmen. Nachdem sie miterlebt hatte, wie er sich mit sich selbst konfrontiert und seine Unsicherheit überwunden hatte, war ihr klargeworden, dass er Raum benötigte, um sich mit seinen Schwierigkeiten auseinandersetzen zu können.
Die Wirklichkeit sieht anders aus
Als Randall und Carol zu ihrer nächsten Sitzung kamen, waren sie sichtlich angetan. Randall sagte: »Ich habe mir zugeredet, dass ich mich beruhigen müsste, und ich habe mich dazu durchgerungen, mir die Vier Aspekte zu vergegenwärtigen. Ich gehe damit um wie mit einem Mantra. Ich sage mir: Bleibe bei dir, und behalte im Auge, was wichtig ist. Beruhige deinen Geist. Reagiere nicht übertrieben stark. Bleibe geerdet. Durch sinnvolle Beharrlichkeit erreichst du, was du willst. Das hilft mir auch bei meiner Arbeit. Gestern wäre ich fast auf einen Arbeitskollegen wütend geworden, der eigentlich ein sehr netter Kerl ist. Es ist mir aber gelungen, auf etwas, das er getan hatte, nicht unbedacht zu reagieren. Ich habe es geschafft, das Vorgefallene nicht persönlich zu nehmen.«
Carol sagte: »Für mich ist das auch in Ordnung. Es erleichtert es mir, damit umzugehen, wenn du in einer Pattsituation bist. Zumindest weià ich dann, was los ist, und ich habe nicht so schreckliche Angst, dass alles in die Binsen geht. Und die Vier Aspekte machen mir klar, was ich tun muss â auch wenn ich es nicht immer schaffe, es tatsächlich zu tun.« Randall lachte und nickte zustimmend.
Ich fügte hinzu: »Entscheidend ist, tatsächlich zu tun, was notwendig ist, statt nur darüber zu reden.«
Carol nickte. »Ich merke, dass Randall jetzt anders ist. Ich sehe, dass er sich zu beruhigen versucht. Das habe ich vorher noch nie beobachtet. Es gefällt mir. Dass er sich bemüht, ist ein wichtiger Fortschritt, auch wenn das, was wir dadurch zustande bringen, noch nicht besonders groÃartig ist. Zumindest weià ich jetzt, was in ihm vor sich geht.«
Ich sagte: »Viele fragen mich: âºWie kann man lernen, sich zu beruhigen? Wie kann man differenzierter werden? Gibt es ein Buch darüber zu lesen, oder gibt es Ãbungen, die mir helfen, dieses Ziel zu erreichen?â¹ Meine Antwort auf solche Fragen lautet gewöhnlich: âºSie brauchen nur zu heiraten. Dann bekommen Sie genug Gelegenheit zu üben, was Sie üben müssen.â¹Â«
Randall und Carol lächelten und nickten zustimmend.
Wie sich die Situation weiterentwickelte
Randall und Carol gelang es, ihre Probleme nach und nach zu lösen. Da Randall nicht mehr das Gefühl hatte, er müsse etwas verbergen, zeigte er mehr von dem, was tatsächlich zwischen ihm und Carol vor sich ging. Sie hatten nicht untypische Probleme mit der Intimität (ähnlich denjenigen, um die es im nächsten Kapitel geht). Sowie sie diese lösten nahm Randalls Interesse an Sex zu. Carol erzielte die gröÃten Fortschritte durch bewussten Umgang mit Intimität und indem sie lernte, sich zu beruhigen. Sie hörte auf, jenes »elektrische Summen, das Angst signalisiert«, wie Randall es genannt hatte, zu produzieren.
Carol und Randall entwickelten eine stabile kollaborative Allianz (mit der wir uns in Teil IV beschäftigen werden) und nutzten diese zur Erforschung ihres sexuellen Potentials. In den folgenden Monaten rückte der Sex in ihrer Beziehung stärker in den Mittelpunkt, sie wurden dabei wagemutiger, und dies kam ihrer Intimität zugute. Sie hatten nun durchschnittlich ein- bis zweimal pro WocheSex, und das war für beide so in Ordnung. Aufgrund der Probleme, derentwegen sie sich fast hätten scheiden lassen, entwickelten Carol und Randall nun allmählich Respekt voreinander.
Einige Monate später meldete sich Carol bei mir, um mir mitzuteilen, ihre Situation
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