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Intrige (German Edition)

Intrige (German Edition)

Titel: Intrige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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er besonders gern reizt.
    J OUAUST : Ich ermahne Sie, drücken Sie sich angemessen aus.
    L ABORI : Ich habe kein einziges unangemessenes Wort gesagt.
    J OUAUST : Ihr ganzer Ton ist unangemessen.
    L ABORI : Meinen Ton kann ich nicht beherrschen.
    J OUAUST : Nun, das sollten Sie aber. Jeder Mensch kann sich beherrschen.
    L ABORI : Ich kann mich beherrschen, nur nicht meinen Ton.
    J OUAUST : Ich werde Ihnen das Wort entziehen.
    L ABORI : Nur zu.
    J OUAUST : Setzen Sie sich.
    L ABORI : Ich werde mich setzen, wenn auch nicht auf Ihre Anordnung.
    Später sitzen die Anwälte zu einer Strategiesitzung zusammen, bei der auch Mathieu Dreyfus und ich anwesend sind. »Wir dürfen nie unser wesentliches Anliegen außer Acht lassen, mein lieber Labori«, sagt Demange auf seine etwas hochtrabende Art. »Und das ist bei allem Respekt nicht, auf die Armee und ihre Unzulänglichkeiten einzuschlagen, sondern unserem Mandanten die Freiheit zu erstreiten. Und weil dies eine Militärverhandlung ist, über deren Ausgang militärische Offiziere entscheiden, müssen wir diplomatisch auftreten.«
    »Oho, diplomatisch!«, sagt Labori. »Meinen Sie etwa die gleiche Diplomatie, die Ihrem Mandanten vier Jahre auf der Teufelsinsel eingebrockt hat?«
    Demange läuft vor Zorn rot an, rafft seine Unterlagen zusammen und verlässt den Raum.
    Genervt steht Mathieu auf, um ihm nachzugehen. »Ich verstehe Ihre Enttäuschung, Labori«, sagt er an der Tür. »Aber Edgar steht unserer Familie seit fünf Jahren treu zur Seite. Er hat das Recht, die Strategie vorzugeben.«
    Bei diesem Thema teile ich Laboris Meinung. Ich kenne die Armee. Sie reagiert nicht auf Diplomatie, sie reagiert auf Druck. Aber selbst für meinen Geschmack geht Labori zu weit, als er ohne Rücksprache mit Demange dem deutschen Kaiser und dem König von Italien telegrafiert und sie darum ersucht, von Schwartzkoppen und Panizzardi (die beide in ihre Heimatländer zurückgerufen wurden) zu gestatten, für eine Zeugenaussage nach Rennes zu kommen. Der deutsche Reichskanzler Graf von Bülow antwortet, als hätte er es mit einem Wahnsinnigen zu tun:
    Seine Majestät, der Kaiser und König,
    unser allergnädigster Herrscher,
    hält es natürlich für gänzlich abwegig,
    Maître Laboris seltsamem Ansinnen auf
    welche Weise auch immer zu entsprechen.
    Danach erreicht die Verstimmung zwischen Labori und Demange ein solches Ausmaß, dass Labori sich, im Gericht vor Schmerzen ganz weiß, schließlich weigert, das Schlussplädoyer zu halten. »Ich kann nicht Teil einer Strategie sein, an die ich nicht glaube. Wenn dieser alter Trottel meint, mit Höflichkeit gegen diese mörderischen Dreckskerle gewinnen zu können, dann kann er es ja allein versuchen.«
    •
    Als der Prozess sich seinem Ende nähert, kommt der Départements präfekt, Monsieur Duréault, auf mich zu. Er spricht mich während einer Sitzungspause an, als sich alle im überfüllten Innenhof der Schule die Beine vertreten. »Wir haben vertrauliche Informationen erhalten, Monsieur Picquart«, sagt er mit leiser Stimmer. »Wir rechnen damit, dass eine große Zahl Nationalisten zur Urteilsverkündung nach Rennes kommen wird und im Falle eines Freispruchs ernste Ausschreitungen zu erwarten sind. Ich befürchte, unter diesen Umständen kann ich nicht für Ihre Sicherheit garantieren. Ich möchte Sie dringend bitten, die Stadt vorher zu verlassen. Ich hoffe, Sie verstehen das.«
    »Danke, Monsieur Duréault. Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen.«
    »Wenn ich Ihnen noch einen Rat geben darf. Nehmen Sie den Nachtzug, damit man Sie nicht sieht.«
    Dann geht er. Ich lehne an der Mauer in der Sonne und rauche eine Zigarette. Ich werde meine Abreise nicht bedauern. Ich bin jetzt seit fast einem Monat hier. Wie alle. Da sind Gonse und Boisdeffre, die auf und ab gehen, Arm in Arm, als müssten sie sich gegenseitig stützen. Da sind Mercier und Billot, die wie Schuljungen mit baumelnden Beinen auf einem Mäuerchen sitzen. Da ist Madame Henry, die von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllte Witwe der Nation, die am Arm von Lauth, mit dem sie ein intimes Verhältnis haben soll, wie der Todesengel durch den Innenhof schwebt. Da ist der untersetzte, vollbärtige Bertillon mit seinem Koffer voller Schaubilder, der immer noch darauf beharrt, dass Dreyfus im Bordereau die eigene Handschrift gefälscht habe. Da ist Gribelin, der unter einem Baum ein schattiges Plätzchen gefunden hat. Natürlich sind nicht alle da – es fehlen die Geister der Toten Sandherr,

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