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Intrige (German Edition)

Intrige (German Edition)

Titel: Intrige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Henry, Lemercier-Picard und Guénée und der gar nicht geisterhafte du Paty, der Krankheit vorgeschoben hat, um sich vor einer Aussage zu drü cken, sowie Scheurer-Kestner, der tatsächlich an Krebs leidet und angeblich nicht mehr lange zu leben hat, und Esterházy, der in einem englischen Dorf namens Harpenden untergetaucht ist. Aber sonst sind wir alle hier versammelt, wie die Insassen eines Irrenhauses oder die Passagiere eines juristischen Fliegenden Holländers, die dazu verdammt sind, sich und die Welt auf ewig zu umkreisen.
    Eine Glocke ertönt und ruft uns zurück ins Gericht.
    •
    Edmond und ich gehen am Donnerstag, dem 7 . September, zu einem Abschiedsessen ins Trois Marches. Labori und Marguerite sind auch gekommen, Mathieu und Demange nicht. Wir erheben unsere Gläser in Richtung von Merciers Haus auf der anderen Straßenseite und stoßen ein letztes Mal auf den Sieg an. Dann bringt uns eine Droschke zum ausge storbenen Bahnhof von Rennes, und wir steigen in den Nacht zug nach Paris. Niemand sieht uns. Die Stadt versinkt hinter uns in der Dunkelheit.
    Die Urteilsverkündung ist für Samstagnachmittag angesetzt, und Aline Ménard-Dorian befindet, das sei ein wunderbarer Anlass für ein zwangloses Mittagessen. Einer ihrer Freunde, der Staatssekretär für das Post- und Telegrafenwe sen, sorgt für eine direkte Telefonverbindung zwischen Alines Wohnzimmer und der Bourse de Commerce in Rennes, sodass wir den Richterspruch sofort nach seiner Verkündung erfahren werden. Sie lädt die regelmäßigen Besucher ihres Salons und einige andere Gäste für ein Uhr zu einem Buffet in die Rue de la Faisanderie.
    Ich habe zwar keine Lust, aber sie beharrt hartnäckig auf meinem Kommen. »Es wäre uns ein außerordentliches Ver gnügen, mein lieber Georges, wenn wir den Augenblick Ihres Ruhms mit Ihnen teilen dürften.« Da ich nicht ungehobelt erscheinen möchte, sage ich zu. Außerdem habe ich nichts anderes zu tun.
    Der aus dem Exil zurückgekehrte Zola sowie Georges und Albert Clemenceau, Jean Jaurès und de Blowitz von der Londoner Times sind anwesend. Insgesamt sind etwa fünfzig, sechzig Gäste gekommen, darunter auch Blanche de Comminges mit einem jungen Mann namens d’Espic de Ginestet, den sie als ihren Verlobten vorstellt. Ein livrierter Diener sitzt neben dem Telefonapparat in der Ecke und ruft gelegentlich die Vermittlung an, um sicherzustellen, dass die Leitung steht. Nachdem wir gegessen oder, wie in meinem Fall, nichts gegessen haben, gibt er um Viertel nach drei unserem Gastgeber ein Zeichen. Paul Ménard, Alines Ehemann, ein Industrieller mit radikalen Ansichten, nimmt den Hörer mit ernster Miene und lauscht. »Die Richter haben sich gerade zur Beratung zurück gezogen«, sagt er, ehe er den Hörer dem Diener zurückgibt.
    Ich möchte ein paar Minuten allein sein und gehe hinaus auf die Terrasse, aber einige Gäste schließen sich mir an. De Blowitz, der mit seinem kugelrunden Bauch und dem rötlichen Knollengesicht eine Figur aus einem Dickens-Roman sein könnte – Bumble vielleicht, oder Pickwick –, fragt mich, ob ich noch wisse, wie lange die Richter sich damals beim ersten Prozess beraten hätten.
    »Eine halbe Stunde.«
    »Wenn sie länger brauchen, was würden Sie sagen, Mon sieur, ist das günstiger oder ungünstiger für den Angeklagten?«
    »Das weiß ich wirklich nicht. Würden Sie mich bitte entschuldigen?«
    Die folgenden Minuten sind eine Qual. Eine Kirchenglocke in der Nachbarschaft schlägt halb vier, dann vier. Unaufhörlich gehen wir auf dem Fleckchen Rasen hin und her. »Offenbar wägen sie das Beweismaterial sorgfältig ab«, sagt Zola. »Das ist ein gutes Zeichen. Das bedeutet, sie entscheiden für uns.«
    »Nein«, sagt Georges Clemenceau. »Das sind Männer, die ihre Meinung ändern sollen, das kann nicht gut sein für Dreyfus.«
    Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und schaue aus dem Fenster auf die Straße. Dort hat sich eine Menschenmenge versammelt. Jemand ruft zu mir hoch, ob es schon Neuigkeiten gebe. Ich schüttele den Kopf. Um Viertel vor fünf gibt der Diener wieder ein Zeichen. Ménard geht zum Telefon.
    Ménard lauscht in den Hörer. »Die Richter kommen zurück«, sagt er dann.
    Sie haben also eineinhalb Stunden beraten. Ist das lang oder kurz? Gut oder schlecht? Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.
    Fünf Minuten vergehen. Zehn Minuten. Jemand macht einen Witz, um die Spannung zu lockern. Gelächter. Plötzlich hebt Ménard die Hand, und alle verstummen. Am

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