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Intrusion

Intrusion

Titel: Intrusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Elliott
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Verschwinde!«
    Ihr Licht erlosch. Aden, der sie beobachtete, sah nur noch ein Mädchen mit zitternder Unterlippe, das ängstlich zurückwich. Sie war jung, verletzt und hilflos, genau wie er. Er folgte ihr, als sie sich umdrehte und wegrannte.
    »Du! Komm zurück!«, schrie ihm der alte Mann nach. »Siehst du denn nicht die Macht in diesem Spiel? Ich habe meine Rolle gewählt! Ich habe meine Rolle gewählt! Nicht die des Opfers! Niemals! Herr und Meister dieses Ortes, das war meine Entscheidung, und was macht es schon, dass sie nie mehr zu meinen Predigten kommen! Entscheide dich für eine Rolle, mein Junge! Etwas darstellen! Etwas mit Anspruch! Komm zurück! Wir müssen reden!«
    »Ich bin gerade dabei, mich zu entscheiden«, rief Aden über die Schulter. Er fand die Stimme des Alten längst nicht so verlockend wie das hilflose Schluchzen des Mädchens vor ihm. Immer tiefer in den Wald folgte er dem Rascheln der Blätter und dem Knacken der Zweige, die unter ihren Sohlen zerbrachen. Ihre schwach leuchtende Gestalt huschte wie eine Elfe zwischen den Bäumen hin und her.
    Sie wanderte in einigem Abstand vor ihm her, und es schien ihr gleichgültig zu sein, ob er ihr folgte oder nicht. Er hatte sie einmal gerufen; sie war herumgewirbelt und hatte warnend einen Finger auf die Lippen gelegt. Schsch! Sie gingen über einen dicken Laubteppich und hielten hin und wieder an, wenn sich etwas im Unterholz regte. »Sei leise!«, wies sie ihn an. Sie verriet ihm, dass sie Charm hieß.
    Insekten gaben seltsam klickende Geräusche von sich, und einmal vernahmen sie einen heiseren Laut, der von einem größeren Tier stammen musste. Es preschte davon, als sie näher kamen. Der schwache Schimmer, der jetzt von ihr ausging, erhellte ihren Weg zwischen Eichen- und Kiefernstämmen. Alle zwanzig Schritte blieb sie stehen und lauschte angestrengt. »Kannst du dieses Licht nicht ganz ausmachen?«, fragte er.
    »Nein. Ganz auf keinen Fall. Ich kann es notfalls auflodern lassen. Etwa, um einem Heer zu befehlen, sich von einer Klippe zu stürzen. Die Schwachen stechen sich die Augen aus, wenn ich sie darum bitte. Manche können mir widerstehen.« Sie dachte über ihre letzten Worte nach. »Eigentlich bin ich erst zwei oder drei Leuten begegnet, die das konnten. Warum bist du mir gefolgt, ohne dass ich es dir befahl? Ist dir klar, dass du diese Wälder vielleicht nie mehr verlassen wirst?«
    »Ich bin nicht so leicht umzubringen, wie du denkst. Zumindest bleibe ich nicht tot. Glaub mir, ich habe es selbst schon versucht.«
    Sie sah ihn spöttisch an. »Wenn du heute Abend den Weg zurück findest, wirst du dann morgen wiederkommen? Mit Vorräten für mich?«
    »Klar, warum nicht?«
    »Ehrlich? Auch dann, wenn mein Körper nicht hier ist, um dich zum Gehorsam zu zwingen?«
    »Ich spreche nicht mit deinem Körper.«
    Sie lachte. »Du sprichst mit dem Licht, das aus meinem Innern strömt. Der Alte nannte es Gift. Er hat recht.«
    »Nein.« Keine einzige Pose, die sie einnahm – selbst wenn sie hasserfüllt und bitter war –, konnte ihrer Schönheit etwas anhaben, sondern verlieh ihr lediglich eine andere Schattierung, wie Licht, das durch verschieden geformte Hände rann. Sie drehte sich um, musterte ihn und warf lachend den Kopf zurück.
    »Nicht dein Licht ist Gift«, sagte er. »Du hast es dir nicht ausgesucht. Oder wenn, dann willst du es ganz offensichtlich wieder loswerden. Etwas anderes in dir ist vergiftet. Ich weiß nicht, was es ist. Aber vielleicht war das ja die Wahl, die du getroffen hast – und die du nicht bereust.«
    Sie schaute ihn nicht an. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Dann ging sie weiter.
    »Wer war der Alte?«, fragte er. »Der Mann, der dich eine Diebin nannte?«
    »Ein Priester«, entgegnete sie und warf ihm einen sonderbaren Blick zu. »Jedes kleine Kind kennt ihn. Er leitet die Kirche, regiert das Dorf. Nennt sich ›der Namenlose‹. Manche halten ihn für einen Hexer oder Heiler. Versteht sich darauf, den Toten ihre Ruhe zu rauben. Weiß weniger, als er zu wissen glaubt, genau wie alle anderen. Predigt Schwachsinn, und keiner hört ihm zu. Warum fragst du? Du solltest das eigentlich wissen.«
    »Betrachte mich als eine Art Tourist.«
    »Eine Art was?« Sie drehte sich wieder um und starrte ihn durchdringend an. Ihre Stimme klang kalt. »Wer bist du wirklich? Woher kommst du?«
    »Ich komme aus … ich weiß nicht recht, wie ich es sagen soll. Es ist ein Ort, von dem du noch nie gehört hast. Heute

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