Intrusion
als hätte Gott die diversen Teile vom Himmel geschleudert.« Aden blieb erneut wie angewurzelt stehen. Der Triumphwagen des Herzogs parkte vor dem Gebäude. »Was ist los, Aden?« Corbert musterte ihn fragend.
Aden deutete nach vorn. »Er ist da.«
»Ach, Julius. Den musst du nicht ernst nehmen. Er ist aufgeblasen und eine Spur bösartig, aber ihm können wir leicht ausweichen. Klar, die Leute vom Schloss suchen nach dir. Vielleicht solltest du erst mal unsichtbar bleiben, mein junger Freund.« Es war Slythe, den Aden fürchtete. Unbewusst legte er beide Hände schützend vor die Brust. Draußen im Wagen des Herzogs schien der Meuchelmörder nicht zu warten. Im gleichen Moment verließ Julius die Kirche, begleitet von Raydon, der ein Bein nachzog, als wäre es lahm. Julius raffte zornig die Falten seiner Toga. »Das ist doch empörend , Ray! Du hast gehört, was er sagte! ›Keine Medizin mehr im Haus!‹ Also wirklich! Meine Ohrenentzündung ist ihm völlig egal, diesem dreckigen, egoistischen … Ich glaube, er lügt , Ray, das glaube ich in der Tat. Er flunkert mich einfach an! Wetten, dass er ganze Eimer voll Medizin auf der Seite hat, die er nicht herausrückt, die er für sich allein behalten will!«
Raydon entgegnete etwas, das sie nicht verstanden.
»Aber darum geht es doch nicht!«, schrie Julius ihn an. »Denk doch nur, was er angerichtet hat. Zwingt uns glatt, bis nach Somerset zu fahren, um uns zu bekiffen, und dabei ist dort so gut wie nichts mehr zu holen, weil die Leute am Verhungern sind. Ja, ich weiß , dass das geheim bleiben soll, Ray, aber ich bin viel zu erzürnt, um darauf jetzt noch Rücksicht zu nehmen. Ich stehe dicht vor einem Wutausbruch und habe gute Lust, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Und noch eines, Ray! Wenn ich dir wieder einmal befehle, jemanden totzuprügeln, dann tust du das gefälligst, kaputtes Bein hin oder her! Ich bin empört, und ich verlange, dass du meine Schelte auf dem Weg nach Somerset wörtlich in deiner Chronik vermerkst. Oh, warum habe ich nur Slythe daheim gelassen? Ich hasse dich, Raydon. Ich hasse dich ganz einfach …« Der Wagen rollte die Straße entlang, und langsam verklang das Geschimpfe von Julius.
Am Haupteingang hob Corbert seine matte Stimme. »Namenloser?«
Immer noch erschüttert, immer noch das Gekeife des Herzogs im Ohr – Schlag ihn zusammen, Ray! Zermalme ihn mit deinen fetten Fäusten! –, erlitt Kevas den nächsten Schock, als er Aden vor sich sah. Soldaten waren auf der Suche nach ihm bereits von Haus zu Haus gezogen, und Kevas hatte den ganzen Vormittag über gebetet, dass er den jungen Mann finden möge, bevor ihn die Häscher vom Schloss entdeckten.
Was nun? Sein Herz raste, und er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Das kann der größte Tag in meinem Leben werden. Aber wenn er ein Ketzer ist, lösche ich ihn aus, so wahr ich hier stehe … Er nahm die Silberkette mit dem Schädel-Anhänger und legte sie mit zitternden Fingern um den Hals. Sie war der heiligste Gegenstand in der Kirche, trotz ihrer Vorgeschichte – Sivanas, der Prophet des Blutvergießens, hatte sie in der »Nacht der Tausend Tode« getragen. Kevas erflehte mit einem Stoßgebet Stärke und Erleuchtung. Es gelang ihm, seine Nervosität zu unterdrücken, als er die Gäste willkommen hieß, Corbert entließ und Aden bat, im Predigtsaal zu warten, während er Türen und Fenster verriegelte.
»Aden. Aden Keenan.«
Der Namenlose saß ihm gegenüber und durchbohrte ihn mit seinen scharfen Augen. Aden verwirrte dieser Blick, obwohl er davon ausging, dass dies der ganz normale Ausdruck des alten Mannes war. Der Priester hatte ihm einen Napf mit Brühe, Butterbrot und eine Fingerschale gebracht und beobachtete nun genau, ob Aden vor dem Essen irgendwelche Rituale oder Zeremonien einhielt. Es war, als studierte er die Gewohnheiten eines exotischen Geschöpfs. »Würdest du das bitte noch einmal für mich wiederholen?«, fragte der Priester.
»Aden Keenan«, murmelte er um einen Bissen Brot herum. »Soweit ich mich erinnern kann, ist das mein Name. Gute Suppe übrigens. Was ist da drin?«
Der Priester winkte ab. »Wo wurdest du geboren?«
»In Sydney. Sydney, Australien.«
»Und wo befindet sich dieser Ort?«
»Ich bezweifle, dass Sie ihn von hier aus erreichen können. Er ist eine ganze Welt entfernt.«
»Wo wurdest du auf dieser Welt geboren, Aden Keenan?«
»Schwer zu sagen, weil es keine richtige Geburt war.«
»Und doch bist du irgendwie
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