Invaders: Roman (German Edition)
zischend ein Teil der Wand zur Seite. Dahinter kam ein hell erleuchteter Fahrstuhl zum Vorschein.
Geoff erhob sich.
»Ich bin übrigens Ruth«, sagte die Empfangsdame, während sie ihn zum Lift führte. »Diejenige, die Ihnen den Brief geschickt hat.« Ihre hohen Absätze klackten über den Milchglasboden, was im ganzen Raum widerhallte und sich anhörte, als machte eine Stepptanztruppe ihre Übungen.
»Milchglas«, murmelte Geoff vor sich hin.
Über den Fahrstuhl ließ sich nicht viel sagen. Er war ziemlich groß, hatte Wände aus mattem Metall und einen weiß gefliesten Fußboden. Die Decke bestand aus vier Gitterfeldern, die man öffnen und durch die man hindurchklettern konnte, falls man zufällig in einen Actionfilm geriet. Kurzum, es war alles genau so wie in jedem anderen Fahrstuhl auch. Doch dann fiel Geoff etwas Merkwürdiges auf. Es gab keine Knöpfe. Keine Tafel, die die Stockwerke anzeigte. Keinen Alarmknopf. Mit anderen Worten: Der Fahrstuhl hatte noch weniger Extras als ein Toyota Prius. Was war das denn für ein Ding?
»Bitte nennen Sie Ihr Ziel«, verlangte eine synthetische Frauenstimme.
»Oberstes Stockwerk«, antwortete Ruth.
Die Tür schloss sich, der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.
»Darf ich Sie mal was fragen?«, sagte Geoff, während er sich über die Bartstoppeln strich. Wenn er diesen Job wirklich hätte haben wollen, hätte er sich wahrscheinlich die Mühe gemacht, sich zu rasieren.
Ruth wandte sich ihm zu.
»Falls es darum geht, wie wir wissen konnten, dass Sie sich um den Job bewerben, bevor Sie Ihren Brief abgeschickt hatten – das werden Sie erfahren, wenn Sie die Stelle bekommen.«
»Das wollte ich eigentlich gar nicht fragen«, log Geoff. Er mochte es nicht, wenn man ihn durchschaute. Jetzt musste er sich schnell eine andere Frage einfallen lassen.
»Sorry«, sagte Ruth. »Das haben mich nämlich all die anderen Bewerber gefragt.«
»Die anderen Bewerber? Wie viele sind denn schon da gewesen?«
»Neunzehn. Sie sind der letzte.« Sie knöpfte sich ihre Jacke zu und schob sich ein paar verirrte Haarsträhnen hinter die Ohren. »Wir sind da. Im obersten Stockwerk.«
Die Fahrstuhltür öffnete sich, und sie traten in einen riesigen leeren Raum mit Fenstern, die vom Boden bis zur Decke reichten und durch die man auf London hinunterblicken konnte. Es war, als käme man in ein Großraumbüro, bloß dass es hier weder Möbel noch Aktenschränke noch Automaten gab, die nichts als überteuerte Kekse verkauften. Auf dem Fußboden lagen ein paar Kabel, an der Wand lehnten zwei Leitern, und neben einer Säule aus nacktem Beton standen einige Farbeimer. Entweder diese Leute waren gerade erst hier eingezogen, oder sie hatten sich bei der Frage, wie viel Stellfläche sie brauchten, ernsthaft verschätzt.
In der hintersten Ecke saß ein alter Mann mit dem Rücken zum Fenster an einem großen Eichenschreibtisch und war in Akten vertieft. Durch das Fenster hinter ihm hatte man einen spektakulären Blick auf London, inklusive Big Ben und London Eye, sodass man, falls man wollte, die Uhrzeit feststellen und gleichzeitig Touristen die Zunge rausstrecken konnte.
»Mr. Knight wird das Einstellungsgespräch mit Ihnen führen«, flüsterte Ruth, während sie Geoffrey in Richtung Schreibtisch führte. Sie schien jetzt ein wenig langsamer als vorhin zu gehen, fast als zögerte sie aus irgendwelchen Gründen.
»Irgendwas nicht in Ordnung?«, fragte Geoff.
»Nein, nein«, erwiderte Ruth, ihren Schritt beschleunigend. »Es ist nur …«
Bevor Ruth weiterreden konnten, sah der Mann am Schreibtisch auf.
»Ah!«, brüllte er. »Das ist sicher unser letzter Bewerber!« Seine Stimme dröhnte wie die eines extrem aufgekratzten Onkels durch den Raum, der bei einer Hochzeitsrede an der falschen Stelle »Bravo« ruft.
»Ja«, sagte Ruth mit lauter Stimme. »Das ist Geoffrey Stamp.«
»Sehr gut!« Mr. Knight sprang vom Stuhl und eilte ihnen entgegen. Er war groß und schien für einen Mann seines Alters ziemlich agil zu sein, da er mit beeindruckender Geschwindigkeit auf sie zukam. Sein dichtes weißes Haar hatte einen Seitenscheitel, und die tiefen Fältchen um seine Augen ließen vermuten, dass er oft lächelte. Er trug einen braunen Dreiteiler aus Tweed, glänzende braune Schuhe und eine gelbe Seidenkrawatte. Geoff schätzte, dass er schon in den Siebzigern war.
»Sie müssen entschuldigen, dass hier alles so leer ist«, sagte er, während er Geoff fest die Hand drückte, »aber wir sind
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