Invasion 02 - Der Angriff
die er in einer verlassenen Halle des inzwischen dem Erdboden gleichgemachten Wasserwerks gefunden hatte. Die Pioniere feuerten nur selten auf die Zentauren, die versuchten, den Damm zu überqueren, und schlossen stattdessen Wetten ab, wie weit sie es wohl schaffen würden. Es floss ständig weiß schäumendes Wasser über die Dammkrone, und die schwergewichtigen Posleen ertranken einer nach dem anderen schnell in dem tiefen Wasser am Mauersockel.
Das Platoon hatte ein paar in Ausbildung befindliche Pioniere verloren, und die Namen eines jeden Einzelnen würden schwer auf seiner Seele lasten, aber Lieutenant Ryan wusste auch, dass er an diesem Tag Männerarbeit geleistet hatte, und zwar in gutem Stil. Die dem westlichen Horizont entgegen sinkende Sonne brachte die bittere Herbstkälte der Nacht herbei, als ihm der Private neben ihm etwas zurief.
Das Geräusch drang kaum durch das ständige Klingeln in seinen Ohren, als er den Geschützführern auf der fernen Missouri wieder eine Anweisung durchgab, aber als er dann eine Hand auf der Schulter spürte, drehte er sich um. Ein Captain im Tarnanzug lag hinter ihm auf dem Bauch, ein breites Grinsen teilte sein mit Tarnfarbe beschmiertes Gesicht, und jetzt entdeckte Ryan auch die über Kreuz angeordneten Karabiner an seinem Kragen.
»Wir sind hier, um euch abzulösen!«, hörte er, besser gesagt las er dem Offizier von den Lippen ab.
Ryan, immer noch unter dem Schock der Schlacht stehend, nickte bloß. Aber dann machte sich in ihm ein Gefühl unendlicher Erleichterung breit, als er sah, wie frische, ausgebildete und schwer bewaffnete Infanteristen über den Rand der Böschung kamen und sich in den Graben fallen ließen. Zugleich war da ein Gefühl schrecklichen Bedauerns. Das Gefühl, seine Arbeit nicht ganz verrichtet zu haben, die Schlacht einem anderen zu hinterlassen. So wie die Dinge lagen, war das allerdings ein unsinniges Gefühl; die Infanteriekompanie war für ein Gefecht wie dieses besser ausgebildet, frisch, schwerer bewaffnet und verfügte über dreimal so viel Personal. Wenn sein Platoon halb ausgebildeter Pioniere die Brücke den Tag über hatte halten können, dann würde es dieser Einheit sicherlich in den Tagen darauf keine Probleme bereiten. Und außerdem würde man dringend anderswo Pioniere brauchen. Trotzdem tat es weh.
Er nickte erneut dem Captain zu, der jetzt neben ihm stand. »Ich kann nichts hören, Sir, nicken Sie bloß!« Worauf der Captain nickte.
» USS Missouri«, brüllte Ryan und gestikulierte mit dem Mikrofon, »Uniform vier sieben! Passt auf, dass ihr nicht näher kommt.« Das Hämmern von Maschinengewehren im Hintergrund wurde von einer weiteren Salve von drei aufschlagenden Granaten übertönt. »Ihr Feuer mischt sich jetzt in dem der Divisionen, die bei Deep Hole Point und drüben in Maryland abgezogen werden, aber es ist genug.« Er drückte ein letztes Mal den Sprechknopf des Mikrofons.
»Uniform vier sieben, hier Romeo sechs sieben, Ende.«
»Romeo, hier Mo, Ende.«
»Mo, wir werden abgelöst. Ich übergebe Sie an …« Er sah zu dem Captain hinüber.
»Lima neun zwei!« , schrie der Captain.
»Lima neun zwei, Ende.«
»Roger, akzeptiere Lima neun zwei in dieses Netz.«
»Na schön, Danke, Mo, hier Romeo sechs sieben, Ende.«
»Viel Glück, Romeo, hier Juliet, Ende« , erwiderte die unbekannte Frau am anderen Ende der Verbindung.
Mit einem Lächeln rutschte der müde Lieutenant vorsichtig aus dem Graben und die Hinterseite des Hügels hinunter, wo sich die Überreste seines Platoons bereits sammelten.
49
Richmond, Virginia,
United States of America, Sol III
1320 EDI, 10. Oktober 2009
Washington hatte den Zeitvorteil auf seiner Seite. Die Luftlinie zwischen Washington und Fredericksburg war praktisch genauso lang wie die zwischen Fredericksburg und Richmond. Der Umweg, den das Staubecken von Occoquan und der massive Widerstand des Neunten und Zehnten Korps erforderlich machten, sorgte aber dafür, dass Richmond die erste Stadt war, die von den sich ausbreitenden Invasionstruppen getroffen wurde.
Und in Richmond waren sie gerade mit den Vorbereitungen fertig geworden.
»Sie glauben also nicht, dass die das entdecken?«, fragte der Specialist, den man Mueller als Fahrer zugeteilt hatte.
»Vielleicht«, meinte Mueller und nahm den letzten Anschluss an der Sensorkapsel vor, die speziell für den Fernbereich modifiziert war. Die winzige Kamera mit ihrem Sender war in einer nur leicht gepanzerten Kapsel so
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