Invasion 02 - Der Angriff
»Trägheitssysteme?«
»Zweihundertachtzig Grav mit voller Steigfähigkeit, sieben Trägheitspunkte. Tut mir Leid«, meinte er mit einem Achselzucken, einer Geste, die Indowy und Menschen gemeinsam hatten. »Das war das Beste, wozu die Tchpth fähig waren.«
Mike drehte sich um und lächelte mit geschlossenem Mund – er wusste, wie der Anblick von Zähnen auf die Indowy wirkte –, und seine Augen strahlten. »Sag den Indowy, dass ich dankend annehme!«
»Äh, Sir?«, ließ sich Nightingale vernehmen.
»Ja, Lieutenant?«
»Ist das zulässig? Ich meine, gibt es nicht irgendwelche Vorschriften dagegen?«, fragte sie.
»Nein«, erwiderte er entschieden. Sein Gesicht wirkte undurchdringlich, als er sich leicht zur Seite drehte, um einen weiteren Strom Tabaksaft auszuspucken.
»Sir? Ich meine … Interessenkonflikt? Und Geschenke von Lieferanten? Ich weiß, dass es da Militärvorschriften gibt, Sir.« Sie wandte sich mit einem leichten Naserümpfen ab. Er war der Chef, und seine schmutzigen Angewohnheiten waren seine Sache. Aber er könnte wenigstens so viel Anstand haben, nicht andere damit zu belästigen. Die Einheit, in der sie zuletzt gedient hatte, hatte sich für Nulltoleranz gegenüber Tabak entschieden.
»In den Föderationsgesetzen gibt es die nicht, Lieutenant. Ganz und gar nicht«, sagte der Indowy-Meister. »Wir haben das sorgfältig überprüft und festgestellt, dass es voll und ganz innerhalb der Entlohnungsprinzipien der bewaffneten Föderationsstreitkräfte ist. Außerdem handelt es sich bei dem Anzug um einen für die Funktion des Captains erforderlichen Ausrüstungsgegenstand, und deshalb ist das Geschenk auch steuerfrei.«
»Oh.« Die Menschen sahen einander an. Die Indowy hatten ihrem Captain soeben einen Anzug im Wert etwa einer halben Milliarde Credits steuerfrei überreicht. Ein Junior-Werker der Indowy verdiente vergleichsweise weniger als fünf Credits pro Monat.
»Nochmals, vielen Dank«, sagte Mike zu dem Indowy.
»Es ist nur wenig. Mein Team wird hier bleiben, um deinem Clan die Anzüge anzupassen. Ich garantiere bestmögliche Anpassung.«
»Dann kommt doch aus dem Staub herein, damit wir reden können«, sagte Mike und wies auf seine Baracke. »Es gibt da ein paar Dinge, die ich schon lange mit einem guten Techniker besprechen möchte.«
»Danke. Und mein Team?«
»Top«, sagte O’Neal knapp.
»Richtig, Sir. Betten für die Indowy, wird sofort erledigt. Ich denke, ein eigener Trailer?«
»Sie lesen wieder einmal meine Gedanken, Top.«
»Yes, Sir«, sagte der kohlschwarze Hüne und lächelte. »Dafür und für die Ausbildung sind Unteroffiziersdienstgrade da.«
9
Rabun County, Georgia,
United States of America, Sol III
1023 EDI, 17. Juni 2009
»Okay, Honey, und jetzt den Kegel eine Viertelumdrehung nach rechts drehen, vorsichtig, und pass auf, dass der Splint nicht herausrutscht.«
»So?«, fragte Cally mit konzentriert gerunzelter Stirn.
»Genau. So, und spürst du jetzt am Splint Widerstand?«, fragte Papa O’Neal, der im Schatten eines Baumes saß und die Übung beobachtete. Die heiße Sommersonne von Georgia brannte am Feldrand auf sie herunter, und jeder noch so winzige Schatten tat gut. Er hatte einen mächtigen Klumpen Kautabak im Mund, den er jetzt in der Backe bearbeitete und ihn dann auf die andere Seite beförderte.
»Nein«, sagte sie und leckte sich einen Schweißtropfen von der Oberlippe. »Ich spüre gar keinen Widerstand«, bestätigte sie dann, bemüht, den Splint möglichst wenig zu bewegen.
»Okay, dann zieh ihn raus, vorsichtig. Pass auf, dass du nicht an den Stolperdraht kommst, und wenn du den geringsten Widerstand spürst, dann hör auf.«
Cally zeigte beachtliches Talent, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Für eine Achtjährige hatte sie unglaublich geschickte Hände und gab sich auch große Mühe. Papa O’Neal hatte nur eine einzige Kuh in die Luft zu jagen brauchen, um ihr klar zu machen, wie vorsichtig sie sein musste. Die Mine, an der sie jetzt arbeitete, war die modernste, die sie bisher in Angriff genommen hatten, eine Claymore-Richtmine mit einem Stolperdraht. Na schön, eine echte Claymore war es noch nicht, aber immerhin war da eine echte Sprengkapsel.
»Okay«, setzte er seine Lektion fort, »du gehst also auf einem Weg …«
»Nein, das tue ich nicht, weil das nämlich T-O-D-E-S-F-A-L-L-E geschrieben wird«, widersprach sie ihm.
»Okay, du hast also einen schlechten Tag.«
»Wenn du einen schlechten Tag
Weitere Kostenlose Bücher