Invasion 02 - Der Angriff
hundert Meter Distanz flussaufwärts zu halten. Die Einengung ist dort nur dreißig Meter breit, und Lieutenant Fallon hätte die Stellung eine Ewigkeit halten können. So wie es jetzt aussieht, glaube ich nicht, dass sie es schaffen werden.«
»Was würden Sie tun?«
»Ich würde vermutlich angreifen, vielleicht mit ein paar psychologischen Feinheiten, und versuchen, sie bis zur Engstelle zurückzutreiben«, sagte O’Neal. Er ließ das Bildfeld einen Augenblick lang zum Fluss hinunterwandern, führte es aber gleich wieder zu den Kämpfen zurück. »Ist wirklich keine Frage der Zeit; es ist auch belanglos, wie lange sie standhalten. Wenn die Posleen jetzt durchbrechen oder in drei Stunden, dann knacken sie die Verteidigungsstellung der Kompanie flussabwärts.«
»Würde das funktionieren?«, fragte Colonel Hanson, der jetzt seinem Gesprächspartner mehr Aufmerksamkeit widmete als dem praktisch beendeten Gefecht.
»Dem Szenario nach funktioniert es manchmal und manchmal auch nicht, das hängt von einer Anzahl von Faktoren ab, die nicht im Einflussbereich der Probanden liegen«, antwortete O’Neal präzise. Die Frage, die ihn beschäftigte, war, ob es in der Realität funktionieren würde. Jedes Mal, wenn er sich an Diess erinnerte, lief es ihm eisig über den Rücken. Die Risiken, die er dort eingegangen war, waren geradezu hirnrissig gewesen. Er hatte unverschämtes Glück gehabt, und dass er selbst überlebt hatte, galt den meisten immer noch als reines Wunder. Deshalb befürchtete er, dass er bereits nicht nur seine eigene Ration Glück, sondern vielleicht die seiner ganzen Kompanie aufgebraucht hatte. Wenn diese Pläne sich als falsch erwiesen, würde es ein Massaker geben. Und die Schuld dafür würde einzig und allein auf seinen Schultern lasten.
Er ließ seinen Priem gedankenverloren im Mund hin und her wandern und spuckte dann wieder. »Die Posleen könnten ja einen feigen Gottkönig haben, oder ganz vorne nicht genügend Mumm. Dann kommt hinzu, dass winzige Abweichungen in der Oberflächenstruktur unserer Panzerung starken Einfluss auf ihre Verletzbarkeit haben, und so weiter und so fort. Aber wenn man schon so weit zurückgetrieben ist wie wir, muss man auf den Feind einschlagen wie auf das Tor der Hölle, und Lieutenant Fallon ist nicht der Typ dazu.«
»Also lag Lieutenant Nightingales Fehler schon weiter zurück?«
»Yes, Sir«, antwortete Mike mit einer Stimme, die erkennen ließ, dass er nicht ganz bei der Sache war. Irgendetwas an dem dort draußen ablaufenden Szenario störte ihn.
»Ich halte fast immer das erste Platoon in Reserve, worüber die beiden anderen Platoons natürlich sauer sind«, fuhr er automatisch fort. »Aber dabei baut sich in Rogers solche Wut auf, dass er das beim Angriff alles wettmacht, wenn ich ihn schließlich einsetze.«
Der Zugführer des Ersten Platoon war ein großer, breitschultriger, gut aussehender First Lieutenant. Als First Lieutenant hätte er unter normalen Umständen entweder ein Schwere-Waffen-Platoon führen oder eine Position im Stab innehaben sollen. Dass er eine Aufgabe bekleidete, für die normalerweise ein Second Lieutenant ausreichte, nagte an ihm. Mike hatte in den letzten sechs Monaten vier Versetzungsgesuche für ihn eingereicht.
»Nightingale möchte die Last immer gleichmäßig verteilen. Und ich versuche, ihr das auszureden. Das Einzige, worauf es wirklich ankommt, ist unser Einsatzziel. Auf der Basis muss man seine Einheiten in den Kampf schicken, nicht auf der Grundlage irgendwelcher ›Fairness‹. Ich bin schließlich zu dem Schluss gelangt, dass sie ein bisschen mehr als nur leichte Unterstützung braucht. Aber indem ich sie zu viel korrigiert habe, habe ich mich selbst in die Ecke manövriert.« Er verzog das Gesicht, als er den Fehler einräumte.
»Schließlich habe ich die meisten Aufgaben des First Sergeant übernommen und ihn auf sie angesetzt. Die haben eine ganze Menge Zeit miteinander verbracht, und ich habe das Gefühl, dass sie langsam begreift; Gunny Pappas ist ein Spitzenausbilder. Aber mit ihrem Sinn für Taktik bin ich immer noch nicht ganz zufrieden.«
»Es braucht auch Zeit, das zu lernen«, räumte Hanson ein.
»Allerdings, Sir. Ich hoffe nur, dass wir die haben.« Mike schaltete eine auf dem gegenwärtigen Verlauf basierende Wahrscheinlichkeitsdarstellung des Gefechts ein und schickte sie dem Bataillonskommandeur. Die Grafik mit den Verlusten sah wie ein Gebirge aus.
Für Hanson, der seine militärische Reife im
Weitere Kostenlose Bücher