Invasion 02 - Der Angriff
und holte eines heraus, das ein wenig sauberer war. Michaels war durch und durch schwul, sie brauchte also nicht zu befürchten, dass das bei ihm irgendwelche Regungen hervorrief.
In den ersten zwei Wochen, die sie an Bord gewesen war, hatte es ein paar Mal Probleme mit sexueller Belästigung und eine versuchte Vergewaltigung gegeben. Nicht alle Länder, die Personal für die Flotte geliefert hatten, hatten die Tradition weiblicher Seeleute. Sharon hatte hart durchgegriffen. Vielleicht zu hart. Manchmal fragte sie sich, ob sie deshalb immer noch auf dem Schiff war – um sie dafür zu bestrafen, dass sie den versuchten Vergewaltiger vierzehn Stunden lang in Mikro-Schwerkraft, Vakuum und Dunkelheit gelassen hatte. Mit abgeschaltetem Radio. Anschließend hatte man den Mann zu den Bodenstreitkräften versetzen müssen.
Sie schlüpfte in einen schmierigen Overall und stieg in ihre Schiffsstiefel. Zuallerletzt legte sie den Rettungsgürtel an und war damit bereit, einem neuen Tag ins Auge zu sehen. Schon jetzt schwitzte sie aus allen Poren; vermutlich war der Ersatz-Wärmetauscher auch wieder ausgefallen.
»Sie sollten wenigstens einen Bissen essen«, sagte Michaels und hielt ihr einen Teller mit Toast hin.
Sie legte den Kopf zur Seite, eine Gewohnheit, die sie von ihrem Mann angenommen hatte, und lächelte. »Sie sind hier der Boatswain und kein Steward.«
Michaels zuckte die Achseln. »Der Koch hat ‘ne Menge um die Ohren, Ma’am. Ich weiß ganz genau, dass Sie nix essen, wenn ich nicht ein wenig drängle.«
Sharon nahm eine der Toastscheiben und biss ab. Das Zeug war trocken und schmeckte scheußlich. Auf dem Schiff gab es kein anständiges Mehl zum Brotbacken, und die letzten frischen Lebensmittel waren vor beinahe einem Monat eingetroffen.
Das Schiff befand sich auf einem scheinbar endlosen Patrouillenflug im erdnahen Weltraum. Ersatzteile und Lebensmittel, soweit die überhaupt zu ihnen gelangten, wurden von leichten Frachtern angeliefert und per Hand von Schiff zu Schiff transportiert. Die Mannschaft führte einen endlosen Abwehrkampf gegen die widersprüchlichen Anforderungen ständig ausfallender Systeme und die langweiligen Streifendienste.
Sharon wusste, dass es ihnen damit weder besser noch schlechter ging als den anderen Fregatten. Die umgebauten schnellen Kurierschiffe waren die vorderste Verteidigungsfront der Föderation gegen die Posleen, aber vom menschlichen Standpunkt aus dafür geradezu beängstigend unzureichend. Die Schiffe waren antik, buchstäblich Jahrhunderte alt, und es fehlte ihnen so ziemlich alles, was Menschen auf einem Kriegsschiff vorzufinden erwarteten. Es gab keine redundanten Systeme, keine schnell zur Verfügung stehenden Ersatzteile, kaum Schutzsysteme, und die zur Verfügung stehenden Waffen waren so gut wie nutzlos.
Was das Ganze noch schlimmer machte war, dass es sich bei allem praktisch um Einzelanfertigungen handelte. Jedes der Schiffe war über etwa ein halbes Jahrhundert hinweg von einem aus nur wenigen Indowy-Familien bestehenden Team praktisch von Hand gebaut worden. Da somit jedes Schiff ein Einzelstück war, gab es keine austauschbaren Ersatzteile. Und da die Schiffe dafür bestimmt waren, einige hundert Jahre ohne jede Beanstandung im Einsatz zu sein und dann außer Betrieb genommen zu werden, gab es keinerlei Ersatzteile. Jedes einzelne Teil war massiv gebaut, und deshalb gab es keinen Grund dafür, dass es nicht auch mindestens zweihundert Jahre lang funktionierte. Die Indowy garantierten das auch.
Unglücklicherweise waren die meisten Schiffe, so wie auch ihre Agincourt , seit Beginn des Krieges im Dienst. Die Verluste, die der Krieg mit sich brachte, belasteten die Produktionskapazität der Föderation über die Maximalgrenze hinaus, und der offenkundigste Aspekt dieses Umstands war die Knappheit an Schiffsraum. Diese Schiffe, die man eigentlich bereits vor hundert Jahren hätte außer Dienst stellen müssen, wurden immer noch an vorderster Front eingesetzt. Und die Indowy-Techniker, die man der Flotte zugeteilt hatte, waren im Begriff, von den Menschen einen neuen Begriff zu lernen: Improvisation.
Sie knabberte an ihrem trockenen Toast und nahm einen weiteren kleinen Schluck von dem bitteren Tee. Dann tippte sie das AID an ihrem Handgelenk an. »Was gibt’s Neues?«, fragte sie.
»Siebenundzwanzig Mitteilungen in Ihrer E-Mail-Schlange«, antwortete das AID mit einschmeichelnder Baritonstimme.
»Wie viele davon sind Beschwerden der Wartungsleute auf
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