Invasion 06 - Callys Krieg
in die Stadt antrat.
3
Wieder in ihrem Apartment eingetroffen, stellte sie die ein wenig angekratzte matt orangefarbene Muschel, die Annie voll Stolz für sie »gefunden« hatte, neben einen kleinen Topfkaktus auf ihren Nachttisch und ging dann das klebrige Salz und den Sand abduschen. Sobald sie sich darüber klar war, welche ihrer Identitäten in Ferien gehen musste, würde sie noch einmal duschen müssen, aber darüber würde sie sich den Kopf zerbrechen, sobald sie sauber war.
Als sie ihren roten Bikini auf die Badematte fallen ließ, konnte sie draußen den Donner hören, gleich darauf klatschten die ersten Regentropfen gegen das kleine Badezimmerfenster.
Ein paar Minuten später kam sie aus dem Bad, ein Handtuch um den Kopf gewickelt und in einen zu großen, flauschigen blauen Bademantel gehüllt, öffnete mit einem Daumendruck die unterste Schublade ihrer Ankleide, zog sie diesmal ganz heraus und griff nach hinten, nach einer zerkratzten, schwarzen Schuhschachtel. In der Schachtel lagen ihre fünf »Spezialidentitäten«, von denen selbst die Bane Sidhe nichts wussten – nicht nach ihrer Kenntnis. Grandpa hatte ihr das damals im Postie-Krieg eingebläut: Du brauchst immer einen Geh-zur-Hölle Plan. Mhm. Die beiden kommen nicht infrage, die muss ich aktualisieren. Aus der Nähe gehe ich nie für dreißig durch, das würde mehr Kosmetikarbeit erfordern, als ich schaffe. Okay. Dann die hier. Marilyn Grant aus Toledo Urb. Gut, dass ich sie schon am Abend vorher ausgewählt habe. Ich werde eine Dauerwelle brauchen und eine Tönung, die sich nicht gleich beim ersten
Duschen wieder herausspült. Ups. Als Hobbys hat sie Akustikgitarre und Musik aus den Sechzigern. Kann ja heiter werden.
Ein paar Stunden später stand sie vor dem dreiteiligen Spiegel, rümpfte über den Chemikaliengeruch, der jetzt ihr Schlafzimmer erfüllte, leicht die Nase und sah sich das Ergebnis der vorgenommenen Veränderungen an. Warme braune Augen starrten sie an, die sie altmodischen Kontaktlinsen ohne Wirkung verdankte. Nicht ganz kastanienbraune Locken reichten ihr bis zu den Schultern. Sie hatte nicht viel abschneiden müssen, weil die Locken ja das Haar ein wenig kürzer gemacht hatten. Und richtig gebräunt war sie auch nicht, eher medium . Kurze Nägel an der linken Hand und etwas längere an der rechten, mit rosa Nagellack, der besonders Brünetten so schmeichelt. Die Zehennägel waren in einer anderen Rosaschattierung gehalten. Beide mit kleinen Fehlern an den Rändern, und sie würde auch ein wenig abspringen lassen und das dann im Laufe der nächsten paar Tage nicht sehr fachmännisch reparieren.
Sie zog die Bildausweise heraus und sah sich das Gesicht an, verglich es mit dem Spiegel. Ja, das habe ich mit Wangenpolstern gemacht. Ziemlich lästig eigentlich, aber wenigstens kann man heutzutage dauergewelltes Haar waschen. Ein dreifaches Hurra für die moderne Kosmetik. Aber stinken tut das Zeug immer noch. Ein kurzer Blick auf die Fensterscheiben, gegen die immer noch der Regen klatschte, und sie schüttelte den Kopf, öffnete die Tür zum Rest ihres Apartments und schnippte den Deckenventilator an. Das und der Ventilator im Bad, der nach draußen entlüftete, würden etwas helfen. Und im Übrigen hatte sie auch schon in schlimmerem Gestank geschlafen.
Cally sah zur Uhr hinüber. Noch nicht einmal neun. Zum Teufel, vielleicht gibt es eine Alternative. Sie rümpfte die Nase und sah in den Kleiderschrank. Touristenmäßig, touristenmäßig … blaues Hawaii-Hemd, weiße Caprihosen, weiße Sandalen, billiger Muschelschmuck, eben touristenmäßig. Perfekt.
Ein paar Straßen von der Market entfernt gab es ein wirklich gutes Seafood-Lokal – so gut, dass sie sich bewusst anstrengen musste, nicht zu oft hinzugehen, weil es dort zu viele Leute gab und sie darauf achten musste, nicht irgendwelche Verhaltensmuster erkennen zu lassen. Dass heute Abend irgendwelche Kadetten dort sein würden, war unwahrscheinlich – das war ganz entschieden eine schlechte Woche für Kadetten. Der perfekte Ort für Touristen.
Sie rief auf ihrem PDA die Lokalnachrichten für Toledo Urb aus den letzten zwei Wochen auf und schaltete auf Audio, während sie sich anzog. Sie würde – wie sie das immer tat – darauf achten, Ortsansässigen aus dem Weg zu gehen, aber für alle anderen war sie gesichert.
Im Bristol bestellte sie sich an der Bar einen tropischen Krabbensalat und eine extra große Mango Margarita; als sie gegessen hatte, saß sie dann immer
Weitere Kostenlose Bücher