Invasion 06 - Callys Krieg
Vorstadt, in dem Angehörige der unteren Mittelklasse wohnten. Nachdem er das Gebäude betreten hatte, beobachtete sie es sorgfältig und wartete darauf, dass irgendwo Licht eingeschaltet wurde. Das war nicht unproblematisch, da es ja noch Tag war, aber eine andere Möglichkeit hatte sie nicht. Glücklicherweise schalteten die meisten Leute die Innenbeleuchtung schon ein, wenn das Tageslicht noch ausgereicht hätte, und Petane und die Person, mit der er sich traf, bildeten da keine Ausnahme. Nun ja, wahrscheinlich war das jedenfalls die richtige Wohnung. Ein guter Anfang. Der abendliche Stoßverkehr hatte noch nicht eingesetzt, und so konnte Cally den verlassenen Parkplatz nutzen, konnte unauffällig zum Gebäudeeingang hinübergehen und mit dem Körper den Türknopf abdecken, während sie das altmodische, noch mit einem Schlüssel zu sperrende Schloss knackte. Um die Wohnungsnummern in den richtigen Zusammenhang zu bringen, musste sie die Apartments im Erdgeschoss und im ersten Stock betrachten.
Als sie dann die Adresse hatte, war es ein Kinderspiel, durch die Hintertür bei der Telefongesellschaft die Telefone in Apartment 302 C ausfindig zu machen, die in Benutzung waren, und sie binnen Sekunden zu verwanzen. Trifft der Kerl denn überhaupt keine Vorsichtsmaßnahmen? Sie schaltete ihren PDA so, dass die Audioaufnahme auf einem Würfel gespeichert und in Echtzeit abgespielt wurde. Den Geräuschen nach zu schließen und da Petanes Vorname »Charles« war, hatte sie das richtige Apartment für seine Freundin. Sie rief ihre Notizen von der Kamerasuche auf. Es hat immer etwas leicht Obszönes an sich, einer Zielperson beim Vögeln zuzuhören. Okay, wie es aussieht, besucht er seine Freundin Montag, Mittwoch und Freitag. Vielleicht nicht so regelmäßig, aber jedenfalls scheint er ein Gewohnheitstier zu sein. Wenn ich die Freundin betäube und einen Geräuschdämpfer mitbringe, kann ich ihn hier verhören – offiziell wird man ihn erst dann vermissen, wenn seine Frau unruhig wird, und Fleet Strike bemerkt möglicherweise erst am nächsten Morgen etwas. Wenn ich noch mal nachsehe, nachdem
ich nach dem Job sauber gemacht habe, verwandle ich mich in Sinda und bleibe auf dem Radar. Also Montag. Herzanfall. Freundin wacht etwas benommen auf, kann sich nicht richtig erinnern und findet neben sich eine Leiche. Kein schöner Tagesbeginn für sie, aber ein sauberer Hit, bei dem sie am Leben bleibt. Flunitrazepam und Alkohol für sie, ein Cocktail aus Viagra, Insulin und Koks für ihn, eine richtig nette, kleine Party. Zuerst werde ich mit dem Kotzbrocken sanft umgehen müssen, auf die freilich sehr geringe Chance hin, dass an dem Burschen mehr dran, ist als man auf den ersten Blick erkennen kann und er sich als der große Treffer erweist. Na ja, wir werden sehen.
Als er das Apartment verließ und nach Hause fuhr, folgte sie ihm, um sich seine Adresse aufzuschreiben, fand in der Nähe ein billiges Motel und zahlte dort im Voraus für drei Nächte bar. Sie richtete sich in dem Motelzimmer ein, stellte den Wecker auf vier Uhr früh und legte sich ihre Kleidung in Reichweite bereit. Einerseits hatte es wenig Sinn, ihn am Samstag zu beobachten, weil der Job bis Donnerstag erledigt sein musste. Wochenendmuster waren demnach nutzlos. Andererseits würde sie auf die Weise vielleicht zusätzliche Informationen gewinnen, die dabei halfen, seinen Wert als Informationsquelle zu beurteilen, und wenn es möglich war, konnte es ja auch nicht schaden, am Montag Zugang zu seinem Haus zu haben.
New Orleans. Mardi-Gras-Umzug, kein Krieg, keine Ausbildung, ein langes, freies Wochenende. Billige Plastikperlen, Hurrikane und ein jung aussehender Soldat von den Zehntausend, der so aussieht, als würde er viel Zeit an den Trainingsmaschinen verbringen. An dem Abend ist sie Lilly und lacht ihm ins Gesicht, versucht diesmal, nicht mitzugehen, aber das tut sie immer, und jetzt ist es Morgen, und er erzählt ihr schon wieder von seiner Frau, und sie versucht immer wieder, aus dem Bett zu kommen und den Dreckskerl in die Eier zu treten, aber sie kann sich nicht bewegen und ist wieder im Überlebenstraining in Minnesota, und der Schnee fällt und fällt und fällt.
Samstag, 18. Mai
Sie hieb auf den Knopf, damit das lästige Piepsen aufhörte, und wälzte sich aus dem Bett, ließ das Licht ausgeschaltet, um ihre Nachtsicht nicht zu verlieren. So früh am Morgen war ihr Gesicht feucht und verklebt, aber noch nicht richtig nass. Eigenartigerweise konnte
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