Invasion der Nichtmenschen
einem ruhigen Arbeitszimmer schien ungefähr das größte Glück zu sein, das er haben konnte.
Er überquerte den trockenen Rasen zur Zufahrt. Nach zwei Schritten auf dem Pflaster fiel das Licht voll auf sein Gesicht.
Mallory blieb stehen und streckte die Hände ein wenig von sich. Zwei Männer traten aus dem Schatten einer hohen, üppig wuchernden Wacholderhecke. Der eine war mager und hatte lange Arme. Unter einer roten Baseballmütze aus Plastik erkannte Mallory ein hinterhältiges Gesicht mit einem struppigen Bart. Er trug einen Wollmantel und sehr enge Hosen, die für seine langen Beine ein ganzes Stück zu kurz waren und dazu Schuhe mit hohen Absätzen. Sein Gefährte war älter, kleiner, dicker und schien in einen schwarzglänzenden Regenmantel verschnürt zu sein. Er trug einen Bogen, auf dem ein schußbereiter Pfeil lag. Beide Männer musterten Mallory mißtrauisch.
„Woher kommen Sie?“ bellte der Dünne seine Frage. „Was schnüffeln Sie hier herum?“
Mallory deutete in die Richtung, aus der er gekommen war. „Ich habe nur nach einem Platz gesucht, wo ich vor dem häßlichen Wetter sicher bin.“
„Einer von dem Strang-Gesindel, was? Na, was ist? Haben Sie Sünde und Schlechtigkeit satt gekriegt?“
„Ja, die Schlechtigkeit habe ich ehrlich satt“, antwortete Mallory seufzend. „Und Sünden – du lieber Himmel, da bin ich in letzter Zeit reichlich zu kurz gekommen.“
Der Magere tat einen raschen Schritt vorwärts und holte zu einem Rückhandschlag aus. Mallory duckte sich geschwind, aber der Schmerz der raschen Bewegung war wie ein Stich in seinem Fleisch. Der Dicke tat einen Schritt zurück und hob den Bogen an. Ein schwarzer Nebel verdunkelte Mallorys Gesichtsfeld. Er schüttelte den Kopf, um den Nebel zu vertreiben.
„He, der ist verletzt, Wiss.“ Die Stimme des Bogenmannes durchdrang ein hohes, schrilles Summen in Mallorys Kopf. „Der kann sich ja kaum mehr auf den Beinen halten.“
„Der wird bald noch viel verletzter sein“, sagte Wiss von weither. „Filz ihn, den Witzbold. Möcht sehen, was er bei sich hat.“
Der Dicke hielt den Bogen im Anschlag, während sein Kamerad Mallorys Taschen abklopfte und ihn dabei immer wieder wütend anschaute.
„Nichts“, stellte er fest und tat einen Schritt zurück. „Vorwärts, Deeb. Worauf wartest du noch?“ fauchte er den anderen an.
„Mein Gott, Wiss, du erwartest doch nicht, daß ich kaltblütig auf einen Menschen schieße?“
„Du sollst den Namen Gottes nicht leichtfertig in den Mund nehmen! Gib ihn mir, ich tu’s selbst.“ Wiss blieb wie angewurzelt stehen, als Deebs herumwirbelte und den Bogen auf ihn anlegte.
„Zurück, Wiss! Ich habe dich schon ein paarmal gewarnt!“
Wiss hob die Hände zu halber Höhe. „Na, schön. Ist ja schon gut. Werde nicht so nervös.“
Deeb ging langsam zurück und behielt sowohl Wiss als auch Mallory im Auge. „Wir bringen ihn ins Haus. Du zuerst, Wiss. Ich möchte gern ein Auge auf dich haben.“
Das Licht war viel zu hell. Mallorys Schulter schmerzte höllisch. Sein Kopf fühlte sich weich und geschwollen an, und in seinen Augen schien er Sand zu haben. Es roch leicht nach Salmiak.
Der Mann mit dem kupfergoldenen Haar, das ihm in sorgfältig gelegten, schimmernden Wellen in die Stirn fiel, saß hinter seinem Schreibtisch und lächelte ihn freundlich an. Er hatte rosige Wangen, eine gut geformte, wenn auch ziemlich lange Nase, fein gezeichnete, sehr rote Lippen und ein scharfes, vorspringendes Kinn.
„Ich nehme an, Sie stehen ganz auf eigenen Beinen, eh?“ fragte er mit etwas nasaler Stimme. Er winkte mit einer kleinen Phiole, die er sich unter die Nase hielt; er schnüffelte daran. „Wie ich höre, kommen Sie aus Strangs Camp.“
„Colonel Strang versuchte mich in seine Armee zu bekommen“, antwortete Mallory. „Ich wollte aber nicht. Deshalb ging ich dort weg.“
„Oh?“ Der Mann mit dem Kupferhaar spitzte die Lippen und nickte düster. „Ich dachte, Strang hätte Wachen ausgestellt.“
„Ich kam mit einem Ablenkmanöver durch. Der Regen half mir ein wenig dabei.“
Der Mann hinter dem Tisch sah Deeb an, der neben ihm stand. Von dessen Nase hing ein zitternder Wassertropfen. „Bruder Henry scheint der Meinung zu sein, Sie seien als Spion hergekommen, um hier herumzuschnüffeln.“
„Da irrt er aber.“ Mallory sah sich im Raum um. Er war groß und hoch, und die Wände waren in braunen und rotbraunen Farben gehalten. Die Rolläden waren an den Doppelfenstern
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