Invasion der Nichtmenschen
Gebüsch.
„Er muß umgekehrt sein. Ihr verteilt euch hier und sucht das Gebüsch nach ihm ab.“
„Jig zwei-fünf“, schien ein anderer Mann in ein Mikrophon zu sprechen. „Licht hier herüber, hundert Meter bergauf und rechts.“
Der Hubschrauber stand nun genau über ihm und ftuckerndernd einige Runden. Mallory lag unbeweglich da und lauschte den Geräuschen des Suchkommandos. Er döste dabei fast ein. Nach einer Weile entfernten sich die Geräusche. Steifbeinig stand er auf und begann einen Weg zu suchen, der ihn an der Felswand vorbeiführte.
Sechs oder sieben Meter links vom Platz, an dem er gelegen hatte, fand er den Pfad. Verwitterte Steine führten fast wie eine Treppe nach oben. Er kletterte hinauf, wand sich durch hohe Büsche und schaute über einen unkrautüberwucherten Rasen zum Haus hinüber.
Es war sehr hoch; viel höher, als er es sich vorgestellt hatte. Ein Haus diesen Stiles hatte er noch nie gesehen. Es war nicht die verschnörkelte Neogotik der Viktorianischen Zeit, sondern etwas Älteres, Ehrwürdigeres, Monumentales. Langsam ging er weiter. Er stieß auf einen alten, überwachsenen Plattenweg, der zu einer Pferdetränke führte. Ein kleines Rinnsal rieselte über den rundgewaschenen, bemoosten Fels. Wo früher einmal Blumenbeete gewesen sein mochten, fand er nur noch dürre Stengel. Ein zusammengebrochenes Spalier lag auf einer geborstenen Steinbank.
An einer Seite des Hauses gingen die Reste von großen Holzscheunen einem raschen Verfall entgegen. Er überquerte eine gekieste Zufahrt, die im wuchernden Unkraut kaum mehr zu erkennen war. Blasses Mondlicht wurde von hohen, staubigen Fenstern wie von blinden Augen zurückgeworfen.
Eine Flucht breiter Stufen, auf denen feuchtes Herbstlaub lag, führte zu einer Terrasse mit einer Steinbalustrade. Unter einem Halbkreis aus buntem Glas war eine hohe, breite Tür aus getriebenem Metall in die Granitmauer eingelassen. Im Mittelpunkt der Tür befand sich ein Schloß im Kopf eines wundervoll gearbeiteten Greifen.
Mallory griff nach dem Ring und drehte ihn. Die Tür schwang nach innen, und er trat in eine weite, hohe Halle mit fleckigen, blumenbemalten Wänden. Von den Rahmen blinder Spiegel blätterte der Goldbelag, und von der Decke hing ein sehr alter Kristallüster.
Auf dem Boden lag zu seinen Füßen die Leiche eines Mannes.
Irgendwo geigte monoton eine Grille. Wasser tropfte, und der Wind rüttelte an den Dachrinnen. Mallory ging um den Toten herum. Sein Kopf war zur Seite gedreht, ein Arm ausgestreckt. Er hatte langes, schwarzglänzendes Haar, das sich über einem kräftigen Nacken lockte. Der Tote trug eine lange, flaschengrüne Jacke und enge braune Hosen und dazu glänzende schwarze Stiefel, die ihm fast bis zum Knie reichten. An den Handgelenken und am Hals waren duftige Spitzen zu sehen. Der Mann konnte, so schätzte Mallory, kaum länger als ein paar Tage tot sein. Das Gesicht war hohlwangig und blaß. Die Verwesung hatte aber noch nicht eingesetzt.
Mallory setzte seinen Weg fort und kam in einen großen, mit Schatten angefüllten Raum. An den Fenstern hingen verrottete Vorhänge. Durch die blinden Scheiben fiel Sternenlicht, und der aufgeworfene Parkettboden, der zum Teil von einem Teppich verdeckt war, krachte. An den Wänden hing die verblichene Tapete mit einem Barockmuster in Fetzen herunter, aber der untere Teil der Wand war mit dunklem Holz getäfelt. An den Wänden hingen in dicken Goldrahmen Bilder von Männern und Frauen in alten Kostümen. Schwere Stühle und Sofas waren über den ganzen Raum verteilt, aber durch den einstmals kostbaren Brokatstoff stachen die Federn und das Roßhaar der Polsterung.
Mäuse huschten vor Mallory davon, als er den Raum durchquerte. Durch einen Bogen kam er in einen zweiten Raum, an dessen Wänden Bücherregale aufgereiht waren, aber die Buchrücken waren von Schaben zerfressen. Der staubige, verrottete Teppich war mit Papieren bestreut. Kalter Wind fegte in scharfen Stößen durch ein zerbrochenes Fenster, durch das ein belaubter Ast ragte.
In einem weitgeschwungenen Bogen führte eine breite Treppe in den Oberstock hinauf. Hier waren die Schlafzimmer im gleichen prächtigen Stil möbliert, und sie sahen auch ebenso verwahrlost aus wie die Räume unten.
An der Rückseite des Hauses fand Mallory eine Küche mit hohen Holzschränken, einem Kohlenherd und einer Handpumpe neben einem gußeisernen Spülbecken. Eine Tür führte in einen unkrautüberwucherten Garten hinaus, dessen
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