Invasion - Die Ehre des Clans - Ringo, J: Invasion - Die Ehre des Clans - Honor of the Clan
Ihr wisst alle, dass ich bei verdeckten Einsätzen nicht viel tauge. Was ist, wenn einer von euch ins Gras beißt? Ihr habt eine Chance, jemanden aufzubauen, mit dem ihr Erfahrung habt. Ihr habt
auch – Entschuldigung, Sands«, er zuckte die Achseln. »Ihr habt die Gelegenheit, Sands bei verdeckter Arbeit zu beobachten. Der Unterschied zwischen dem realen Leben und der Schule ist schließlich gewaltig. Wenn sie nichts taugt, dann ist es besser, ihr findet das jetzt heraus als später.«
»Schön, du hast mich überzeugt«, seufzte George. »Aber wenn du ihn nicht in den Griff bekommst, dann ist Cally die Nummer eins und geht mit ihm raus, und du bist die Freundin, mit der er nicht weggeht. Oder wenn du es nicht schaffst, ihn von Cally abzulenken.«
»Leuchtet ein«, sagte Tommy. »Tut mir leid, Sands.«
»Ja, hab es kapiert. Wenn er auf Titten scharf ist, brauchte ich ebenso gut überhaupt nicht dort sein.« Sie zuckte die Achseln. »Trotzdem krieg ich auf diese Weise Erfahrung im Einsatz – und ihr die Chance, mich bei der Arbeit zu beurteilen.« Amy wusste, dass sie gewonnen hatte, aber es konnte doch nichts schaden, dieses angenehme Gefühl noch zu vertiefen. Ins Team zu passen, von ihm angenommen zu werden, das hatte für jedes neue Mitglied hohe Priorität – auch dies war eine der Lektionen, die die Nonnen ständig wiederholt hatten. Ein neuer Auftrag störte die Integrität der Einheit, und die musste so schnell wie möglich wieder hergestellt werden, um die optimale Leistung sicherzustellen.
Freitag, 15. Januar 2055
Cally war schon in so mancher Kneipe gewesen, aber noch nie in einer, die dermaßen verraucht war. Gasblaue und natriumgelbe Lichter beleuchteten die Bühne von unten, dazu kam Grün von oben, und dazwischen hingen gespenstische graue Schatten. Der Raum roch nach gutem Whiskey, guten Zigarren, Zigaretten vom Schwarzmarkt und billigem Bier. Die Werbetafeln beiderseits der Tür hatten die von der Bar getroffene Wahl der mit Abstand miesesten Biersorte von Milwaukee zum Fetisch erhoben.
Cally war jetzt achtundfünfzig und hatte schon jede Art von Musik gehört. Die Laute von der winzigen Bühne waren reines Mississippi-Delta. Ihre aufgewerteten Augen entdeckten die Zielperson beinahe sofort, selbst bei der schwachen Beleuchtung und dem Dunst, der ihn ganz hinten in dem überfüllten Raum einhüllte. Er saß allein da und hatte vor sich einen Krug stehen. Ja, das war doch die perfekte Musik für einen Mann, der über den Zustand seines Lebens brütete.
Sie ließ ihren Blick über ihn wandern. Wie es schien, hatte er nicht einmal bemerkt, dass sie hereingekommen war. Dafür gab es bei den vielen Leuten auch keinen Anlass, nur dass sie beide so gekleidet waren, dass Blicke an ihnen hängen bleiben mussten. Zu viele Leute, zu viel visuelles Rauschen, zu sehr auf den Bierkrug vor sich konzentriert. Auf der Bühne klagte eine Gitarre durchdringend.
Eine ganze Menge anderer Augen blieb an ihnen haften, als sie und Sands sich zur Bar durcharbeiteten. Als Cally ihre Hüfte zwischen zwei Männer schob, um sich einen Platz in Sichtweite des Barkeepers zu erobern, beugte sich der Typ hinter ihr vor und hauchte ihr ins Ohr: »Darf ich dich zu einem Drink einladen?«
Ihr Hintern drückte sich gegen ihn, und sein Interesse war spürbar. Sie sah sich halb zu ihm um. Du bist im Einsatz und verheiratet. Lass das, Mädchen, wies sie sich bedauernd zurecht. Schokoladebraune Augen, eine Haarsträhne, die über die rechte Augenbraue fiel, ein schönes Lächeln. Nicht runderneuert, gerade Mitte vierzig schätzte sie ihn nach den paar silbernen Strähnen. Alt genug, um erwachsen zu sein. Und er roch gut. All das registrierte sie im Bruchteil eines Augenblicks, aber ihr Verstand arbeitete im Einsatzmodus.
»Nein, danke. Meine … Freundin und ich kommen schon klar«, sagte sie desinteressiert, und dabei verzog sich ihr Mund zu einem höflichen kleinen Lächeln. Sie hatte festgestellt, dass das im Allgemeinen wirksamer war als eine massivere
Abfuhr. Selbst ein Anflug von Feindseligkeit wirkte auf Männer interessant, die erfahren genug waren, um sofort nachzusetzen. Besser, man vermittelte ihnen den Eindruck, sie wären gar nicht vom Radar erfasst worden.
»Nimmst du deinen üblichen Drink, Babe?«, fragte sie Sands.
Amy kapierte sofort, drehte sich halb herum und wischte mit der Brust über Callys Arm. »Na klar, Honey«, sagte sie mit einem trägen Lächeln und ließ die Augenlider dabei halb
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