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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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getan. Nach der Audienz mit Gaan Kuduhn – weißt du was, ich glaube, der alte Scheißkerl Walen dachte, er würde mich reinlegen!« sagte sie, als ob sie sich selbst unterbräche. Ich wäre an meinem Schluck beinahe erstickt. Ich war nicht daran gewöhnt, die Ärztin so derbe Worte gebrauchen zu hören. »Ja«, sagte sie. »Ich glaube, er dachte, ich sei nicht… ich sei… nun, wie auch immer, es war nach der Audienz mit dem Gaan. Wir waren allein. Nur er und ich. Ein Verspannung im Hals. Ich weiß nicht«, sagte sie betrübt. »Vielleicht war ich erregt, weil ich jemanden aus meiner Heimat getroffen hatte.«
    Plötzlich schluchzte sie, und als ich aufblickte, sah ich, wie sie sich nach vorn beugte, so daß ihr Kopf tiefer als ihre Knie war. Sie setzte das Glas mit Wucht auf dem Arbeitstisch ab und hielt sich den Kopf mit beiden Händen. »O Oelph«, flüsterte sie. »Ich habe so schreckliche Dinge getan.«
    Ich betrachtete sie und überlegte, wovon, bei der Vorsehung, sie wohl reden mochte. Sie schniefte, wischte sich Augen und Nase am Ärmel ab, dann streckte die Hand wieder nach dem Glas aus. Sie verharrte bei dem alten Dolch, der in der Nähe lag, dann griff sie nach dem Glas und führte es an die Lippen. »Ich kann es nicht glauben, daß ich das getan habe, Oelph. Ich kann es nicht glauben, daß ich es ihm gesagt habe. Und weißt du, was er mir geantwortet hat?« fragte sie mit einem hoffnungslosen, unsteten Lächeln. Ich schüttelte den Kopf.
    »Er antwortete, daß er natürlich Bescheid gewußt habe. Ob ich ihn für dumm halte? Und, oh, er fühle sich geschmeichelt, aber es wäre für ihn noch weniger klug, darauf einzugehen, als es für mich sei, mich überhaupt auf diese Weise zu offenbaren. Außerdem möge er nur hübsche, zierliche, niedliche Frauen ohne Gehirn, nur bei ihnen fühle er sich wohl. Das sei sein Geschmack. Kein Geist, keine Intelligenz, ganz gewiß keine Bildung.« Sie schnaubte. »Geistlosigkeit. Darauf steht er! Ein hübsches Gesicht vor einem leeren Kopf. Ha!« Sie kippte den Rest aus ihrem Glas in sich hinein, dann füllte sie es neu und verschüttete dabei etwas von der Flüssigkeit auf ihr Kleid und den Boden.
    »Du verdammte Mißgeburt, Vosill!« murmelte sie vor sich hin.
    Bei ihren Worten glaubte ich, mein Blut würde erstarren. Ich hätte sie gern in die Arme genommen, hätte sie festgehalten… und gleichzeitig wäre ich zu diesem Zeitpunkt überall anders lieber gewesen als hier.
    »Er möchte geistige Beschränktheit, nun ja… verstehst du, welche Ironie darin liegt, Oelph?« fuhr sie fort. »Das einzig Schwachsinnige, das ich seit meiner Ankunft hier getan habe, ist, ihm zu sagen, daß ich ihn liebe. Ich war unübertrefflich und höchstgradig schwachsinnig, und dennoch reichte das nicht. Er möchte geistige Beschränktheit durch und durch.« Sie starrte in ihr Glas. »Ich kann es ihm nicht einmal verübeln.« Sie nahm wieder einen kräftigen Schluck. Sie hustete und mußte das Glas auf dem Arbeitstisch absetzen. Die Standfläche des Glases landete auf ihrem alten Dolch, so daß das Behältnis das Übergewicht bekam, umkippte und klirrend zu Boden fiel, wo sich der alkoholische Inhalt spritzend über die Dielen ergoß. Sie nahm die Füße vom Arbeitstisch und stellte sie unter den Stuhl, auf dem sie saß, den Kopf wieder in die Hände gelegt, bis sie sich unsicher aufrichtete und anfing zu weinen.
    »Ach, Oelph«, schluchzte sie. »Was habe ich getan?« Sie schaukelte auf ihrem Stuhl vor und zurück, das Gesicht immer noch in den Händen vergraben, die langen Finger wie einen Käfig um den wilden Wust roter Haare gelegt. »Was habe ich getan? Was habe ich getan?«
    Ich bekam es mit der Angst zu tun. Ich wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich hatte mich während der letzten Monate so reif, so erwachsen gefühlt, so fähig und selbstbeherrscht, aber jetzt kam ich mir wieder wie ein Kind vor, vollkommen unsicher, was ich tun sollte in Anbetracht von Schmerz und Kummer eines Erwachsenen.
    Ich zögerte, und in mir wuchs das schreckliche Gefühl, daß alles, was immer ich auch als nächstes tun würde, das Falsche sein würde, und daß ich bis ans Ende meiner Tage darunter leiden würde, und – was noch schlimmer wäre – letztlich auch sie, während sie vor und zurück schaukelte und jämmerlich vor sich hin stöhnte. Ich stellte mein Glas zu meinen Füßen ab, stand von meinem Sitz auf und kauerte mich neben sie. Ich streckte eine Hand aus und legte sie ihr sanft auf

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