Inversionen
verhören.
A: Ah-ha. Würdet Ihr gerne sehen, daß so etwas geschieht?
W: Ich weiß, daß das unwahrscheinlich ist, solange sie die Gunst des Königs genießt, obwohl das nicht für immer so bleiben mag. Wie dem auch sei, es gibt Möglichkeiten. Sie könnte einfach verschwinden und einem Verhör unterzogen werden – informell, sozusagen.
A: Nolieti?
W: Ich habe… noch nicht ausdrücklich mit ihm darüber gesprochen, aber ich habe mich bereits vergewissert, und zwar mittels überaus vertrauenswürdiger Quellen, daß er einem solchen Ansinnen mit größter Freude entgegenkommen würde. Er hat den starken Verdacht, daß sie eine von ihm verhörte Person durch den Tod von ihren Qualen befreit hat.
A: Ja, das hat er mir gegenüber auch erwähnt.
W: Habt Ihr erwogen, etwas zu unternehmen?
A: Ich habe ihm gesagt, er soll vorsichtiger sein.
W: Hmm. Jedenfalls wäre es möglich, sie in dieser Weise zu überführen, obwohl das durchaus riskant werden könnte, und danach müßte sie getötet werden. Dahingehend zu wirken, daß sie die Gunst des Königs verliert, könnte entschieden länger dauern und würde möglicherweise durch den Druck, den man bei der Angelegenheit ausüben müßte, Risiken bergen, die kaum geringer sein dürften als die mit dem erstgenannten Vorgehen verbundenen.
A: Offenbar habt ihr schon gründlich über die Sache nachgedacht.
W: Natürlich. Doch wenn man sich ihrer ohne Wissen des Königs bemächtigt, könnte die Hilfe des Wachkommandanten von entscheidender Bedeutung sein.
A: Könnte es, nicht wahr?
W: Also? Wäret Ihr bereit zu helfen?
A: Auf welche Weise?
W: Indem Ihr vielleicht die Männer zur Verfügung stellt?
A: Ich glaube nicht. Das könnte dazu führen, daß ein Teil der Palastwache gegen einen anderen kämpft, und das ist auf keinen Fall gut.
W: Nun denn, und auf andere Weise?
A: Auf andere Weise?
W: Verdammt, Mann! Ihr wißt doch, was ich meine!
A: Hinwegsehen über das, was geschieht? Lücken in den Namenslisten der Diensthabenden? Dachtet Ihr an so etwas?
W: Ja, so etwas.
A: Eher Unterlassungssünden, anstatt echter Vergehen.
W: Nennt es, wie Ihr wollt. Es sind die Handlungen oder unterlassenen Handlungen, zu denen ich etwas von Euch hören möchte.
A: Nun gut, vielleicht.
W: Mehr nicht? Nur ›vielleicht‹?
A: Erwägt Ihr, das in einer der Gegenwart nahen Zeit zu tun, Herzog?
W: Vielleicht.
A: Ha. Nun, versteht Ihr, falls Ihr nicht…
W: Ich meine nicht heute oder morgen. Ich bemühe mich um das Verständnis, daß so ein Plan, falls seine Durchführung nötig werden sollte, mit der geringstmöglichen Verzögerung in die Tat umgesetzt werden kann.
A: Also dann, wenn ich von der Dringlichkeit der Sache überzeugt wäre, dann könnte es so geschehen.
W: Gut. Das klingt schon besser. Endlich. Vorsehung, Ihr seid der…
A: Aber ich müßte glauben, daß die Sicherheit des Monarchen ernsthaft in Gefahr ist. Doktor Vosill ist eine persönliche Beauftragte des Königs. Eine Aktion gegen sie könnte leicht als Aktion gegen unseren geliebten Quience selbst aufgefaßt werden. Seine Gesundheit liegt in seinen Händen, vielleicht in demselben Maß, wie sie in meinen liegt. Ich tue mein bescheidenes Bestes, um jegliche Meuchler oder andere, die ihm übel wollen könnten, von ihm fernzuhalten, während sie gegen die Krankheiten kämpft, die aus seinem Innern kommen.
W: Ja, ja, ich weiß. Sie steht ihm sehr nahe. Er ist von ihr abhängig. Wir haben es versäumt zu handeln, bevor ihr Einfluß seinen Höhepunkt erreicht hatte. Wir können lediglich daran arbeiten, sein Abflauen zu beschleunigen. Aber bis dahin könnte es zu spät sein.
A: Meint Ihr, sie beabsichtigt, den König zu töten? Oder ihn in einer bestimmten Richtung zu beeinflussen? Oder spioniert sie lediglich und erstattet einer anderen Macht Bericht?
W: Ihr Aufgabenbereich mag all dieses umfassen, je nachdem.
A: Oder nichts davon.
W: Ihr scheint in dieser Hinsicht weniger besorgt zu sein, als ich gedacht hatte, Adlain. Sie kommt vom Ende der Welt, tauchte erst vor zwei Jahren in der Stadt auf, war Leibärztin eines Kaufmanns und eines Adeligen – in beiden Fällen nur kurz –, und dann plötzlich steht sie dem König näher als irgend jemand sonst. Vorsehung, eine Ehefrau würde weniger Zeit mit ihm verbringen!
A: Ja. Man könnte sich fragen, ob sie vielleicht einige der intimeren Pflichten einer Ehefrau erfüllt.
W: Hm. Das glaube ich nicht. Mit der Leibärztin ins Bett zu gehen ist unüblich, aber
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