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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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bewegte er sich in Richtung Tür. »Sofort, Hoheit.«
    »Wiester?«
    »Hoheit?«
    »Ich habe Spaß gemacht.«
    »Ah. Ha ha.« Der Kammerherr lachte.
    Die Ärztin stellte ihre Tasche auf einen Sitz in der Nähe der Tür.
    »Ja, Doktor?« fragte der König.
    Die Ärztin blinzelte. »Ihr batet für heute morgen um meine Dienste, Herr.«
    »Tat ich das?« Der König sah verdutzt aus.
    »Ja, gestern abend.« (Das stimmte.)
    »Ach ja, kann sein.« Der König machte ein überraschtes Gesicht, als seine Arme gehoben und ihm ein ärmelloser schwarzer Umhang, eingefaßt von einem leuchtend weißen Pelz, über die Schultern gelegt und befestigt wurde. Er bog sich, verlagerte das Gewicht von einem bestrumpften Bein aufs andere, ballte die Hände zu Fäusten, führte mit Kopf und Schultern eine Art Rollbewegung aus und erklärte: »Sehr Ihr, Ormin? Ich werde auf meine alten Tage ganz schön vergeßlich.«
    »Aber nein, Hoheit, Ihr seid kaum über Eure Jugend hinaus«, widersprach der Herzog. »Wenn Ihr Euch selbst per königlichem Dekret als alt bezeichnet, wie müssen wir uns dann fühlen, die wir bedeutend älter sind als Ihr und uns dennoch mit tiefer Überzeugung dem Glauben hingeben, daß wir noch nicht alt sind? Habt Erbarmen, bitte!«
    »Sehr wohl«, stimmte der König mit einem Wedeln der Hand zu. »Ich erkläre mich wieder zum jungen Mann. Und für gesund«, fügte er hinzu, wobei er einen erneuten erstaunten Blick zu der Ärztin und mir herüberwarf. »Also, anscheinend sind alle Schmerzen und Beschwerden von mir genommen, so daß Ihr mich heute morgen nicht zu behandeln braucht, Doktor.«
    Die Ärztin zuckte die Achseln. »Nun, das sind gute Nachrichten«, sagte sie, nahm ihre Tasche und wandte sich der Tür zu. »Dann wünsche ich Euch einen guten Tag, Herr.«
    »Ach!« sagte der König plötzlich. Wir beide drehten uns wieder um.
    »Herr?«
    Der König blickte eine Weile überaus nachdenklich drein, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Doktor mir fällt einfach nichts ein, womit ich Euch aufhalten könnte. Ihr könnt gehen. Ich werde Euch rufen lassen, wenn ich Euch wieder brauche.«
    »Selbstverständlich, Herr.«
    Wiester öffnete die Tür für uns.
    »Doktor?« sagte der König, als wir auf der Schwelle standen. »Herzog Ormin und ich gehen heute nachmittag auf die Jagd. Für gewöhnlich falle ich von meinem Reittier und werde von oben bis unten von einem Stachelbusch zerkratzt, es kann also gut sein, daß ich später etwas für Euch zum Behandeln habe.«
    Herzog Ormin lachte höflich und schüttelte den Kopf.
    »Ich werde mich gleich daran machen, die entsprechenden Medikamente zuzubereiten«, sagte die Ärztin. »Euer Majestät.«
    »Vorsehung! Zum zweiten Mal!«

 
8. Kapitel
Der Leibwächter
     
     
    »Genieße ich jetzt so großes Vertrauen?«
    »Oder ich. Wahrscheinlich deshalb, weil man von mir annimmt, ich sei jenseits aller menschlichen Interessen, bis auf die allerdringendsten. Oder weil der General nicht die Absicht hat, mich jemals wieder zu besuchen, und deshalb…«
    »Vorsicht!«
    DeWar packte die Dame Perrund im letzten Augenblick am Arm, als diese im Begriff war, vom Gehsteig in die Spur eines Zehnergespanns von Zugtieren zu treten, das einen Kriegskarren zog. Er zerrte sie zu sich zurück, und gleich darauf jagten zuerst das keuchende, von Schweiß glänzende Gespann und dann der große schwankende Kanonenwagen an ihnen vorbei und erschütterten die Pflastersteine, auf denen sie standen. Ein Geruch von Schweiß und Öl hüllte sie ein. Er spürte, wie sehr alledies sie erschreckte; sie drückte den Rücken an seine Brust. Das Poltern der mannshohen Wagenräder hallte zwischen den rissigen, zum Teil baufälligen zwei- und dreigeschossigen Gebäuden, die in unterschiedlicher Schräglage die Straße säumten, wider.
    Oben auf dem großen schwarzen Geschützkarren stand ein Kanonier, der eine Uniform in Herzog Ralboutes Farben trug, und schlug wild auf die Zugtiere ein. Dem Karren folgten zwei kleinere Wagen, vollbeladen mit Männern und Holzkisten. Diese wiederum zogen einen Schweif hinter sich her, der aus einer zerlumpten Bande schreiender Kinder bestand. Die Wagen donnerten durch die offenen Tore in der inneren Stadtmauer und verschwanden aus der Sicht. Leute auf der Straße, die vor den rasenden Fahrzeugen zurückgewichen waren, strömten wieder auf die Fahrbahn, murmelnd und den Kopf schüttelnd.
    DeWar ließ die Dame Perrund los, und sie wandte sich zu ihm um. Mit einem Gefühl von

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