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Irgendwann Holt Es Dich Ein

Irgendwann Holt Es Dich Ein

Titel: Irgendwann Holt Es Dich Ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Hill
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hatte?
    »Du warst ihre Freundin«, drängte Hatties Mutter. »Hat sie dir von den schrecklichen Dingen erzählt, die ihr passiert sind?«
    Wieder kam Kate sich wie eine Betrügerin vor. Rosemary Fox ging offenbar davon aus, dass sie und Hattie bis zum Ende befreundet waren und erst kürzlich miteinander gesprochen hatten. Kate wollte nicht lügen, aber sie wollte die arme Frau auch nicht enttäuschen. Rosemary suchte zweifellos nach Antworten. Und sie schien etwas zu wissen. Kate überlegte angestrengt. »Sie wirkte furchtbar außer sich«, sagte sie schließlich und hätte sich gleich darauf am liebstem für diesen dummen Satz geohrfeigt. Natürlich war Hattie außer sich gewesen. Immerhin hatte sie sich vor einen Zug geworfen!
    Doch genau das wollte Rosemary offenbar hören, ja, hatte es erwartet. »Ich wusste, dass sie dir was sagen würde«, sagte sie lebhaft. »Bin ich froh, dass ich dich angerufen habe!«
    Sie ließ Kates Handgelenk los, räusperte sich und umfasste Kates Unterarm aufs Neue, wenngleich sehr viel sanfter als zuvor. Und dann sagte sie etwas, womit Kate nie gerechnet hätte: »Bist du nicht mit diesem bezaubernden Neil Callan verheiratet?«
    Kate starrte sie entgeistert an. Einer der Zeitungsartikel hatte Neil erwähnt, zugegeben, und sein Gesicht war im Fernsehen halbwegs bekannt, aber wie Rosemary dazu kam, sich für ihn zu interessieren, war ihr ein Rätsel. Kate brachte ein Kopfnicken zustande. »Ja, bin ich.« Es schien Kate nicht der richtige Zeitpunkt, ihre Trennung zu erwähnen.
    »Schön«, sagte Rosemary und stemmte energisch beide Hände auf die Oberschenkel. »Ich will nämlich, dass er mir hilft herauszufinden, was Hattie umgebracht hat.«
    Einen Augenblick lang saß Kate wie versteinert da, dann platzte es aus ihr heraus: »Sie denken, jemand hat Hattie umgebracht?«
    Leider hatte sie keine Kontrolle über ihre Stimme, die irgendwo zwischen Unglauben und Lachen changierte. Sie dachte an den Moment auf dem Bahnsteig. Sie hatte niemand Verdächtigen gesehen, nichts, was ihr ungewöhnlich vorgekommen wäre. Nur ein willentlicher Sprung und ein trunkener Sturz. Sie war sich fast sicher, dass Hattie gesprungen war. Offenbar glaubten die anderen Zeugen das auch. In den Berichten, die Kate seither gelesen oder gehört hatte, war Hattie nicht gestoßen worden. Sie sah Rosemary Fox an und versuchte zu ergründen, ob die Frau möglicherweise senil war oder schlicht irre vor Trauer: eine Frau, die nach allem griff, um sich den Tod ihres einzigen Kindes zu erklären.
    »Komm mit!«, sagte Rosemary, stand mit der ihr eigenen Geschmeidigkeit auf und reichte Kate ungewöhnlich entschlossen die Hand. »Ich will dir was zeigen.«
     
    Hatties Zimmer war fast genauso, wie Kate sich daran erinnerte. Der Geruch - das wohlbekannte Parfum von Lilien und L'Heure Bleue, mit einer schwachen Schweißnote - ließ Kates Hals sofort enger werden. Kleider hingen über dem hohen Mahagonibett, Schuhe und Handtaschen waren überall auf den abgeschliffenen Dielen und den fransigen Orientläufern verstreut. Auf der aufwendigen viktorianischen Frisierkommode mit ihrem dreiflügligen Spiegel standen immer noch Flakons und Bürsten zwischen verstreutem Puder und zusammengeknüllten Kleenex-Tüchern. Als wäre Hattie erst kürzlich aus dem Raum gegangen. Kate linste in den Spiegel und erinnerte sich an die Zeiten, als sie dort gesessen hatte, während Hattie sie schminkte, sie anmalte wie eine kleine Puppe. Wie eine Welle überkam sie die Trauer um all die wundervollen, verlorenen Abende, die sie in diesem Zimmer verbracht hatte.
    »Sie war für einige Zeit nach Hause gekommen«, sagte Rosemary mit bebender Stimme. »Sie hatte ja so viele Probleme. Nachdem sie aus der Klinik entlassen wurde, zog sie erstmal wieder hierher. Die Versuchung wäre hier nicht so groß, hat sie gesagt. Zu Hause würde sie stärker sein und nicht wieder mit dem Trinken anfangen.«
    Kate hatte nicht gewusst, dass Hattie einen Entzug gemacht hatte, auch wenn es sie nicht überraschte. Sie sagte nichts, sondern ließ Rosemary reden.
    »Das war, bevor dieses Schwein sie in den Abgrund riss.«
    Kate hatte Rosemary Fox noch nie verärgert erlebt, geschweige denn, dass sie von ihr abfällige Ausdrücke gehört hätte. Erschrocken drehte sie sich zu ihr um. Die Mutter ihrer Schulfreundin stand mitten im Zimmer, die Hände unterm Kinn verschränkt; ihre zarten Züge wirkten ungewöhnlich streng. »Deshalb möchte ich gern, dass dein Mann nachforscht. Er

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