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Irgendwann passiert alles von allein

Irgendwann passiert alles von allein

Titel: Irgendwann passiert alles von allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Mattheis
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ich mich nach ihr umdrehte, sah ich, dass auch sie uns hinterherschaute. Als ich weiterging, waren Leo und die anderen bereits gute 15   Meter von mir entfernt. Ich lief, um sie einzuholen. Ich rannte an Leo vorbei und schloss zu Sam auf. Er sah auf den Boden. Ich fragte ihn, ob alles in Ordnung sei. Doch Sam antwortete nicht. Er ging sogar noch schneller, als hätte er mich überhaupt nicht gehört. Wir bogen ein auf die Hauptstraße, wo der Autolärm irgendwie beruhigend war, weil das normale Geräusche waren und nicht mehr diese komische Stille in dem Garten und dem Haus. Die Sonne schien und etwas weiter weg konnte ich die gelben Wände des Supermarkts erkennen, auf den sich unsere Karawane zubewegte. Bei jedem Schritt spürte ich das Papier in meinen Hosentaschen.
    »Stopp mal«, sagte Leo, als der Weg zum Bahnhof abzweigte.
    |117| Wir gingen auf den Parkplatz des Supermarkts zu, einen asphaltierten Platz, so groß wie ein halbes Fußballfeld. Rund um das Teerfeld herum waren kleine Büsche gepflanzt worden. Sie waren nur etwa kniehoch, aber Sam hatte immer noch kein einziges Mal seinen Kopf gehoben und sein Cap noch tiefer als sonst ins Gesicht gezogen. Die Sträucher raschelten, als Sam hineintrat. Im letzten Moment gelang es ihm, seine linke Hand aus der Hosentasche zu ziehen, um sich abzufangen. Trotzdem fiel er hin und lag nun der Länge nach auf dem Asphalt. Sein Cap war ihm vom Kopf gefallen. Er fluchte. Leo lachte und Schenz ging zu ihm, um ihm aufzuhelfen.
    »Ist alles okay?«
    Sam griff als Erstes nach seinem Cap, setzte es auf und rückte es ein wenig zurecht. Dann befühlte er seine Taschen und schien zufrieden, als er etwas Dickes darin spürte. Seine kleinen dunklen Augen blickten Schenz an, als hätte der ihn gerade aus einem Nickerchen gerissen.
    »Also«, setzte Leo wieder an. Er baute sich vor uns auf, als wollte er eine Rede halten. Das sah zwar lächerlich aus, funktionierte aber: Alle drei warteten wir darauf, dass er jetzt etwas sagen würde. Ein paar Meter hinter ihm schepperte ein Einkaufswagen über den Asphalt zu einem roten Kombi.
    »Was kommt denn jetzt?«, fragte Schenz.
    Leo blickte kurz genervt in Schenz’ Richtung, ließ sich aber nicht von seinem Vorhaben abbringen. Der Einkaufswagen schepperte wieder.
    |118| »Ich muss mich von euch verabschieden.«
    »Was?«, fragte ich.
    »Ich werde jetzt für einige Zeit verschwinden. Ich kann euch nichts Genaueres sagen. Das wäre zu gefährlich. Aber es war wirklich eine geile Zeit, wirklich. Wir hatten viel Spaß. Schenz, tut mir leid wegen vorhin. Sam, auch sorry. Ich habe einen Plan. Für jeden Mensch gibt es einen vorgezeichneten Weg, den er gehen muss. Ich habe meinen Weg gefunden und den muss ich gehen. Ich komme eben aus dem Getto und im Getto gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder du bist ein Gangster oder ein Loser. Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ihr versteht das sicher. Ihr müsst das verstehen. Vielleicht werden wir uns wiedersehen, vielleicht auch nicht. Je nachdem. Ach was, natürlich werden wir uns wiedersehen. Und dann, dann   … Na ja, ich will nicht zu viel verraten. Aber es wird richtig krass werden. Richtig krass. Kein Kinderkram mehr und so. Ich kann nur jetzt noch nicht darüber sprechen. Das wäre wirklich unvorsichtig und irgendwie nicht so professionell.«
    Er ging einen Schritt auf uns zu, nannte wieder jeden von uns beim Namen und gab ihm die Hand. Wir sagten nichts, weil wir alle drei echt verwirrt waren von dieser Ansprache.
    Kurz bevor er sich umdrehte, um zu gehen, sagte Leo zu mir: »Ach ja, du solltest wirklich Erich von Däniken lesen.«
    Dann setzte er seine großen Kopfhörer auf, pfiff und stapfte wie ein Vagabund davon in Richtung S-Bahn .
    |119| »Der spinnt«, sagte Schenz. »Was soll dieser Getto-Scheiß?«
    »G- G-Getto -Scheiß-Gangster«, wiederholte Sam. Immerhin, Sam sprach wieder.
    »Gestern hat er die ganze Zeit etwas von Zafko und dick ins Geschäft einsteigen gefaselt«, sagte ich.
    Schenz schob die Ray-Ban-Sonnenbrille in sein schwarzes Haar. Sein Auge sah beschissen aus.
    »Jetzt dreht er voll durch, der Mongo«, sagte er.
    Ich schlug vor, jetzt endlich in den Supermarkt zu gehen, weil ich Alkohol oder irgendwas wollte.
    »Ich hätte Bock, was zu klauen«, sagte ich.
    »Du Idiot«, meinte Schenz. »Wir müssen nichts mehr klauen. Wir müssen nie wieder irgendwas klauen. Ab jetzt kaufen wir nur noch. Wir kaufen jetzt alles! Alk, Klamotten, Gummibärchen, Playstation-Spiele,

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