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Irgendwann passiert alles von allein

Irgendwann passiert alles von allein

Titel: Irgendwann passiert alles von allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Mattheis
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fasste ihn am Oberarm. Sanft, aber bestimmt. In diesem Moment raste sein Oberkörper herum, als hätte ich ihn bei einer wichtigen Aufgabe gestört. Sein Kopf hob sich ruckartig, doch er sah durch mich hindurch.
    »Sam!«, sagte ich.
    Langsam, ganz langsam begannen seine Augen mich zu fixieren. Etwas schien ihm zu dämmern, als habe ihn jemand aus einer anderen, weit entfernten Welt gerufen.
    »Sam, was machst du? Was sollen diese Kerzen und die Rollläden?«
    Er flüsterte etwas, es klang wie »wschschssst«, ich fragte »Was?«, und er murmelte wieder sein »wschschssst«, ich sagte »Sam« und schrie beinahe, und er sagte etwas, von dem ich glaubte, dass es klang wie »Lass mich in Ruhe«. Er kehrte mir den Rücken zu, ich sah Dreck und Wachsflecken auf seiner Jacke, ich wollte ihn aufhalten, aber ich spürte, dass dies keinen Sinn haben würde. Er war irgendwie gar nicht hier. Sam stellte weiter Kerzen auf und sprach mit den Wesen aus seiner eigenen, furchtbaren Welt. Ich lief die Treppen hinunter, durch das Wohnzimmer auf die Terrasse ins Freie, an die Luft, an die Sonne. Schenz und Leo saßen |181| noch immer auf ihrem Platz und rauchten Zigaretten. Ich setzte mich zwischen die beiden, nahm mir ein Bier aus dem Kasten und begann, mit dem Gras aus dem Beutel einen Joint zu drehen.
    »Warum habt ihr ihm die Mikros gegeben?«, fragte ich.
    »Gegeben ist gut.«
    Schenz prustete schon wieder los.
    »Er hat die Dinger gesehen und sich drei davon in den Mund gestopft. Ich habe ihm noch gesagt: Sam, nicht mehr als eine. Aber er wollte das unbedingt. Wir konnten ihn echt nicht davon abhalten. Er war ganz verrückt darauf.«
    »Ich glaube, er dreht ab. Er ist nicht mehr ansprechbar.«
    »Lass ihn mal ein bisschen ausspinnen. Er kommt schon wieder runter.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann soll er Milch trinken. Oder Vitamin C essen. Davon kommt man wieder runter. Der Zafko hat mir das gesagt, der kennt sich damit aus.«
    Ich drehte mich nach links und sah Schenz an. Er kicherte noch immer vor sich hin. Er benahm sich wie ein Mongo. Er war ein Mongo, er war wirklich nichts für Sina. Jemand, der seit einer halben Stunde mit einer 300   Mark teuren Sonnenbrille vor sich hin kicherte, war einfach nur ein Vollmongo.
    So saßen wir eine oder zwei Stunden: Schenz kicherte, Leo schmunzelte, ich verachtete Schenz und die Sonne tauchte langsam in das Maisfeld hinein.
    |182| Dann quietschte das gusseiserne Tor und sie kam herein. Sie trug ein schwarzes, knappes Sommerkleid, dasselbe, das sie getragen hatte, als wir uns kurz in der Unterführung gesehen hatten. Bei ihr war ihre Freundin Sylvie. Sie gingen die Terrasse hinauf, sahen Leos Sammelsurium an Drogen und schüttelten den Kopf. Hinter ihnen wurde die Sonne rot.
    »Was soll denn das alles?«, fragte Sina und deutete auf den Tisch. Sie sah weder mich noch Schenz an. Der hatte nun immerhin zu kichern aufgehört.
    »Das hat sich eben so ergeben«, sagte Leo, ohne auch nur im Geringsten seine Plantagenbesitzerhaltung zu verändern.
    »Aha.«
    Sylvie zog aus ihrer Handtasche eine Flasche Martini heraus. Die beiden holten sich zwei Gläser aus der verdreckten Küche und setzten sich abseits von uns in eine Hollywoodschaukel. Ich beobachtete sie. Sie tuschelten ein bisschen, kicherten, lachten und warfen sich immer wieder die Haare hinter die Schultern. Vielleicht, dachte ich mir, wenn ich nichts gekifft hätte, könnte ich zu ihnen hinübergehen, etwas sagen, das sie zum Lachen bringt, und mich dann zu ihnen in die Schaukel setzen. Aber das könnte schiefgehen. Es würde ziemlich sicher schiefgehen, weil sich meine Zunge nämlich schon wieder schwer wie ein Stück Blei anfühlte und ich nuscheln würde, und selbst wenn mir etwas Sinnvolles – oder noch besser – etwas Witziges einfiele, würden sie es nicht verstehen, sie müssten nachfragen und ich müsste die Pointe wiederholen und dann wäre einfach |183| die Luft raus   … Außerdem würde Schenz uns sehen. Ich war im Recht – als ob der, der mehr liebt, auch immer das Recht auf seiner Seite hätte, als ob es alles entschuldigen würde. Meine Gedanken verknoteten sich.
     
    Gegen Mitternacht tummelten sich etwa 20   Leute im Garten. Carina war auch gekommen, Fabian hatte sie eingeladen. Sie nickte mir kurz zu, als sie mich sah, und ich nickte zurück. Ich glaubte, es wäre besser, nicht mit ihr zu sprechen. Jim, der Punk, war gerade dabei, ein Feuer auf dem Komposthaufen zu entzünden. Er hatte in der Garage Spiritus

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