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Irgendwas geht immer (German Edition)

Irgendwas geht immer (German Edition)

Titel: Irgendwas geht immer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn French
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eingepackt hatte, drei Tuben Haarentfernungscreme, Parfum, Schmerztabletten, Zahnpasta und Ersatzstrümpfe. Mehr würde ich nicht brauchen, hatte ich gedacht. Weil die Liebe schließlich jede Lücke füllt, oder nicht? Jeder Mangel, ob groß oder klein, ob wichtig oder trivial, verblasst und wird bedeutungslos, weil mir meine neue Liebe alle Kraft geben wird. Sie wird mich umhüllen wie ein schützender Umhang, an dem jede Unzulänglichkeit und jeder Zweifel abprallen wird. Die Romantik wird mein Schutzschild gegen die Wirklichkeit sein.
    Ja, so wird es sein … aber in diesem Augenblick saß ich in einem … offen gestanden eher schäbigen kleinen roten Hotelzimmer. Allein. Er kam zu spät. Damit hatte ich nicht gerechnet. Schließlich bin ich doch diejenige, die ein hektisches Familienleben zu organisieren hat. Und es hinter sich lassen muss. Er ist Single, ein alleinstehender Mann ohne jegliche Verpflichtungen. Deshalb sollte er als Erster hier sein. Ich verspürte die verräterischen Anzeichen der Enttäuschung in mir aufkeimen. Auf einmal war ich diejenige, die ihm nachlief, und das gefiel mir nicht. Ich wollte nicht, dass dieser denkwürdige Abend in irgendeiner Weise an Glanz verlor … und seine Verspätung ärgerte mich.
    Ich sah mich um. Das Zimmer wirkte noch immer freudlos und erschien mir mit jeder verstreichenden Minute schäbiger und gewöhnlicher. Ohne das schmeichelnde Kerzenlicht sah ich, dass das Mobiliar billig war, dass Ecken und Kanten abgestoßen und notdürftig wieder hergerichtet worden waren. Ich sah hässliche Flecken auf den Kissen, bei deren Anblick sich Bilder vor mein geistiges Auge schoben, die ich lieber nicht sehen wollte. Ich bemerkte, wie abgenutzt die Teppiche waren, die Handabdrücke auf den Tapeten. All das, in Verbindung mit der unerwarteten Zeit, die mir zum Nachdenken blieb, führte mir vor Augen, was ein Hotelzimmer in Wahrheit ist – ein gemieteter Raum für zahllose Menschen, die darin ihre verschiedenartigsten Bedürfnisse befriedigen. Mit einem Mal war das Zimmer weit von dem Zauber entfernt, den es noch vor wenigen Tagen auf mich ausgeübt hatte. Mit einem Mal war es hässlich, eine enttäuschende, erbärmliche Wahl für einen Ort der Verführung. Allein die Vorstellung, wie viele Menschen es schon benutzt hatten, raubte ihm jede Schönheit für mich. Die Kluft zwischen meiner Erinnerung, so voller Verheißung und Phantasie, und der Schäbigkeit, mit der es sich mir nun präsentierte, wurde mit jeder Sekunde größer. Die Makel wurden offensichtlicher, doch wenn ich innehielte, um darüber nachzudenken, wäre es das Ende. Und ich wollte nicht, dass es zu Ende war. Es hatte doch gerade erst angefangen. Ich hatte gerade erst meinen Widerstand aufgegeben und durfte nicht zulassen, dass mich in diesem entscheidenden Moment Zweifel überkamen.
    Außerdem befanden sich in meiner Handtasche auf dem Tisch die Broschüren für die Landhäuser, die mir der junge Lügner in diesem Immobilienbüro vor ein paar Wochen in die Hand gedrückt hatte. Vielleicht warfen wir ja einen Blick darauf, mein Liebhaber und ich, und träumten ein wenig? Oder, was noch viel besser wäre, wir schmiedeten Pläne? Wie auch immer – mir war klar gewesen, dass ich ein Signal setzen würde, wenn ich sie mitbrachte: Ich verlasse meine Familie. Ich werde nicht länger diese Ehefrau, diese Mutter sein. Sondern die, die ich gern sein möchte, deren Gesicht sich in deinen Augen widerspiegelt, Noel, mein wunderschöner, atemberaubender, hinreißender Geliebter. Aber um mein schmeichelhafter Spiegel zu sein, mein Herz, musst du … endlich … auftauchen !
    Ich wartete über eine Stunde und durchlebte die gesamte Bandbreite an Emotionen – von gespannter Erregung bis Verzweiflung, mit kurzen Zwischenstopps bei den Zweifeln und der Demütigung. Wo war er? Die Angst legte sich wie eine kalte Faust um mein Herz. Hatte er einen Unfall gehabt oder war von einem psychotischen Patienten ermordet worden? Ich konnte nicht länger so tun, als wäre es mir egal. Ich rief ihn auf seinem Handy an, doch es läutete und läutete nur. Niemand ging ran. Fieberhaft fragte ich mich, was passiert sein könnte.
    War er in einem Wrack gefangen?
    Ins Koma gefallen?
    Hypnotisiert worden vielleicht?
    Verhaftet?
    Er war ein Top-Agent und zu einer wichtigen Mission berufen worden?
    Ja, über diese absurdeste Möglichkeit dachte ich längere Zeit nach. Vielleicht hatte Mr Tracy ihn ja mit dem Thunderbird 3 fahren lassen, oder

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