Irgendwas geht immer (German Edition)
leid, Dora. Du hast völlig recht. Ich war nicht hier, das weiß ich. Aber jetzt bin ich da, okay? Sag mir, was passiert ist. Was ist los?«
»Das geht dich verdammt noch mal nichts an. Es interessiert dich ja sowieso einen Scheißdreck. Gott sei Dank ist Dad hier. Ihm ist es wenigstens wichtig … obwohl ich auf ihn auch scheißsauer bin, verdammt noch mal!«
Ich rief meinen reizenden Ehemann an, der offenbar bei Mum war. Wieder mal. Er erzählte mir, was vorgefallen war und dass der Typ, mit dem Dora verabredet gewesen war, sich als ein völlig anderer herausgestellt hatte. Und dass er weit älter als achtzehn gewesen war.
»Oh Gott, die arme Dora. Wer war der Kerl?«
»Ich … habe ihn ehrlich gesagt nicht danach gefragt. Sondern habe … ihm nur … äh … klargemacht, dass er sich gefälligst verziehen soll. Und zwar so schnell wie möglich.«
»Oh Gott!« Ich wusste sofort, was er damit meinte, denn ich war mir all die Jahre bewusst gewesen, dass unter seiner ruhigen Fassade ein gewalttätiger Neandertaler schlummerte. Seine Mutter hatte es mir gesagt, gleich nachdem wir uns kennengelernt hatten. »Er hat das Temperament eines gereizten Dobermanns, nur dass er noch leichter zuschnappt.« In all den Jahren war ich nie Zeuge davon geworden, dass sich dieses Temperament Bahn brach, trotzdem bezweifelte ich seine Existenz keine Sekunde lang.
»Lebt er noch?«, fragte ich, wenn auch nur halb im Scherz.
»Ja … leider.«
»Und du? Alles in Ordnung?«
»Ja. Ich habe nur einen Riesenbluterguss an der Hand und einen Schnitt an der Lippe, den Pamela genäht hat. Ansonsten ist alles okay.«
Typisch Pamela. Seit ich denken kann, hat Mum nie zugelassen, dass wir mit Schnittwunden zum Arzt gehen, sondern hat ein Nähset aus ihrer Zeit als Krankenschwester zu Hause aufbewahrt, mit dem sie all unsere kleinen Schnitte verarztete. Sie sei besser als jeder Doc, behauptet sie, was auch stimmt.
»Tja … dann komm bald nach Hause, ja?«, sagte ich. Und ich meinte es auch genauso. Ich wollte, dass er hier war. Zu Hause … wo wir beide hingehören.
»Ja. Ich esse nur noch ein Stück …«
»Whiskey-Kuchen mit Trockenfrüchten?«, unterbrach ich.
»Genau. Köstlich wie immer. Selbst mit einer offenen Lippe.«
»Ich weiß. Aber bleib nicht zu lange. Dora ist ziemlich aufgelöst. Sollen wir die Polizei rufen, was meinst du?«
»Ich bin nicht ganz sicher. Wir reden später darüber.«
Ich legte auf und kehrte zu Dora zurück. Die sich von ihrer gewohnt unversöhnlichen Seite zeigte.
Ich holte tief Luft. »Ich weiß, dass du sauer auf mich bist, Miss Dora, aber ich möchte dir eines in meiner Funktion als Mutter sagen: Wenn du dich noch ein einziges Mal heimlich mit jemandem verabredest, den du nicht kennst, bringe ich dich um. Und zwar so lange bis du tot bist, verstanden? So was von scheißtot ! Weil ich dich nämlich echt liebe und so und du mich so scheißgeärgert hast. Ich meine, dir hätte was passieren können und so. Oder du hättest scheißtot sein können und so. Und wenn das passiert wäre, hätte ich dich scheißumgebracht, du blöde Kuh!«
Sie konnte sich nicht beherrschen. Sondern brach in Gelächter aus. Auch wenn sie sich nach Kräften bemühte, es nicht zu tun. Dann kamen wieder die Tränen, und sie stürzte sich in meine Arme und schluchzte und jammerte, wie schrecklich ihr Leben sei, geschlagene anderthalb Stunden lang, bis mein reizender Ehemann nach Hause kam. Dora lag in meinen Armen und heulte. Es fühlte sich an, als wäre ich endgültig nach Hause zurückgekehrt. Mitten hinein in das Chaos, das ich so sehr liebe.
Später … danach … lag ich im Bett neben meinem reizenden Ehemann und flüsterte ihm ins Ohr: »Danke, dass du hier bist. Und dass du dort warst.«
SIEBENUNDSIEBZIG
OSCAR
Nicht jeder kann von sich behaupten, einen Helden zum Vater zu haben, ich hingegen im Moment sehr wohl. Natürlich wehrt der tapfere Vater jede Lobhudelei in seiner bewährten Bescheidenheit ab. Man muss schon von besonders edlem Charakter sein, um sich nicht von derlei Gesängen einwickeln zu lassen, ganz besonders, wenn sie aus den Mündern der eigenen törichten Tochter und des selbstsüchtigen Eheweibs stammen, das sich nur selten herablässt, das ehrenhafte Handeln zu bemerken. Berichten zufolge – nun, seinem Bericht, auch wenn er ihn nur höchst widerstrebend abgab – gelang es ihm mehr als erfolgreich, sich für Dussel-Doras Sicherheit einzusetzen.
Weshalb dieses hirnlose Geschöpf
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