Irgendwie Anders (German Edition)
Tims Stimme, flehentlich ruft er meinen Namen. Soll er doch, bis er schwarz wird. Ist mir doch sowas von egal. Ich bin nicht sein Hanswurst.
Wir verschwinden in der Toilette, die ist näher dran. Ich blicke mich nicht um, aber ich weiß auch so, Tim folgt nicht. Kurz erhasche ich einen Blick auf ihn durch die Tür, als ich die Kabinentür schließe und Sonnyboy an die Wand presse.
Tim steht verloren im Türrahmen zu den Toiletten. Sein Gesicht ist eine entsetzte Maske. Tränen rinnen seine Wange hinab. Der heult wirklich. Wieder einmal. Soll er doch. Bin ich sein Babysitter? Heul dich doch bei deinem großen Freund aus.
Ich werfe die Tür absichtlich hart zu und Sonnyboy macht sich bereits an meiner Hose zu schaffen. Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf seine Hände, Zunge und die Lippen. Er ist gut. Dennoch kann er mir das Bild nicht wegblasen: ein tränenüberströmtes, verletztes Gesicht.
Als ich raus komme, ist Tim weg. Zum Glück auch sein Freund. Ich gehe zur Bar und versuche meinen Frust zu ertränken. Sonnyboy, den ich in der Toilette nach dem Job einfach wortlos von mir geschoben habe, ist mir gefolgt und drängt sich nun an mich.
„Kannst mich auch ficken, hart und fest“, flüstert er. Ich sage ja, der steht auf Dominanz. Ich bin bewusst verletzend. Einer muss jetzt herhalten für meine Wut und Enttäuschung: „Ich ficke doch nicht mit jedem. Bin was Besseres als dich gewöhnt.“ Ja, einen süßen kleinen Typ, der leider schon vergeben ist. Verflucht sollst du sein, Tim!
Sonnyboy schnauft kurz und trollt sich beleidigt davon.
Gut so. Ich brauche jetzt Schmerzmittel. In flüssiger Form und davon reichlich. So langsam wird das zur Gewohnheit. Egal. Ist doch alles so etwas von egal.
Ich starre nur auf den Tresen. Ob mich der Barkeeper schon so genau kennt? Auf jeden Fall steht da immer wieder ein neues volles Glas, wenn ich eins hinunter gespült habe. Eins folgt dem anderen, fast wie ein Reflex. Ich schaue nur auf das nächste Glas. Hand ausfahren, umschließen, anheben an den Mund und runter damit. Absetzen, schlucken, den scharfen, brennenden Geschmack abwarten. Kurz Augen schließen.
Bild ist immer noch da. Verdammt! Prozedur wiederholen.
Doch plötzlich greift meine Hand ins Leere. Ich brauche drei vergebliche Versuche, bis ich erkenne, das eine andere Hand das Glas weggezogen hat. Wie hypnotisiert folge ich der Hand, die das Glas zur Seite zieht, anhebt, an den fremden Mund führt und hinunterkippt. Der andere Mann setzt es ab, schluckt und schaut mich an.
Irgendwie braucht mein Verstand etwas, bis er erkennt, dass es Markus ist, der da neben mir steht und mein Glas gerade geleert hat. Der Alkohol verlangsamt meine Reflexe, denn meine Faust ballt sich nur in Zeitlupe und der Befehl den Arm zu krümmen, auszuholen und ihm ins Gesicht zu schlagen, erfolgt ebenfalls verlangsamt.
„Ich muss da mal was klarstellen“, sagt Markus, bevor der Vorgang abgeschlossen ist, und schluckt hart. Sein Gesicht ist angespannt. Der Hass ist jedoch aus seinen Augen gewichen. Ebenso jede Bedrohung.
Mein Arm erschlafft, dafür verspritzen meine Augen tödliches Gift. Ich will ihn tot sehen, sich in Krämpfen windend.
„Du kannst ihn haben“, krächze ich hervor. Meine Stimme ist fremd, rau, schrill, die Worte kommen langsam, wie mein ganzes Denken. „Mir liegt nichts an dem Kleinen. Nimm ihn ruhig. Ich kann hier jeden anderen haben.“
Markus betrachtet mich, sein Ausdruck ist eher abwartend.
„Mir liegt nichts an ihm“, flüstere ich hinterher und dieser verdammte Kloß ist wieder da. Am liebsten würde ich Markus anbrüllen, ihn schlagen, ihn treten, ihn kastrieren. Oh ja! Prima Idee.
„Das sah aber eben ganz anders aus“, meint er gelassen und mustert mich eindringlich. „Oh Mann! Dein Gesicht hättest du sehen sollen. Hättest mich am liebsten umgebracht, als er mich geküsst hat.“
Ich will dich immer noch umbringen. Wiege dich nicht in Sicherheit.
„Hau einfach ab! Vergiss es. Nimm ihn ruhig. Wenn er es so will“, presse ich wütend hervor. Ich bin angetrunken, innerlich erstarrt, eiskalt und der Alkohol rinnt viel zu langsam durch meine Blutbahnen, um rationales Denken zuzulassen. Ich wende den Blick ab und versuche meine Stimme an diesem blöden Kloß im Hals vorbei zu pressen.
„Nimm ihn“, sage ich und klinge verdammt hoffnungslos. „Aber eins sage ich dir: Er ist echt das genialste im Bett, was mir je untergekommen ist und du bist ein Idiot, wenn
Weitere Kostenlose Bücher