Irgendwie Top
Dialog auskam. Im Wesentlichen begleitete er das gefragte Model und den Pornostar Alex durch den Alltag von Shootings und Filmaufnahmen. Es zeigte Alex bei profanen Handlungen, wie er morgens aufstand, sich duschte und rasierte, sich sorgfältig ankleidete und alleine frühstückte. Die Kamera blieb dabei oft genug an Details, zeigte seine langen, schlanken Finger, wie sie das Messer hielten, wenn er einen Toast mit Butter bestrich, erfasste das Spiel des Adamapfels, folgte dem Bürstenstrich durch sein, längeres, braunschwarzes Haar und fokussierte immer wieder auf seine braunen Augen.
Markus saß mit offener Hose da, die Hand zwar an seinem schlaffen Glied, doch seine Augen folgten dem Film. Längst hatte er vergessen, warum er sich eigentlich den vermeintlichen Porno hatte ansehen wollen. Dies war kein Film, um sich dabei einen runterzuholen. Dieser Film zeigte zu viel von dem entrückten Model Alex, um ihn als pure Wichsvorlage zu benutzen.
Natürlich zeigte er auch viel nackte Haut, jede von Alex' Schokoladenseiten und blieb dem Zuschauer auch nicht jene Szenen schuldig, die Alex bei seiner Arbeit als Pornodarsteller zeigten. Nur waren es keine Bilder, die Markus erregen konnten. Sie waren ästhetisch, zeigten einen nahezu perfekten, wunderschönen Mann mit überwiegend ernstem, ab und an lächelndem, mal spöttisch, arrogantem Ausdruck. Sie fingen die Bewunderung, die Ehrfurcht ein, die ihm von allen Seiten entgegen gebracht wurde. Sehnsucht, Begehren, Einschmeichelei und Neid waren in den diversen Aufnahmen der Menschen rund um Alex, den Star, zu erkennen und die Kamera schaffte es erstaunlich gut, all diese Empfindungen einzufangen.
Vor allem aber schaffte sie eines: Alex wirkte extrem verloren in dem ganzen Trubel um ihn, in seiner entrückten Perfektion und dem fast schon abartigen Sexappeal. Markus schluckte hart und sein Herz zog sich zusammen. Alex wirkte einsam auf ihn, abgeschnitten von den anderen, fröhlichen, sorglosen und oberflächlichen Menschen um ihn herum.
All diese Menschen wollten etwas von ihm. Ihn als Objekt, zum Angeben, als Star ihres Produkts. Doch am Ende folgte ihm die Kamera zurück in seinen Loft, das dunkel und nur sehr spärlich mit kaltem Licht beleuchtet war. Sie zeigte Alex, wie er sich entkleidete, fuhr noch einmal nahezu genießerisch an seinem nackten Traumkörper auf und ab und zentrierte sich dann auf seine Augen, als er sich auf das große Bett legte. Die Augen reflektierten einen winzigen Teil des bläulichen Lichtes und dieses kleine Funkeln blieb im Fokus, auch als die Kamera langsam in die Dunkelheit zurückwich und Alex alleine auf dem Bett zurückließ. In dem kalten, blauweißen Licht streckte er eine Hand aus und strich in einer unendlich langsamen, unsagbar traurigen, zärtlichen Geste über die leere Seite neben sich. Wieder und wieder, während die Kamera immer weiter zurückwich und man ihn schließlich nur noch erahnen konnte.
Alleine. Einsam.
In Markus' Kehle steckte ein harter Kloß, und selbst nachdem der Abspann des Films, ohne eine befreiende Musikuntermalung, weiße Schrift auf schwarzem Untergrund, abgelaufen war, vermochte er ihn nicht hinabzuschlucken. Minutenlang starrte er auf den Bildschirm und hatte diese Geste vor Augen, die Hand, die das Bettlaken streichelte.
Es ist nur ein Film. Ein dummer, im Grunde nichtssagender Film, versuchte er sich einzureden, nachdem er es endlich geschafft hatte, den DVD-Player auszuschalten, sich die halbe Flasche Bier in vielen kleinen, hastigen Schlucken zu genehmigen und beschämt und eilig die Hose hochzuziehen. Das war nicht wirklich Alex, nur jemand, den er spielte. Eine weitere Rolle. Aber verdammt überzeugend. Einsam, isoliert und alleine, trotz des Ruhmes, trotz der vielen Menschen um ihn.
Markus' Hand verselbstständigte sich und zog das Handy aus der Hosentasche. Er starrte auf das Display und suchte wie in Trance Alex' Nummer heraus. Er ist in Sydney, 16000 km von dir entfernt. Wahrscheinlich ist er in seinem Hotelzimmer und packt gerade seine Sachen aus. Vielleicht sitzt er irgendwo an der Hotelbar und genehmigt sich noch einen Cocktail. Oder er liegt, müde von dem langen Flug, im Bett. Vielleicht alleine, vielleicht auch nicht.
Es half nichts, Markus' Finger drückten die Tasten, ohne dass er sie aufhalten konnte. Da waren Alex' Augen in seinem Kopf und der unausgesprochene Wunsch in ihnen, die tiefe Sehnsucht. Das leise Klicken schien Ewigkeiten zu dauern, dann
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