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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Glister«, sagte der Mann und nickte höflich. »Ich habe das Medikament, das ist wahr, aber der Preis ist zweitausend Guineas, und Mr und Mrs Langdon haben nur eintausend Guineas und keine Möglichkeit, sich den Rest zu leihen.«
    »Nun«, sagte ich zu dem Arzt, »ich denke, es wäre eine freundliche Geste, den Preis zu senken, meinen Sie nicht auch?«
    »Ich wünschte, das könnte ich«, erwiderte Dr. Glister. »Aber die Entwicklung dieses Heilmittels hat mich alles gekostet, was ich je besessen habe. Es hat meine Gesundheit ruiniert und meinen Ruf geschädigt. Wenn ich meine Verluste nicht wettmachen kann, bin ich am Ende, ich verliere mein Haus, und meine sechs Kinder sind mittellos. Ich habe Mitgefühl mit Mrs Langdon, aber es handelt sich um eine finanzielle Notlage.«
    »Hören Sie«, sagte ich zu den Langdons, »ich kann daran nichts ändern. Die Medizin gehört Dr. Glister, und er kann sie verwenden, wie er möchte.«
    »Aber sie braucht die Medizin jetzt «, flehte Mr Langdon. »Wenn sie das Medikament nicht bekommt, stirbt sie. Sie sind Kapitän auf diesem Schiff und haben die Befehlsgewalt. Sie müssen die Entscheidung treffen.«
    Ich seufzte. Im Augenblick gab es wesentlich wichtigere Dinge, mit denen ich mich befassen musste.
    »Dr. Glister, geben Sie ihm das Heilmittel für tausend Guineas. Mr Langdon, Sie werden arbeiten, um Dr. Glister unter allen Umständen den vollen Preis zu bezahlen. Verstanden?«
    »Aber meine Existenzgrundlage!«, jammerte Glister.
    »Ich stelle Mrs Langdons sicheren Tod über die Möglichkeit Ihrer Verarmung, Dr. Glister.«
    »Aber das ist nichts anderes als Diebstahl!«, erwiderte er empört. »Und dabei habe ich nichts Unrechtes getan, sondern ein Heilmittel für eine tödliche Krankheit entdeckt. Ich habe eine bessere Behandlung verdient!«
    »In diesem Punkt haben Sie recht. Aber ich weiß nichts über Sie oder die Langdons. Meine Entscheidung beruht einzig und allein auf der Tatsache, dass ein Leben gerettet wird. Bitte entschuldigen Sie mich jetzt.«
    Baldwin hatte aus dem Ruderhaus nach mir gerufen, und schnell sprang ich hinauf.
    »Was gibt es?«
    Er zeigte nach steuerbord, wo ungefähr eine Meile vom Bug entfernt etwas zu sehen war. Ich griff nach einem Fernglas und richtete es auf das entfernte Geschehen. Endlich ein gutes Zeichen! Es sah aus wie ein WirrWort, die Bezeichnung für eine kleine begrenzte Störung in der Struktur der geschriebenen Worte. Auf diese Weise begann schweres Wetter in der BuchWelt: Ein WirrWort würde bald in einen mächtigen WortSturm übergehen, der ganze Wörter entwurzeln, Ideen und sogar Personen mit sich reißen konnte, um sie dann durch die leere Dunkelheit des Nichts zu tragen und schließlich mehrere Gattungen weit weg in fernen Büchern fallenzulassen. Das war mein Ausweg. Ich hatte mich noch nie von einem WortSturm mitnehmen lassen, aber wenn ich an den Zauberer von Oz dachte, schien es nicht allzu schwer zu sein – Dorothy hatte jedenfalls keine großen Probleme mit dem Wirbelsturm gehabt.
    »Kursänderung nach dreißig Grad steuerbord«, sagte ich. »Wir werden den WortSturm abfangen. Wie lange brauchen wir bis dort, Baldwin?«
    »Zwanzig Minuten, Capt’n.«
    Das konnte knapp werden. WirrWorte beschleunigen ihre Geschwindigkeit, bis kleine Handlungsfragmente und alles, was sie sonst noch ansaugen können, eine kreisende Röhre bilden, die erst himmelwärts steigt und dann mit einem Schauer aus entstelltem Sinn abhebt und verschwindet.
    Eine solche Chance würde ich nicht wieder bekommen.
    »Ist das vernünftig, Captain?«, fragte der Erste Offizier Fitzwilliam, der zu uns auf die Brücke gekommen war. »Ich habe solche Stürme schon erlebt. Sie können ernsthaften Schaden anrichten, und wir haben vierzig Seelen an Bord, viele von ihnen Frauen und Kinder.«
    »Sie können mich vor dem Sturm in einem Rettungsboot hinunterlassen.«
    »Und wir bleiben ohne Rettungsboot zurück?«
    »Ja – nein – ich weiß nicht. Fitzwilliam?«
    »Ja, Captain?«
    »Was ist das für ein Schauplatz hier?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen, Captain.«
    »Ich meine–«
    »Capt’n«, sagte Baldwin und zeigte nach backbord. »Is’ das nich’ ‘n Rettungsboot?«
    Ich sah in die Richtung, in die er zeigte. Es war ein Rettungsboot, in dem mehrere Leute saßen, die alle in sich zusammengesackt und möglicherweise bewusstlos oder tot waren. Verdammt. Ich sah noch einmal hin und hoffte festzustellen, dass sie bereits tot waren, fand aber keine

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