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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Männerjacke zum Vorschein. Nie war ich glücklicher gewesen, ein dermaßen geschmackloses Kleidungsstück zu sehen. Schnell durchwühlte ich die Taschen und fand eine Jo-Jo-Schnur, eine uralte Tüte Gummibärchen, einen Dominostein, einen Schraubenzieher, eine Erfindung für das perfekte hartgekochte Ei und in einer Gefriertüte aus Plastik ... eine Papierserviette. Eine einfache Gleichung stand darauf. Ich drückte das Mädchen an mich, und mein Hochgefühl wurde durch den Vergrößerungseffekt der Lyrik vervierfacht. Ich seufzte erleichtert. Gefunden! Ohne einen Augenblick zu verlieren, riss ich das Rezept in kleine Stücke und aß sie auf.
    »Daff wabb’s«, sagte ich mit vollem Mund zu Colin. »Nicks ffie ffeg.«
    »Ich fürchte, das wird nicht so einfach, Ms Next.«
    Ich sah auf und wusste sofort, was er meinte. Am Strand, auf den Dünen und selbst im Wasser standen dichtgedrängt Hunderte und Aberhunderte identischer schwarz gekleideter Mrs Danvers, die mich hasserfüllt anfunkelten. Eben erst hatten wir fünf von ihnen getötet, und ich nahm an, dass sie das nicht gerade glücklich machte. Allerdings waren sie immer ziemlich mies drauf, so dass ihre bösen Blicke jetzt vielleicht gar nichts damit zu tun hatten.
    Instinktiv griff ich nach dem Kolben meiner Pistole, aber das war so sinnlos wie der Einsatz eines Pusterohrs gegen einen T-54 Kampfpanzer.
    »Na gut«, sagte ich zu dem DanverKlon, der mir am nächsten stand, und schluckte das letzte Stückchen Papier mit dem Rezept hinunter, »bringen Sie mich am besten zu Ihrem Befehlshaber.«

35.
    Die Bienen, die Bienen
    Die DanverKlone hatten sich seit ihrer versehentlichen Entstehung aus der originalen Mrs Danvers in Rebecca beträchtlich weiterentwickelt. Ursprünglich waren sie einfach unheimliche, etwa fünfzigjährige Haushälterinnen mit einer grundfalschen Einstellung gewesen, jetzt aber erhielten sie zusätzliches Waffentraining. Ein Standard-DanverKlon war eine furchtlose, aber normalerweise ziemlich banale Drohne, die gerne in den Tod ging, um einen Befehl zu befolgen. Vor kurzer Zeit jedoch war eine Elitetruppe von DanverKlonen entstanden, die nicht nur über Waffen verfügte, sondern auch über brauchbare Kenntnisse der BuchWelt. Selbst ich hätte es mir zweimal überlegt, bevor ich diese Horde angriff. Wir bezeichneten sie als unser Spezialeinsatzkommando.
    Die DanverKlone schlugen lautlos zu. Mit tentakelgleichen Bewegungen ihrer knochigen Glieder ergriffen vier von ihnen verblüffend schnell meine Arme, während eine weitere meine Schultertasche an sich nahm und eine sechste meine Pistole aus dem Holster zog. Eine siebte, offenbar die Zugführerin, sprach kurz in ein mobiles Fußnotofon:
    »Ziel Nummer eins lokalisiert und in Gewahrsam.« Dann klappte sie das Mobilnotofon zu und gab den anderen Mrs Danvers eine Reihe von Signalen mit der Hand, woraufhin diese damit begannen, geordnet aus dem Gedicht zu springen, beginnend mit denen ganz hinten. Ich sah zu Colin hinüber, der auch festgehalten wurde. Ein DanverKlon hatte die Taxilizenz aus seiner Brieftasche gezogen, hielt sie ihm vor die Nase, zerriss sie in zwei Teile und warf diese in die Luft. Er warf mir einen Blick zu und wirkte sehr verärgert, aber nicht über mich – eher über die DanverKlone und die Umstände. Ich überlegte gerade, wohin sie mich bringen würden, als in der Luft ein leichtes Quietschen hörbar wurde. Und direkt vor mir stand die Person, die vor kurzem bei mir auf der Beliebtheitsskala ganz nach unten gerutscht war. Sie war in all ihre schwarze Lederpracht gehüllt, die beiden Automatiks saßen auf der Hüfte, und ein langer schwarzer Mantel streifte den Strand und die Steine. Ihr Grinsen war anzüglich, als sie mich erblickte, und ich erwog, ihr in die Augen zu spucken, entschied mich aber dagegen – sie war zu weit entfernt, und wenn ich danebentraf, würde ich nur noch hilfloser wirken.
    »Wen haben wir denn da?«, sagte Thursday1–4. »Die große Thursday Next, wie sie im Buche steht.«
    »Mann!«, erwiderte ich. »Schwarz scheint heute die Farbe der Wahl zu sein.«
    Sie ignorierte mich und fuhr fort. »Weißt du, es macht wirklich Spaß, du zu sein. Senator Jobsworth hat mir alle Rechte eingeräumt, die normalerweise dir zustehen – du in der BuchWelt, du im GattungsRat, du in dem sehnlichst erwarteten Thursday Next ist zurück – dieses Mal ganz intim , das endlich grünes Licht bekommen hat. Und du im Außenland. Das ist der Teil, der mir am besten gefällt.

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