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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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das eine Uhr stoppen konnte. Nicht dass er hässlich gewesen wäre; nein, mit diesem Ausdruck bezeichnet die ChronoGarde Personen, die in der Lage sind, den reißenden Zeitstrom sozusagen in ein zäh dahintröpfelndes Rinnsal zu verwandeln. Dad hatte als Colonel in der ChronoGarde gedient und seine Arbeit stets geheimgehalten. So geheim, dass wir von seinem Abgang erst erfuhren, als seine Chrono-Kollegen eines Morgens mit einem unbefristeten, allzeit gültigen Haft- & Eliminationsbefehl in unsere Behausung einfielen und wissen wollten, wo und wann er war. Seither ist mein Vater auf der Flucht; bei seinen späteren Besuchen teilte er uns lediglich mit, dass er den gesamten ChronoDienst für »moralisch und historisch korrupt« halte und einen Kampf als Ein-Mann-Guerilla gegen die Bürokraten im Minizerium für Steit... schabilität... Zeit... steitlich... zabil –
    »Wollen wir mal eine kleine Pause machen?«, sagte ich, bevor sich Thursday5 einen komplizierten Zungenbruch zuzog.
    »Tut mir leid«, sagte sie mit einem Seufzer. »Ich glaube, mein Biorhythmus ist aus dem Takt.«
    »Erinnerst du dich an das, was wir gesagt haben?«, fragte ich sie und zog eine Augenbraue in die Höhe.
    »... oder vielleicht ist das nur schwer auszusprechen. Es heißt so: Ministerium ... für ... Zeit... stabilität . Ich hab’s!« Sie lächelte stolz, aber dann zeigte sich ein Anflug von Selbstzweifel auf ihrem Gesicht. »Aber davon abgesehen, mache ich es doch gut, oder?«
    »Sehr gut.«
    Wir standen im Eingangskapitel des Falls Jane Eyre oder zumindest in dem überholten ersten Kapitel. Das Ausradieren von Thursday der Bösen hatte in der TextZentrale für Aufruhr gesorgt, besonders als Alice-PON-24330 verkündete, sie sei zwar bereit einzuspringen, um die Reihe erst einmal am Laufen zu halten, wolle die Rolle jedoch nicht auf Dauer übernehmen – mit all dem Sex, den Waffen, dem Fluchen und so weiter. Als sogar die Rede davon war, die Reihe zu verschrotten, hatte ich einen Geistesblitz. Mit der Auslöschung des Großen Samuel-Pepys-Fiaskos war Thursday5 jetzt ohne Buch und brauchte einen Platz zum Wohnen. Wie wäre es, wenn sie die Rolle übernahm? Klar, dazu waren ein paar Änderungen nötig, ziemlich viele sogar, aber das machte mir nichts aus. Im Gegenteil. Ich beantragte jede Menge Interner HandlungsAnpassungen, und Senator Jobsworth, der nach dem Blödsinn mit dem Reality-Book etwas gutzumachen hatte und seinen Job behalten wollte, kam meinen Wünschen bereitwillig nach – vorausgesetzt ich versuchte wenigstens, den Publikumsgeschmack zu treffen.
    »Können wir weitermachen?«, fragte Gerry, der Erste Assistenz-Imaginator. »Wenn wir bis zur Mittagspause nicht ans Ende dieses Kapitels kommen, geraten wir für die Szene morgen in Gad’s Hill in Verzug.«
    Ich ließ sie arbeiten und wanderte zur Rückseite von Stanfords Café in London, das getreulich nach meiner Erinnerung rekonstruiert worden war. Dort sollte der neue Fall Jane Eyre beginnen und nicht in einem ausgebrannten Haus, das Landen gehörte und in dem ich genau genommen erst zwei Jahre später wohnen würde. Ich sah zu, wie die Imaginatoren, die Figuren und Techniker die Geschichte in Storycode-Text übertrugen, der von den Maschinen in der TextZentrale geladen und schließlich die bestehende Thursday-Next-Reihe ersetzen würde. Vielleicht, grübelte ich, wurde das Leben langsam wieder normal.
     
    Es war einen Monat her, dass wir das Pepys-Fiasko ausradiert hatten, und trotz ihrer wilden Drohungen mussten die Scharfen Romane zugeben, dass die Entwicklung einer schmutzigen Bombe noch in den Kinderschuhen steckte, so dass die Religiösen und die Feministinnen aufatmeten und ihren alten Streit über den Virilozentrismus in der Religion wieder aufnahmen.
    Zur gleichen Zeit begann die allmähliche Verlängerung des Jetzt Wirkung zu zeigen: Das Read-o-Meter ging beharrlich klickend nach oben, als die Leseraten wieder zu steigen begannen. Zum Glück nahm im Außenland der Reality-TV-Fimmel ab – Wer kriegt die Spenderniere? hatte so wenige Zuschauer, dass der Sender in der zweiten Woche aus lauter Verzweiflung damit drohte, in einer Livesendung einen jungen Hund zu erschießen, wenn nicht eine Million Zuschauer anriefen. Sie bekamen zwei Millionen Beschwerden und mussten aufgeben. Vor einer Woche waren Bowden und ich bei Booktastic! und stellten fest, dass es inzwischen zwei ganze Abteilungen mit Büchern gab. Wie mir die Filialleiterin erklärte, war »eine plötzliche

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