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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Seufzer aus und setzten ihre Helme ab, um sich die Stirn abzuwischen. Hinter der rechten Tür hörte man das enttäuschte Fauchen des Tigers.
    »Herzlichen Glückwunsch«, murmelte Sparkle. »Sie haben ... richtig gewählt.«
    Ich nickte Thursday5 zu, und wir gingen gemeinsam die Treppe hinunter. Hinter uns hörten wir Sparkle und die beiden Wächter darüber streiten, worin der Super-Preis bestehen sollte, den ich mir verdient hatte.
    »Woher wussten Sie bloß, welcher Wächter der Lügner war?«, fragte Thursday5 voller Respekt.
    »Das wusste ich gar nicht«, sagte ich. »Und ich weiß es jetzt immer noch nicht. Aber meine Frage hätte mir in jedem Fall gezeigt, welches die falsche Tür war. Ich hätte immer die andere nehmen müssen.«
    »Ach!«, sagte sie staunend und nachdem sie eine Weile nachgedacht hatte, wechselte sie lieber das Thema. »Was haben die überhaupt gemacht?«, fragte sie.
    »Sparkle und seine Kumpane sind das, was wir Anekdotiker nennen. Denksportaufgaben, Rätsel, Witze und Anekdoten sind Gattungen aus der mündlichen Überlieferung, die nicht groß genug sind, um einzeln zu überleben. Sie sind situationsbedingt und müssen flexibel sein. Wir schicken sie also mehr oder weniger wahllos als Wanderarbeiter durch sämtliche Werke der BuchWelt.«
    »Verstehe«, sagte Thursday5. »Im großen Fiasko hatten wir eine Weile den Witz mit dem Fußball spielenden Tausendfüßler als Gast. Ohne dass uns die Leser gesehen hätten, natürlich. Er war ein ziemlich lästiger Bursche. Dauernd sind wir über seine Stiefel gestolpert.«
    Als wir unten angekommen waren, blieben wir stehen. Der Raum war ungefähr so groß wie eine Doppelgarage. Er bestand aus genieteten Messingplatten, auf denen sich leuchtender Grünspan gebildet hatte. Die Wände schienen leicht gebogen zu sein, so dass man den Eindruck hatte, man stünde in einem riesigen Fass. Unsere Stimmen hallten wie in einer Kirche. In der Mitte des Raumes stand ein hüfthoher Sockel aus Bronze, der etwa so groß wie ein Ankerspill war. Daraus wuchsen zwei elegante Elektroden hervor, die an ihren Enden etwa zwanzig Zentimeter voneinander entfernt und mit Kohlenstoffkugeln von der Größe von Tischtennisbällen gekrönt waren. Zwischen den beiden Polen stand ein blauer, träge knisternder Lichtbogen.
    »Was ist das?«, fragte Thursdays voller Andacht.
    »Das ist das Herz dieses Buches, der Funke, die Grundidee, die den Roman zusammenhält.«
    Wir sahen eine Weile zu, während die Energie als träge Welle von einem Pol zum anderen floss. Ab und zu zischte und krachte der Energiestrom, als ob ihn etwas gestört hätte.
    »Er reagiert auf den Streit der Grillen in der Werkstatt«, erläuterte ich. »Wenn das Buch gelesen würde, würdest du die Blitze fliegen sehen. Ich war mal in der KernKammer von Anna Karenina, als sie richtig in Schwung war: fünfzigtausend Lesungen gleichzeitig. Es war wie ein Feuerwerk: Dutzende von ineinander verschlungenen Blitzen in den verschiedensten Farben, die sich durch den ganzen Raum schlängelten. Der Zweck eines Buches besteht darin, gelesen zu werden. Der Lichtbogen zeigt die Dynamik bei diesem Vorgang.«
    »Sie sprechen darüber, als ob er lebendig wäre.«
    »Manchmal glaube ich das sogar«, sagte ich und starrte den Lichtbogen an. »Eine Geschichte wird geboren, entwickelt und vervielfältigt sich, und irgendwann stirbt sie. Früher bin ich oft in die KernKammern literarischer Werke gegangen. Aber heutzutage habe ich kaum noch die Zeit.«
    Ich zeigte auf ein Rohr, das aus dem Sockel ragte und dann im Boden verschwand. »Das ist die Leitung, durch die der Inhalt des Buches zu den Übertragungsmaschinen in der TextZentrale befördert wird. Von dort aus wird er dann direkt zum Leser geschickt.«
    »Und funktionieren alle Bücher auf diese Weise?«
    »Ich wünschte, es wäre so. Die Bücher, die nicht an die TextZentrale angeschlossen sind, haben ihre eigenen Übertragungsmaschinen an Bord. Das gilt auch, solange die Bücher sich noch im Brunnen der Manuskripte befinden, und bei Büchern, die im Selbstverlag veröffentlicht werden, ist es genauso.«
    Thursdays sah sehr nachdenklich aus.
    »Es kommt also ganz auf die Leser an, was?«
    »Jetzt hast du’s begriffen«, sagte ich. »Der Leser ist alles .«
    Wir standen einen Augenblick schweigend da.
    »Hast du dir eigentlich schon mal überlegt, was für eine Verantwortung man als JurisfiktionAgent hat?«, fragte ich schließlich.
    »Ich? Äh ... nein, ich habe gerade überlegt,

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