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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Spankörben und vier Männer in schwarzen Anzügen und dunklen Sonnenbrillen, die leicht bedrohlich aussahen. Die Aufmachung war natürlich nur Schau – in der Volksrepublik Wales waren Scorcese-Filme die große Mode. Ich versuchte herauszukriegen, ob einer von ihnen eine Knarre unter der Schulter trug, aber das schien nicht der Fall zu sein. In der wirklichen Welt hatte ich bloß einmal eine Schusswaffe bei mir gehabt, seit die LitAgs aufgelöst worden waren, und ich hoffte sehr, dass es nicht noch einmal nötig sein würde. Käseschmuggel war immer noch ein höfliches Gewerbe. Falls es hässlich werden sollte, würde ich nicht mehr mitmachen.
    »Owen Pryce the Cheese«, sagte ich herzlich und begrüßte den Anführer der Gruppe mit einem festen Händedruck und einem Lächeln. »Schön, Sie wiederzusehen. Ihre kleine Reise über die Grenze war angenehm, hoffe ich?«
    »Es wird immer schwieriger«, sagte er im Singsang des südlichen Wales. Er stammte wahrscheinlich aus Abertawe. »Überall stehen Zöllner herum, und die Schmiergelder für den Käse werden auch immer höher. Das macht die Ware nicht billiger.«
    »Solange die Preise nicht überhöht sind«, sagte ich lächelnd. »Meine Kunden lieben Käse, Pryce, aber es gibt natürlich Grenzen dessen, was sie zahlen.«
    Wir logen beide, aber das gehörte nun einmal zum Spiel. Meine Klienten waren bereit, praktisch jeden Preis für guten Käse zu zahlen, und er brauchte wahrscheinlich kaum jemand zu bestechen. Die Grenze zur Volksrepublik Wales war hundertsiebzig Meilen lang und hatte mehr Löcher als ein zu schnell gereifter Emmentaler. In ganz England gab es nicht so viele Zöllner, um die Grenze wirklich lückenlos überwachen zu können. Außerdem gab es natürlich auf allen Ebenen Sympathisanten, die selbst gern mal ein Stückchen Käse naschten.
    Pryce nickte seinen Landsleuten zu, und sie klappten die Körbe auf. Es war alles da – jede leckere Käsesorte, die man sich vorstellen konnte, von reinem Weiß bis zu tiefrotem Bernstein. Bröckelig, hart, weich, flüssig und gasförmig. Das üppige Aroma von reifem Käse erfüllte die Luft, und ich spürte, wie meine Zunge im Mund zappelte. Das war erstklassiger Stoff, das Beste, was auf dem Markt war.
    »Riecht gut, Pryce.«
    Er sagte gar nichts, sondern zeigte auf einen großen Klumpen weißen Käse. »Bester Carphilly«, sagte er. »Wir können Ihnen –«
    Ich hob die Hand, um ihn zu stoppen. »Das milde Zeug ist was für die Halbstarken, Pryce. Wir suchen Level 3.8 oder stärker.«
    Er zuckte die Achseln, legte den Carphilly zurück in den Korb und hob einen kleinen, cremefarbenen Käse auf. »Fünffacher Llanboidy«, verkündete er. »Reifestufe 5.2. Der spielt auf Ihren Geschmacksknospen wie auf einer Harfe.«
    »Davon nehmen wir die übliche Menge, Pryce«, murmelte ich. »Aber meine Kunden hätten gern noch etwas Stärkeres. Was haben Sie sonst noch?«
    Auch diese Scharade spielten wir jedes Mal. Meine Spezialität war der volatile Käsemarkt, und wenn ich »volatil« sage, meine ich nicht die Preise, sondern den Käse.
    Pryce nickte bedächtig und nach einigem Zögern zeigte er mir einen goldgelben Käse, der von roten Adern durchzogen war.
    »Vierfachstarker Dolgellau Venenstopfer«, verkündete er. »Reifestufe 9.5. Kommt aus den Kellern von Blaenafon. Achtzehn Jahre ist er alt und bestimmt nichts für Ängstliche. Schmeckt sehr gut mit Kräckern, lockt gelegentlich aber auch Skunks an.«
    Ich nahm eine sehr mutige Messerspitze voll auf die Zunge. Der Geschmack war fantastisch: Ich sah die kambrischen Berge mit ihren Kalksteinfelsen im Regen, niedrige Wolken zogen über den Himmel, Geröllhalden dehnten sich vor meinem Blick und –
    »Alles in Ordnung?«, fragte Millon, als ich die Augen aufschlug; »Sie waren gerade eine Minute lang ohnmächtig.«
    »Ein Kick wie ein Muli, nicht wahr?«, sagte Pryce freundlich. »Trinken Sie einen Schluck Wasser.«
    »Danke. Davon nehmen wir alles, was Sie dabeihaben. Was haben Sie noch mitgebracht?«
    »Mynachlog-ddu Old Contemptible«, sagte Pryce und zeigte mir ein Glas mit einem weißen Krümelkäse. »Den muss man in einem fest verschlossenen Glasgefäß aufbewahren, weil er Pappe oder Stahl in kurzer Zeit wegfrisst. Man darf das Glas nicht zu lange aufmachen, sonst heulen die Hunde.«
    »Wir nehmen dreißig Kilo. Was ist denn mit dem?« Ich zeigte auf einen unschuldig aussehenden, elfenbeinfarbenen Weichkäse.
    Pryce nickte anerkennend. »Instabiler

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