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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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genauso gut die Feedbacks oder Weißes Rauschen nennen. Ist doch sowie bloß ein ununterbrochener Lärm.«
    »Das liegt nur daran, dass wir alt und klapprig geworden sind«, sagte ich und legte ihm zärtlich die Hand auf den Arm. »Unsere Musik hat sich für unsere Eltern bestimmt genauso öd angehört.«
    Aber Landen war mit seinen Gedanken woanders. Er arbeitete innerlich an einem Exposé für einen Hunde-Ratgeber mit dem Titel: Ja, du kannst die Tür alleine aufmachen! und war daher praktisch taub gegenüber den Äußerungen seiner Umgebung.
    »Landen, ich schlafe jetzt mit dem Milchmann.«
    Ohne aufzusehen sagte er: »Das ist nett, Liebling.«
    Tuesday und ich fingen laut an zu lachen, woraufhin ich sie strafend ansah und sagte: »Tuesday, was weißt du in deinem Alter denn über den Milchmann?!«
    »Aber Mum«, sagte sie freundlich. »Ich hab einen Intelligenzquotienten von zweihundertachtzig und weiß praktisch über alles weit mehr als du.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Okay, dann sag mir, wozu der musculus ischiocavemosus gut ist.«
    »Na schön, du weißt wohl wirklich mehr als ich. Wo bleibt eigentlich Jenny? Sie kommt jeden Tag zu spät zum Frühstück!«
     
    Ich nahm die Straßenbahn zum alten SpecOps-Hauptquartier, um ein paar Nachforschungen anzustellen. Unterwegs hielt ich Ausschau nach Felix8, aber jedes Mal, wenn ich ihn zu sehen glaubte, war es nur ein harmloser Spaziergänger. Ich hatte immer noch keine Ahnung, wie er aus seiner Zelle im Keller von Acme Carpets entkommen war, aber ich wusste, dass die Hades-Familie einige dämonische Fähigkeiten besaß und dass sie ihre Leute nicht im Stich ließ, solange sie ihnen noch nützlich sein konnten. Wenn er immer noch in Diensten der Hades-Familie stand, musste ich mich darum kümmern. Das einzige Mitglied der Hades-Familie, mit dem ich ohne weiteres reden konnte, war Aornis, denn die war immer noch im Gefängnis.
    Ich stieg am Rathaus aus und ging dann zum SpecOps-Gebäude hinunter. Gemessen an früheren Zeiten, als es hier wie in einem Taubenschlag zuging, war das Haus schrecklich leer. Ich erhielt einen Besucherausweis vom Pförtner und ging durch die verlassenen Korridore zum Büro der ChronoGarde. Das war nicht der Vortragssaal, wo wir gestern gewesen waren, sondern ein weitaus kleinerer Raum im zweiten Stock. Ich war schon ein paar Mal dagewesen und wusste daher, was ich zu erwarten hatte: Ständig veränderte sich vor meinen Augen das Mobiliar, und die Chrono-Gardisten sprangen wild rein und raus. Ihre Geschwindigkeit ließ sie freilich nur als flüchtige Schatten und Streifen erscheinen. Das einzige Möbelstück, das stillstand in diesem Wirbel, war ein kleiner Tisch mit einem altmodischen Telefon. Als ich näher trat und die Hand danach ausstreckte, begann es zu klingeln. Ich nahm den Hörer ab und hielt ihn ans Ohr.
    »Mrs Parke-Laine-Next?«, sagte eine Stimme.
    »Ja?«
    »Er kommt sofort runter.«
    Und einen Augenblick später war er tatsächlich da. Der Raum veränderte sich plötzlich nicht mehr, sondern erstarrte in einem Dekor, das vage zeitgenössisch zu sein schien. Am Tisch saß eine Gestalt, die mich anlächelte, als sie meiner gewahr wurde. Aber es war nicht Scintilla oder mein Vater – es war Friday. Nicht der Mittzwanziger-Friday, der zu meiner Hochzeitsparty erschienen war, und auch nicht der alte Friday, den ich im Samuel-Pepys-Fiasko kennengelernt hatte, sondern ein junger Friday – der fast genauso aussah wie der Teenager, der schnarchend zu Hause im Bett lag.
    »Hallo, Mum!«
    »Hallo, Schnuckiputz«, sagte ich zutiefst verwirrt und erleichtert. Das war der Friday, den ich eigentlich haben sollte – ordentlich frisiert, präsentabel, selbstbewusst und mit einem ansteckenden Lächeln, das mich an Landen erinnerte. Wahrscheinlich badete er sogar öfter als alle zwei Wochen.
    »Wie alt bist du denn?«, fragte ich und schob ihm die Hand unters Kinn, um zu überprüfen, ob er nicht womöglich ein Geist war wie Mycroft. Nein, er war vollkommen real. Mit warmer Haut, die nach wie vor nur einmal die Woche rasiert werden musste.
    »Ich bin sechzehn, Mum, genauso alt wie der faule Sack zu Hause im Bett. In einem Kontext, den du dir vielleicht vorstellen kannst, bin ich ein potenzieller Friday. Ich habe mit dreizehn bei den Time Scouts angefangen und bin mit fünfzehn zum ersten Mal auf der Zeitwelle geritten, der Jüngste, der das je geschafft hat. Der Friday, den du kennst, ist der Gegenwärtige Friday. Das ältere Ich, das eines

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