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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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reden. Einer der alten Killer der Familie Hades ist auf dem Kriegspfad – oder war es zumindest.«
    »Sekunde!« Und schon war er verschwunden.
    »So«, sagte der andere Friday und kam zurück aus dem Korridor. »Tut mir leid. Die Unterlagen über Verschleifungen werden im zwölften Jahrtausend aufbewahrt, und bei einem Zehntausend-Jahre-Sprung auf die Sekunde pünktlich zu sein, fällt mir immer noch schwer.«
    Er schlug den Aktenordner auf und blätterte darin. »Sie hängt jetzt wegen illegaler GedächtnisVerzerrung seit zehn Jahren in einer Geschlossenen Zeitschleife«, sagte er. »Wir mussten den Prozess ins 37. Jahrhundert verlegen, wo GedächtnisVerzerrung endlich zur Straftat erklärt wurde, aber dafür ist sie auch zu dreißig Jahren verknackt worden. Die etwas fragwürdige Verlegung der Hauptverhandlung in eine andere Zeitzone wäre eigentlich ein guter Grund gewesen, in die Berufung zu gehen, aber sie hat darauf verzichtet.«
    »Vielleicht hat sie es vergessen.«
    »Wäre denkbar. Gehen wir?«
    Wir verließen das SpecOps-Gebäude und gingen zum Brunei Shoppingcenter.
    »Hast du meinen Vater kürzlich gesehen?«, fragte ich. Ich selbst hatte ihn schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen, jedenfalls nicht mehr seit dem letzten potenziell lebensauslöschenden Weltuntergang.
    »Ich sehe ihn von Zeit zu Zeit vorbeiflitzen«, erwiderte Friday. »Aber er bleibt doch immer ein Rätsel. Manchmal heißt es, wir sollen ihn jagen und ausschalten, dann wieder ist er unser Chef. Manchmal führt er sogar die Jagd auf sich selbst an. Ich muss dir sagen: Ich gehöre zwar zur ChronoGarde, aber ich blicke auch nicht durch. Ah, wir sind da!«
    Ich blickte auf und runzelte die Stirn. »Da« schien keine besondere Bedeutung zu haben – wir standen vor ZS-Maxx, dem Discount-Kleiderladen.

18.
    Aornis Hades
    »In die Schleife hängen« war ein salopper Ausdruck für Auf-bewahrung in einer Geschlossenen Zeitschleife (AGZ). Diese Strafe wurde nur gegen Verbrecher verhängt, bei denen eine Resozialisierung oder auch nur Reue sehr unwahrscheinlich erschienen. Sie wurde von der ChronoGarde durchgeführt und war schrecklich einfach: Der Verurteilte wurde für fünf, zehn oder zwanzig Jahre in eine acht Minuten lange Zeitschleife gesperrt. Der Gefangene alterte, brauchte aber keinerlei Nahrung. Es war grausam und unnatürlich, aber sehr billig. Man brauchte keine Gitterstäbe, kein Wachpersonal und keine Küche.
    Wir betraten den ZS-Maxx und bahnten uns einen Weg durch die fleißigen Schnäppchenjäger, bis wir die Geschäftsführerin fanden, eine gut gekleidete, freundliche Frau, die in der Schule bei mir in der Klasse gewesen war. Leider hatte ich ihren Namen vergessen, und deshalb nickten wir uns immer nur höflich zu und nicht mehr. Friday zeigte ihr seinen Ausweis. Sie lächelte und führte uns zu einer Tastatur an der Wand. Dort gab sie eine lange Nummernfolge ein, und dann tippte Friday eine noch viel längere Zahl ein. Das Licht veränderte sich zu grünblau, die Geschäftsführerin und sämtliche Kunden erstarrten, und ein leises Summen ersetzte das vergnügte Plappern der Ladenbesucher. Die Zeit kam zum Stillstand.
    Friday warf einen Blick in den Aktenordner, den er mit sich herumtrug, und sah sich dann suchend im Laden um. An der Decke tanzten Lichtreflexe, und die Beleuchtung war jetzt so ähnlich wie in einem Aquarium. Innerhalb der blaugrünen Dämmerung gab es allerdings auch Bereiche mit wärmerem Licht, in denen es Leben zu geben schien. Wir gingen an einigen dieser Sphären vorbei und ich stellte fest, dass sie neben dunklen Schatten auch helle Gestalten enthielten. Das mussten die Gefangenen sein.
    »Sie müsste in der Nähe von Kasse 6 sein«, sagte Friday, als wir an einer drei Meter großen, durchscheinenden gelben Sphäre vorbeikamen, die sich um einen Stuhl vor den Umkleidekabinen ausbreitete. »Das ist Oswold Danforth«, sagte Friday. »Er hat im Jahre 3419 Mahatma Winston Smith al Wazeed während seiner historischen Rede vor den Bürgern des Weltstaates ermordet. Er ist für 798 Jahre in eine Acht-Minuten-Schleife gehängt worden. Er wartet darauf, dass seine Freundin Trudi ein Korselett anprobiert.«
    »Weiß er, dass er sich in einer Schleife befindet?«
    »Natürlich.«
    Ich betrachtete Danforth einen Moment lang. Er starrte auf den Boden, ballte wütend die Fäuste und machte sie dann wieder auf.
    »Wie lange ist er da schon drin?«
    »Vierunddreißig Jahre. Wenn er uns sagt, wer seine Komplizen waren,

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