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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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verlängern wir seine Schleife auf fünfzehn Minuten.«
    »Hängt ihr die Leute immer in Einkaufszentren in Schleifen?«
    »Wir haben früher auch Zahnarzt-Wartezimmer, Bushaltestellen und Kinos benutzt, in denen Merchant-Ivory-Filme gezeigt wurden, aber als die Anzahl der Gefangenen zunahm, mussten wir eigene Anstalten bauen. ZS-Maxx – ZeitSchleifen mit maximaler Sicherheit. Was dachtest du denn, was ZS-Maxx heißt?«
    »Ein Laden, in dem man Marken-Klamotten zu vernünftigen Preisen kaufen kann?«
    Er lachte. »Genau! Demnächst erzählst du mir noch, IKEA würde bloß Möbel zum Selber-Zusammenbauen verkaufen.«
    »Stimmt das denn nicht?«
    »Natürlich nicht. Ah, da ist sie ja.«
    Wir waren am Check-out 6 angekommen, wo eine Sphäre mit einem Durchmesser von ungefähr sieben Metern die Kasse selbst und eine Reihe gelangweilter Kunden umfasste. Ganz am Ende der Schlange stand Aornis Hades, die jüngere Schwester von Acheron. Sie war ein Mnemonomorph – sie besaß die Fähigkeit, das Gedächtnis anderer zu kontrollieren. Ich hatte sie gründlich besiegt, zweimal in der realen Welt und einmal in meinem Kopf. Sie war schlank, dunkelhaarig und attraktiv. Ihre Kleidung entsprach der neuesten Mode – von vor sieben Jahren, als sie in die Schleife gehängt worden war. Natürlich war sie wegen der unberechenbaren Schlangenlinien, in denen die Haute Couture sich bewegte, in dieser Zeit schon mehrfach wieder in Mode gekommen. Aber das wusste sie nicht. Für sie war die Zeit immer dieselbe geblieben.
    »Weißt du, dass sie Zufälle steuern kann?«
    »Jetzt nicht mehr«, erwiderte Friday mit einer Härte, die ich bei einem so jungen Menschen ziemlich beunruhigend fand.
    »Wer sind denn die anderen?«, fragte ich und zeigte auf die Frauen, die außer der Gefangenen in der Schlange standen.
    »Das sind normale Kunden, die zum Zeitpunkt ihrer Verschleifung gerade an der Kasse gestanden haben. Aber nur Miss Hades hängt in der achtminütigen Zeitschleife fest. Sie wartet darauf, ihre Einkäufe bezahlen zu können, aber so weit kommt es natürlich nie. Wenn es stimmt, was man über ihre Shopping-Wut sagt, dann scheint mir diese Strafe recht angemessen.«
    »Kann ich ihr irgendwas anbieten?«
    Friday warf einen Blick in den gelben Ordner. »Du kannst ihre Schleife um bis zu zwanzig Minuten verlängern.«
    »Und wie kann ich mit ihr reden?«
    »Du brauchst bloß in die Sphäre zu treten.«
    Ich holte tief Luft und betrat die gelb leuchtende Kugel. Schlagartig war die Realität wieder da, und ich schien im wirklichen Leben zu sein. Draußen regnete es. Aornis, die das monotone Gebrabbel der Schatten-Kunden längst auswendig kannte, bemerkte mich augenblicklich.
    »Ach, herrje«, sagte sie höhnisch. »Ist schon Besuchstag?«
    »Hallo, Aornis«, sagte ich mit einem Lächeln. »Erinnerst du dich an mich?«
    »Sehr witzig. Was wollen Sie, Next?«
    Ich hielt ihr einen kleinen Koffer mit Kosmetika hin, den ich gerade von einem Regal genommen hatte. Sie nahm ihn nicht an.
    »Ich brauche eine Information.«
    »Und was krieg ich dafür?«
    »Ich kann Ihre Schleife auf zehn Minuten verlängern. Viel ist es nicht, aber immerhin etwas.«
    Sie starrte mir ins Gesicht, dann sah sie sich um. Sie wusste, dass außerhalb der Sphäre Leute sein konnten, die zu uns hereinschauten, aber sie wusste nicht, wer und wie viele. Sie besaß die Fähigkeit, das Gedächtnis anderer Menschen zu löschen, aber Gedanken lesen konnte sie nicht. Wäre sie dazu in der Lage gewesen, hätte sie gewusst, wie sehr ich sie hasste. Andererseits wusste sie das vielleicht ohnehin.
    »Die Nächste, bitte!«, rief die Kassiererin, und Aornis legte zwei Kleider und ein Paar Schuhe auf die Theke.
    »Wie geht’s der Familie, Thursday? Landen, Friday und den beiden Mädchen?«
    »Ich brauche Informationen, Aornis.«
    Sie holte tief Luft, als die Zeitschleife wieder zum Anfang ihrer acht Minuten zurücksprang und sie an den Schluss der Schlange zurückwarf. Sie ballte die Fäuste so heftig, dass ihre Fingerknöchel schneeweiß wurden. Das hatte sie jetzt seit Jahren getan, ohne Pause. Das Einzige, was schlimmer als eine Schleife war, war eine Schleife mit einem schmerzhaften Trauma, wie zum Beispiel einem gebrochenen Bein. Aber bisher hatte sich noch kein Richter gefunden, der so sadistisch gewesen wäre, ein solches Urteil zu fällen.
    Aornis beruhigte sich, dann sah sie mich an und sagte: »Geben Sie mir zwanzig Minuten, und ich sage Ihnen, was Sie wissen wollen.«
    »Ich

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