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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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will wissen, was mit Felix8 los ist.«
    »Den Namen habe ich lange nicht mehr gehört«, sagte Aornis gleichmütig. »Warum interessieren Sie sich für diese ausgelutschte Hülle?«
    »Er ist gestern mit einer geladenen Waffe vor meinem Haus herumgelungert«, sagte ich, »und ich muss davon ausgehen, dass er mir Schaden zufügen wollte.«
    Aornis sah leicht verwirrt aus.
    »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Mit meinen eigenen Augen.«
    »Das verstehe ich nicht. Nach Acherons vorzeitigem Ende war Felix8 ziemlich verloren. Er kam zu uns ins Haus wie ein herrenloser Hund und fiel uns bald lästig.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Cocytus hat ihn eingeschläfert.«
    »Ach. Und wann war das?«
    »1986.«
    »Waren Sie Zeuge des Mordes? Oder haben Sie die Leiche gesehen?« Ich beobachtete sie scharf, um zu sehen, ob sie log oder nicht.
    »Nein. Er hat nur gesagt, dass er ihn erledigt hätte. Sie hätten Cocytus selbst fragen können, aber Sie mussten ihn ja unbedingt umbringen, nicht wahr?«
    »Er war böse. Er hatte es sich selbst zuzuschreiben.«
    »Ich hab’s nicht so ernst gemeint«, sagte Aornis. »Das ist so der Humor in meiner Familie.«
    »Das hilft mir nicht sehr«, murmelte ich.
    »Das liegt nicht an mir«, sagte Aornis. »Sie wollten die Information, und ich hab Sie Ihnen gegeben.«
    »Wenn ich herauskriege, dass du gelogen hast«, sagte ich, »dann komme ich zurück und nehme die zwölf Minuten wieder zurück, die ich dir gegeben habe!«
    »Wenn Sie Felix8 selbst gesehen haben, können Sie ja gar nichts anderes denken«, sagte sie. Ihr logisches Denken war gut entwickelt.
    »Ach, es sind schon ganz andere Sachen passiert.«
    Ich verließ die Schleifen-Sphäre und befand mich wieder in der blaugrünen Dämmerung des ZS-Maxx, wo die Zeit und die Kunden erstarrt waren wie Eiszapfen. Friday war an meiner Seite.
    »Glaubst du, dass sie die Wahrheit sagt?«, fragte er.
    »Wenn ja, dann ist die Geschichte völlig absurd, und das spricht sehr für sie. Wenn sie mir erzählt hätte, was ich hören wollte, wäre ich viel misstrauischer. Hat sie vielleicht noch irgendwas gesagt, was ich gleich wieder vergessen habe?«
    Mit ihrer Fähigkeit zur Gedächtnisverzerrung und -löschung war Aornis eine höchst gefährliche Gesprächspartnerin. Sie konnte einem alles Mögliche erzählen und im nächsten Augenblick dafür sorgen, dass man es wieder vergaß. Bei ihrem Prozess waren der Richter und die Geschworenen lediglich Schauspieler – der eigentliche Richter und die echten Geschworenen verfolgten die Verhandlung mit Hilfe von Videoaufnahmen. Die Schauspieler im Gerichtssaal haben bis heute keine Ahnung, warum dieses »reizende Mädchen« überhaupt auf der Anklagebank Platz nehmen musste.
    Friday und ich gingen noch einmal durch, was sie gesagt hatte, und stellten fest, dass sie tatsächlich etwas aus meinem Gedächtnis gelöscht hatte. Sie hatte gedroht, dass sie aus dem ZS-Maxx ausbrechen würde. Jemand »von außen« würde ihr da schon helfen.
    »Hast du eine Ahnung, wer das sein könnte?«, fragte ich. »Und warum sie das vor mir abgeschirmt hat?«
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich will sie dich bloß manipulieren. Wahrscheinlich hat dieser Satz einen Zeitzünder und fällt dir in ein paar Stunden überraschend ein, um dich fertig zu machen.«
    Ich nickte. Solche Tricks hatte Aornis schon früher benutzt.
    »Ich würde mir jedenfalls keine Sorgen machen«, sagte Friday. »Die Einschließung in eine Zeitschleife ist zu hundert Prozent vergangenheits-gegenwarts-und-zukunftssicher. Um rauszukommen, müsste sie die StandardEreignisLinie verbiegen.«
    Wir ließen Aornis in ihrer dreißigjährigen Warteschleife an der Kaufhauskasse zurück, und Friday ging zur Schnittstelle, um die Zeit wieder einzuschalten. Auch die Geschäftsführerin taute auf, als die Zeit wieder ansprang.
    »Haben Sie alles, was Sie brauchen?«, fragte sie höflich.
    »Das hoffe ich«, sagte ich und folgte Friday aus dem Laden.
    »Danke«, sagte ich zu ihm und gab ihm einen mütterlichen Kuss.
    »Mum«, sagte er.
    »Ja?«
    »Es gibt da etwas, worüber wir reden müssen, und ich möchte, dass du ernsthaft darüber nachdenkst, ehe du antwortest.«
    »Was ist denn?«
    »Es geht um Friday. Den anderen Friday. Wir haben nur noch dreieinhalb Tage bis zum Ende der Zeit. Sieht es so aus, als würde er der ChronoGarde noch beitreten?«
    »Möglich ist es.«
    »Mum – ganz im Ernst?«
    »Nein.«
    »Wir haben bald keine Optionen mehr. Mein älteres

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