Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
»überall in Oliver Twist taucht ein Charakter namens ›Masturbates‹ auf.«
    »Master Bates hieß immer schon so«, führte ich aus. »Wir mussten in der Schule immer schrecklich kichern, wenn der Name erwähnt wurde.«
    »Trotzdem«, erwiderte Colonel Barksdale unbeirrt. »Die beiden anderen Beispiele genügen vollkommen. Wir müssen die Angelegenheit außerordentlich ernst nehmen. Die DanverKlone sind bereit. Ich brauche nur Ihre Zustimmung –«
    »Man nennt es Bedeutungswandel.«
    Das war Thursday5. Einen so flagranten Bruch des Protokolls hatte es noch nie gegeben, und ich hätte sie persönlich rausgeworfen – nur dass sie den Finger auf die Wunde gelegt hatte.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Senator Jobsworth ironisch. »Ich muss die Sitzung verpasst haben, in der die andere Thursday in den SicherheitsRat gewählt wurde. JurisfiktionLehrlinge müssen ausgebildet werden, und deshalb übe ich dieses Mal Nachsicht. Aber ein weiteres Wort –!«
    Unbeeindruckt fügte Thursday5 hinzu: »Hat Senator Muffler Ihnen diese Beispiele zugeschickt?«
    Senator Jobsworth verlor keine Zeit, sondern rief über die Schulter einen der zahlreichen DanverKlone herbei, die ganz in der Nähe herumlungerten.
    »Sicherheitsdienst? Sehen Sie die Thursday mit der Blume im Haar? Sie muss zurück in ihr –«
    »Sie gehört zu mir«, sagte ich und sah Jobsworth fest an. Dieser funkelte gefährlich zurück. »Ich verbürge mich für sie. Ihre Meinung ist es wert, gehört zu werden.«
    Jobsworth und Barksdale verstummten, sahen sich an und fragten sich, ob es irgendeine Regel gab, auf die sie sich berufen konnten. Es gab keine. Und genau für solche Momente hatte die Große Panjandrum mir das Vetorecht gegeben – um nämlich die Prozeduren zu verlangsamen und den GattungsRat davon abzuhalten, sich blindlings in Aktionen zu stürzen.
    »Also was denn nun?«, sagte ich. »Hat Speedy Muffler Ihnen diese Beispiele zugeschickt?«
    »Nun, vielleicht nicht ... so direkt«, erwiderte Colonel Barksdale mit einem Achselzucke’n, »aber die Beweislage ist unmissverständlich und die Sache steht völlig, absolut außer Zweifel.«
    »Ich behaupte«, fügte Thursday5 hinzu, »dass es sich schlicht um Wörter handelt, deren Bedeutung sich mit der Zeit verschoben hat, und dass diese Bücher genauso geschrieben wurden, wie sie soeben für uns zitiert wurden. Das heißt, ›ejakulieren‹ wird im Sinne von ›ausrufen‹ benutzt und ›Erektion‹ im Sinne von ›Gebäude‹. Es handelt sich einfach um einen Bedeutungswandel.«
    »Das halte ich kaum für wahrscheinlich, meine Liebe«, sagte Jobsworth herablassend.
    »Ach nein?«, warf ich ein. »Wollen Sie mir sagen, dass Lydia aus Stolz und Vorurteil möglicherweise etwas ganz anderes im Sinn hat, wenn sie an Brighton denkt und die Offiziere als ›the young and the gay‹ bezeichnet?«
    »Also, nein, natürlich nicht«, erwiderte der Senator, dem meine und Thursday5s bedrohliche Blicke ungemütlich wurden. Die anderen Delegierten brachen in Gemurmel aus, und ich sagte:
    »Wörter verändern sich. Wer immer Ihnen diese Beispiele geschickt hat, verfolgt ganz eigene Ziele und ist mehr an der Konfrontation als an einem friedlichen Ausgang interessiert. Ich übe mein Vetorecht ein weiteres Mal aus und schlage vor, dass wir nach einer diplomatischen Lösung suchen, solange wir keine unwiderlegbaren Beweise haben, dass Muffler tatsächlich über seine angebliche Waffe verfügt.«
    »Das ist eine Fehleinschätzung«, knurrte Jobsworth mit kaum verhülltem Ärger, erhob sich von seinem Sitz und sammelte seine Papiere zusammen. »Sie befinden sich auf moralisch unsicherem Gelände, wenn Sie die Partei der Scharfen Romane ergreifen.«
    »Das Gelände ist moralisch noch unsicherer, wenn ich es nicht tue«, erwiderte ich. »Ich kann einen Krieg um ein paar missverständliche Wörter in den Klassikern nicht sanktionieren. Zeigen Sie mir eine krude und schlecht geschriebene Sexszene in Zum Leuchtturm und ich werde die Schlacht persönlich anführen.«
    Jobsworth starrte mich an und ich starrte böse zurück.
    »Bis dahin wird der Schaden nicht mehr abzuwenden sein. Wir wollen sie aufhalten, bevor sie überhaupt anfangen.«
    Er machte eine Pause und beruhigte sich.
    »Zwei Vetos an einem einzigen Tag«, fügte er hinzu. »Sie sind bestimmt zufrieden mit sich. Ich hoffe nur, Sie haben genauso viele schlaue Antworten parat, wenn Simone de Beauvoirs Das andere Geschlecht vor schmutzigen Anspielungen nur so

Weitere Kostenlose Bücher