Irische Küsse
hatte doch blaue Augen, oder?
Einerlei. Solange seine Gabe sie zum Lächeln brachte, würde das genügen. Ewan verzog das Gesicht. Er wollte seine Zeit eigentlich nicht damit vergeuden, über ein passendes Geschenk für seine Angebetete nachzudenken. Viel wichtiger war, für das morgige Turnier zu exerzieren, und er hatte keinen Zweifel daran, seine Konkurrenten zu besiegen.
Die einzigen Männer, die eine echte Herausforderung für ihn darstellten, waren seine Brüder. Als jüngster MacEgan war er durch eine harte Schule bei ihnen gegangen, sie hatten ihn mitleidlos gefordert, ihm nichts erspart, auch wenn er um Gnade gefleht hatte. Und deshalb hatte er Kräfte gewonnen und konnte sich mit allen anderen messen.
Die Brüder standen einander sehr nahe, und Ewan wusste, dass er sich jederzeit auf sie verlassen konnte.
Bevan würde ihm bei den Vorbereitungen auf das Turnier helfen, und im Moment brauchte Ewan die Zerstreuung eines Kampfes, um den Missgriff mit dem Kätzchen zu vergessen.
Er suchte im Donjon nach Bevan, ohne ihn zu finden. Draußen war der Regen stärker geworden und weichte den Boden zu schlammigem Morast auf, der das Üben an der Waffe unmöglich machte.
Fluchend stützte Ewan sich auf sein Schwert. Der Griff war nicht mit Edelsteinen geschmückt und längst nicht so fein gearbeitet wie der seines Bruders Patrick. Eine einfache, nützliche Waffe war alles, was er sich leisten konnte. Aber sie gehörte ihm.
Aus den Augenwinkeln bemerkte er eine Bewegung an der Tür zur Waffenkammer. Eine zierliche Gestalt huschte hinein, in der er augenblicklich Honora erkannte.
Seine Hand umfing den Schwertgriff, schloss sich um das kühle Metall, als wäre es ihr Hals. Es juckte ihn in den Fingern, sie zu würgen, weil sie ihn in Katherines Augen zum Narren gemacht hatte.
Und er war ein Narr, weil er Honoras Worten Glauben geschenkt hatte. Sie würde einiges von ihm zu hören bekommen. In drei langen Sätzen war er an der Tür und riss sie auf. Sie stand im Halbdunkel, ein Schwert in der Hand.
Ihr Schleier war vom Regen durchnässt, der safranfarbene Bliaut klebte feucht an ihrer schlanken Gestalt. Sie war größer als die meisten Frauen, ihr Kinn reichte ihm bis zur Schulter.
„Es hat sich nichts geändert, wie ich sehe.“ Er ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Ein paar Wandfackeln erhellten die dunkle Kammer schwach, der Regen trommelte gegen das Schindeldach. „Du bedienst dich noch immer heimlich der Waffen deines Vaters.“
„Was willst du, Ewan?“
„Eine Entschuldigung, wenn’s recht ist. Oder willst du es auf einen Kampf ankommen lassen?“ Er zog das Schwert aus der Scheide.
Honora hob die Waffe und ging in Kampfstellung, ohne die Augen von ihm abzuwenden. In Bliaut und weißem Schleier war sie mühelos als Frau zu erkennen, doch ihr Umgang mit der Waffe ließ keinen Zweifel an ihrem Kampfgeschick aufkommen.
„Erstaunlich, dass du das Schwert überhaupt halten kannst“, stellte er fest, während er sie lauernd umkreiste. „Es ist beinahe so schwer wie du.“
„Mach dich nur lustig über mich, MacEgan. Du weißt genau, dass ich seit ebenso langer Zeit wie du mit dem Schwert umgehe.“
„Tatsächlich?“ Er sprang mit einem Satz vor, und seine Klinge klirrte gegen die ihre. Es war ein Probehieb, um zu sehen, ob sie noch so schnell reagierte wie früher.
Honora riss sich den Schleier vom Kopf und schwang die Waffe gegen seinen Kopf. „Tatsächlich.“
Unter den schmalen Ärmeln zeichneten sich ihre Muskelwölbungen ab. Ihre Röcke behinderten ihre Beinarbeit, aber lange Ausfallschritte bewahrten sie davor, sich in den Stoffbahnen zu verheddern und zu stürzen.
Das dunkle Haar reichte ihr bis zu den Ohren. Es stand an den Enden ab, als habe sie es mit einem stumpfen Messer abgesäbelt. Mit angespanntem Gesicht presste sie ihre vollen Lippen aufeinander, in vollkommener Konzentration auf den Kampf. Ihre Augen leuchteten wie frisches Frühlingsgrün.
Sie griff immer wieder an, und er parierte ihre Hiebe mühelos. Von der Steifheit seiner Finger war nichts zu merken, die es ihm schwer machte, das Heft ganz zu umfangen. Die Narben auf seinen Handrücken waren die sichtbaren Zeichen seiner Schwäche, die er seit Jahren zu überwinden suchte.
„Du hast mich wegen deiner Schwester belogen.“ Er wechselte die Waffe in die andere Hand und schlug zurück, zwang sie in die Defensive. Das Klirren der Metallklingen hallte von den Mauern wider. „Sie kann Katzen nicht leiden, sie
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