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Irische Küsse

Irische Küsse

Titel: Irische Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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fädelte sie die Beinnadel ein und konzentrierte sich auf ihr Tun, um innerlich zur Ruhe zu kommen.
    Gottlob erschien Katherine bald darauf mit dem Kräutersud in einer Schüssel. Sie begann über dies und jenes zu plaudern, über das gute Wetter und wie hoch das Getreide schon stand, über das gelungene Festmahl und das aufregende Turnier. Honora riskierte einen Blick. Katherine war aschfahl im Gesicht, während sie Ewans Mundwinkel vorsichtig mit einem feuchten Lappen betupfte.
    Allerdings hob sie den Ärmel seiner Tunika nicht an, um die Schnittwunde zu untersuchen, auf die es eigentlich ankam. Ewan beantwortete Katherines Fragen artig und beflissen, wobei seine Stimme etwas gepresst klang, als habe er Schmerzen.
    Wieso schob er den Ärmel nicht zurück? Wieso ließ er seine Rippen nicht untersuchen? Honora hatte gesehen, dass er im Ringkampf grobe Stöße gegen den Brustkorb abbekommen hatte, möglicherweise war etwas gebrochen. Aber ihre Schwester schien blind dafür zu sein und kümmerte sich lediglich mit einem starren Lächeln um die harmlose Platzwunde am Mund.
    Als Honora erneut den Blick hob, beobachtete Ewan sie über Katherines Schultern hinweg. In seinen grünen Augen las sie eine stumme Bitte. Er brauchte Hilfe. Und Katherine plapperte in ihrer Aufregung immer schneller und zusammenhangloser.
    Honora beugte sich wieder über ihre Näharbeit, unschlüssig, wie sie sich verhalten sollte. Wollte Ewan, dass sie sich einmischte? Aber vermutlich wollte er nicht, dass sie seine Wunde versorgte.
    Nach einer Weile erhob er sich, dankte Katherine und wünschte ihr eine gute Nacht. Er küsste ihre Fingerkuppen und hielt ihre Hand einen Moment länger als schicklich gewesen wäre. Honora stach die Nadel wütend in den Stoff und warf das Gewand in den Nähkorb.
    „Mylady, wenn Ihr gestattet“, fuhr er mit einem dünnen Lächeln fort, „würde ich gern ein Wort mit Eurer Schwester sprechen.“
    Katherine schüttelte erleichtert den Kopf. „Das sei Euch unbenommen. Wir sehen uns morgen, Ewan. Vergesst nicht … bei den Ställen nach der Morgenandacht.“
    Er verneigte sich. „Ich freue mich darauf, Mylady.“
    Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, sah Honora ihn ernsthaft an. „Soll ich einen Blick auf deinen Arm werfen?“
    Er nickte und verzog schmerzhaft das Gesicht, als er sich abmühte, den blutverkrusteten Ärmel seiner Tunika hochzuschieben.
    „Ich beeile mich“, versprach sie. Es war nicht klug, allein mit ihm zu sein. Sie wollte seiner Gegenwart möglichst rasch entfliehen, um dieses befremdliche und verbotene Sehnen loszuwerden.
    „Deine Schwester sah aus, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Ich wollte ihr den Anblick meines Blutes nicht zumuten.“
    Bei ihr hatte er offenbar keinerlei Bedenken. Honora verzichtete wohlweislich auf die Frage, was er tun würde, wenn er einmal mit Katherine verheiratet war. Ihre jüngere Schwester war empfindsam und konnte kein Blut sehen. „Ich tu, was ich kann. Was ist mit deinen Rippen?“
    Sie streifte ihm die Tunika vorsichtig ab. Aus der klaffenden Armwunde sickerte wieder Blut. „Ich fürchte, das muss genäht werden.“
    „Meine Rippen sind nicht gebrochen, höchstens geprellt, aber nichts Ernstes.“
    „Ich kann dir einen Verband anlegen, wenn du willst.“ Ohne auf seine Antwort zu warten, holte sie Nadel und Faden aus dem Nähkorb.
    Zu ihrer Erleichterung klang ihre Stimme sachlich. Er durfte niemals erfahren, wie beunruhigend der Anblick seines nackten Oberkörpers auf sie wirkte. Sie konnte an nichts anderes denken als an jene erste Nacht, da sie ihn nackt gesehen und sein sehniger Körper sich an den ihren gepresst hatte.
    Sie untersuchte den Schnitt. Schmutz und getrocknetes Blut verkrusteten die Ränder. „Ich muss die Verletzung auswaschen, um Wundbrand zu verhindern.“ Sie entdeckte ein Krug Wein, den sie vorsichtig in die Wunde goss und mit einem Leinenlappen betupfte. Ewan hätte am liebsten aufgeschrieben, stieß aber nur ein paar unterdrückte Laute aus.
    Der Schnitt war ziemlich tief und würde ohne Naht nicht heilen. „Es wird eine Narbe zurückbleiben.“
    „Ich weiß.“ Er zuckte nicht, als sie die Beinnadel in sein Fleisch stach. „Narben sind schließlich Ehrenmale.“
    „Oder Zeichen, dass ein Mann nicht schnell genug ausgewichen ist.“
    „Hast du auch Narben, Honora?“
    „Keine, die ich dir zeigen würde.“
    Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem schmalen Lächeln. „Jeder Krieger hat Narben.“ Mit der

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