Irische Küsse
Seite bist.“
„Sie erwartet ihr Kind erst im Spätsommer.“
„Aha. Und Kinder kommen ja stets pünktlich, und zwar genau dann, wenn sie erwartet werden, nicht wahr?“ Ewan entging der besorgte Blick seines Bruders nicht, denn sein jüngster Sohn Cavan hatte die ganze Familie mit seiner vorzeitigen Geburt in große Aufregung und Sorge gestürzt. Nur durch Gottes Güte hatte der Winzling überlebt.
„Kehre zu deiner Frau und den Kindern zurück“, drängte Ewan. „Ich komme allein zurecht. Und wenn ich verheiratet bin, werde ich meine Braut deiner Familie vorstellen.“
Obwohl Bevan nicht wirklich überzeugt wirkte, erhob er keine weiteren Einwände. „Zögere die Sache aber nicht länger hinaus. Wir erwarten dich zur Mittsommerwende.“
Ewan liebte das Sonnwendfest und nickte, um sein Einverständnis zu demonstrieren. „Ich werde dann da sein.“
„Gut. Bevor ich abreise, spreche ich aber noch einmal mit dem Baron über deine Verlobung.“ Bevan streckte ihm die Hand entgegen.
Ewan drückte sie herzlich und blickte seinem Bruder in die Augen. „Ich werde den Sieg erringen und die Ländereien, die ich mir so gewünscht habe, erhalten, Bevan.“
„Daran zweifle ich nicht. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob eine sanfte, holde Frau die Person ist, die du dir tatsächlich wünschst.“
Die Worte seines Bruders klangen lange in ihm nach. Wieso sollte er sich eine andere wünschen? Katherine war genau die Richtige für ihn.
„Hab eine gute Überfahrt.“
Sein älterer Bruder nahm ihn in die Arme und schlug ihm kräftig auf die Schultern. „Ich schicke dir Connor als meinen Vertreter. Er wird dich nach Hause begleiten.“
„Das ist nicht nötig. Ich würde die Reise gern allein mit meiner Braut machen.“
Über Bevans vernarbtes Gesicht flog ein breites Lächeln. „Das kann ich mir denken. Aber hüte dich davor, eine Torheit zu begehen und die falsche Frau zu heiraten.“
Diese Gefahr bestand gewiss nicht, da Honora und er nicht unterschiedlicher sein konnten.
Als sein Bruder gegangen war, gürtete Ewan das Schwert um. Er sehnte sich nach einem Kampf, der seine gesamten Kräfte erforderte und der ihn über seine Grenzen hinauswachsen ließ.
Vielleicht könnte er sie damit auch endlich aus seinen Gedanken verbannen.
John warf ihr einen Schild zu. Honora fing ihn auf und hob ihn blitzschnell, um seinen ersten Hieb zu parieren. Er zögerte nicht mit seiner Attacke, Schlag um Schlag sauste sein Schwert gegen ihre Klinge, bis ihre Arme zu erlahmen begannen.
Aber sie zeigte keine Blöße in ihrer Verteidigung und blieb standfest auf den Füßen.
„Bist wohl kein großer Kämpfer, du Hänfling?“ John griff wieder an, zwang sie, ihren Schild zu heben, um den nächsten Schlag abzuwehren.
Er attackierte mit raschen Scheinparaden, um sie zu verwirren. Ihre Schultern und Handgelenke begannen zu brennen. Wenn sie nicht aufpasste, würde er sie besiegen.
Honora lauerte auf eine Blöße des Gegners, und als sie diese entdeckt zu haben glaubte, schwang sie die Klinge mit voller Wucht gegen seinen Brustkorb. John gelang es gerade noch, den Hieb mit seinem Schild zu blockieren, wodurch ihr Arm nach hinten gerissen wurde.
Sie hatte noch nie gegen John gekämpft. Als sie ihn in jener Nacht mit dem Dolch besiegt hatte, war ihr der Überraschungsmoment zu Hilfe gekommen. Nun untergruben seine Stärke und seine listenreiche Taktik ihr Selbstvertrauen, und sie bereute beinahe, seine Herausforderung angenommen zu haben.
Er war klar im Vorteil. Immer wieder zwang er sie in die Abwehr. Doch unvermutet gelang ihr ein Hieb, der ihn am Arm traf. Er blutete.
John brüllte vor Wut und stürmte auf sie los. Für eine kurze Weile war sie in ihrer Verblüffung zu keiner Bewegung fähig. Im letzten Augenblick hob sie den Holzschild, den Johns gewaltiger Hieb ihr jedoch aus der Hand riss. Schutzlos konnte sie seine Attacken nur noch mit der Klinge abwehren.
Andere Ritter hatten sich um die beiden versammelt und verfolgten gespannt den erbitterten Zweikampf, darunter Sir Ademar und Beaulais.
Honora hielt das Schwert mit beiden Händen und hatte Mühe, sich zu verteidigen. Mittlerweile war ihr klar, dass sie dieses Gefecht nicht gewinnen konnte. John griff mit allen Mitteln an, ohne auf die Regeln eines Schaukampfes zu achten, und plötzlich zog er ihr die flache Klinge quer über den Brustkorb.
Die Luft wurde ihr aus der Lunge gepresst, als sie rückwärts zu Boden ging. Sie hob den Arm schützend vors Gesicht,
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