Irische Küsse
die sie hastig fortblinzelte. Bedrückt von ihrer Niederlage wusste sie nicht, was sie sagen sollte.
Die Berührung von Ewans Händen löste ihre innere Spannung ein wenig. Seine Finger ruhten an ihren Schultern, und sie spürte eine tröstliche Wärme. Ohne darüber nachzudenken, was sie tat, legte sie ihre Hände über die seinen.
Sie wünschte, er würde sie wieder küssen, gleichzeitig schämte sie sich, denn das durfte nie wieder geschehen.
Um ihre verbotenen Gedanken zu verbergen, strich sie über die Narben an seinen Handflächen. „Die Wunden sind gut verheilt.“ Als er als Pflegekind auf die Burg von Thomas de Renalt gekommen war, dem Earl of Longford, hatte sie die geröteten und geschwollenen Narben zum ersten Mal gesehen, die Folgen der Foltern, denen er ausgesetzt gewesen war.
„Hattest du große Schmerzen, als man dir das antat?“, fragte sie leise.
„Die Schmerzen meines Verrats an meinem Bruder waren schlimmer. Hätte ich nicht gestanden, wo er sich mit seinen Leuten versteckt hielt, hätte man ihn nie gefunden.“
„Aber Bevan hat dir verziehen. Und es ist am Ende alles gut ausgegangen.“
Ewan nickte, entzog ihr seine Hände und legte sie an ihre Hüften. „Es hat länger gedauert, bis ich mir verzeihen konnte.“
Sie musste sich ihm entziehen, aber seine Hände hielten sie gefangen. Was machte er? Wieso blieb er so dicht vor ihr hocken?
Honora schluckte schwer und sagte: „Es tut mir leid, dass ich dir und Katherine nachgeschlichen bin. Das war falsch von mir.“
Er blickte sie eindringlich an. In seinen grünen Augen las sie Verlangen. „Warum hast du es getan?“
„Um meine Schwester zu beschützen, das sagte ich bereits.“
„Um sie daran zu hindern, einen Mann wie mich zu küssen?“
„Ja“, hauchte sie.
Er ließ die Hände unter die Falten der Tunika gleiten, schob den Stoff beiseite, um ihre Prellungen zu untersuchen. Die unerwartete Berührung löste ein Prickeln in ihr aus.
„Ewan, lass das.“ Es war die zärtliche Berührung eines Liebhabers, nicht die sachliche Untersuchung eines Heilers.
„Du hättest Johns Aufforderung zum Kampf nicht annehmen dürfen“, fuhr Ewan beharrlich fort. „Du bist nicht stark genug, um einen Mann wie ihn zu besiegen.“
Sie fühlte sich in ihrem Stolz gekränkt. „Kraft ist nicht das Wichtigste. Ich bin ein geschickter Schwertfechter.“
„Täusche dich nicht. Du hast dich einfach überschätzt.“
„Ich kann jeden dieser Männer besiegen, MacEgan. Auch dich.“ Sie versuchte, seine Hände abzuschütteln, aber er hielt ihre Hüften nur fester. In einem stummen Ringen kämpfte sie gegen seine unnachgiebige Härte.
„Mich bezwingst du nicht, schlag dir das aus dem Kopf.“
Seine Stimme klang tief und kehlig. Als sie ihm in die Augen blickte, sah sie, dass sein kämpferischer Geist sich in etwas anderes verwandelt hatte. Er begehrte sie. Ihm selbst behagte das ganz und gar nicht.
Endlich lockerte er seinen Griff und gab ihr die Chance, sich von ihm zu entfernen. Aber Honora machte auf einmal keine Anstalten, es zu tun. Sie wusste nicht, wie ihr geschah, ein Frösteln durchrieselte sie, und gleichzeitig geriet ihr Blut in Wallung. Ohne es zu wollen, legte sie ihm ihre flachen Hände an seine Brust, während sie sich bemühte, ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen.
„Du musst gehen, Honora.“ Noch während er sprach, legte er seine Hände an ihren Hinterkopf und ließ die Finger durch ihr seidiges kurzes Haar gleiten. Seine Daumen massierten sanft ihre Schläfen. Sie schloss die Augen.
„Warum löst du solche Gefühle in mir aus?“, flüsterte sie. „Bei Ranulf habe ich so etwas nie empfunden.“
Sie war von ihrem Ehemann misshandelt worden, das war Ewan längst klar. Er wollte ihr sagen, dass kein Mann sich an einer Frau vergehen dürfe, und sie keine Schuld an ihrer schlechten Ehe trage. Er wollte sie wissen lassen, dass jeder sie schön und begehrenswert fand.
Er konnte sich nicht davon ausschließen.
Ihre sinnlich vollen Lippen waren leicht geöffnet, und er konnte sein Verlangen nicht länger leugnen. Er näherte sich ihrem Mund, wollte herausfinden, ob die Lust, die er beim ersten Mal verspürt hatte, nur ein Trugschluss war.
Es war kein Trugschluss.
Honoras Kuss brachte ihn schier um den Verstand, er konnte nicht begreifen, was ihn so magisch zu ihr hinzog, konnte sich nicht von ihren süßen Lippen lösen. Noch nicht. Er tauchte seine Zunge in ihren Mund, in einem Vorspiel dessen, wonach er sich
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