Iron Witch
egal, dass er sich wehrte und dass sie der Königin den Rücken zuwenden musste. »Was soll denn das?«, flüsterte sie.
Xans Gesicht war hochrot, und er atmete schwer. »Es tut mir leid. Als ich sie gesehen habe … wie sie einfach so dasaß. Und all diese Dinger um sie herum.« Xan leckte sich über die Lippen und starrte auf den Boden. »Da bin ich einfach ausgerastet.«
Sie berührte sein Gesicht – es war eine flüchtige Geste, die ihn trösten sollte. »Es ist okay, Xan.«
Die Königin erhob ihre Stimme. Donna erschrak, und als sie sich wieder zum Thron umdrehte, hämmerte ihr Herz wie wild. »Wir verschwenden unsere Zeit mit eurem unwichtigen Geschwätz, und das wollt ihr doch ganz sicher nicht – nicht wenn so viel auf dem Spiel steht.« Sie zog ihre Mundwinkel hoch. Es war das höhnische Abbild eines menschlichen Lächelns. »Ich möchte wissen, warum ihr in unser Land oder das, was davon noch übrig ist, eingedrungen seid.« Aliette veränderte ihre Haltung auf dem Thron, und die Blätter und Ranken raschelten, als ob ein eisiger Wind durch sie hindurchfegen würde.
Sie richtete ihre finsteren Augen auf Donna. »Was hast du mir zu sagen, Donna Underwood der Alchemisten? Du, die wir Iron Witch nennen?«
Iron Witch? Was meinte dieses Etwas damit? Donnas Augen weiteten sich, und sie ballte ihre Hände zu Fäusten. Der Name bezog sich sicher auf ihre Tätowierungen, aber wie konnte Aliette etwas darüber wissen? Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, über diesen seltsamen Namen, den die Königin ihr gegeben hatte und der fast schon ein Titel war, nachzudenken. Sie versuchte ruhig zu bleiben und behielt die auf der Lichtung kreisenden Elfen im Auge. Sie und Xan waren umzingelt – sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich entkommen könnten, falls sie versuchen sollten zu fliehen.
An diesem Punkt machte es keinen Unterschied mehr, ob sie ihr Vorhaben, Navin und Maker zu retten, weiterverfolgten oder einen Rückzieher machten. Sie hatten nichts mehr zu verlieren, denn schlimmer konnte es nicht mehr kommen.
Xan hatte seinen Arm um Donna gelegt, und seine wärmenden Hände beruhigten sie.
Sie schaute der Königin direkt in die Augen. »Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet«, sagte sie förmlich. »Ich möchte nur wissen, was Ihr mit meinem Freund, Navin Sharma, gemacht habt. Und mit Maker, dem Alchemisten.«
Die Königin gab ein knisterndes Lachen von sich, gefolgt von einem trägen, verschlagenen Lächeln. »Der Junge ist sicher bei uns und wird es auch bleiben, bis du mir bringst, was ich brauche.«
»Und das wäre?«
»Natürlich das Geheimnis des ewigen Lebens, meine Liebe. Gibt es noch was anderes?«
Donna machte einen Schritt zurück. »Was? Lebt Ihr denn nicht schon lange genug? Ihr seid praktisch unsterblich.« Donna wusste genau, wovon die Königin sprach, wollte das aber nicht zeigen.
»Du weißt, dass das nicht stimmt, Mädchen. Wir leben lange, aber nicht mehr so lange wie es einmal der Fall war. Die Elfen erkranken und sterben, dank der sich ausbreitenden Krankheiten der Eisenwelt. Wir werden bald nichts weiter als Gespenster sein, wenn ich für uns keinen anderen Weg finde zu überleben.« Sie starrte Donna aus seelenlosen Augen an. »Alles, was wir jemals wollten, war ein Leben unabhängig von den Tributzahlungen, frei von den Regeln unserer Feenverwandtschaft.«
Donna schnaubte. »Habt Ihr das nicht erreicht?«
Die Königin antwortete leise. »Der Preis war … höher als vorausgesehen.«
»Man sollte vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht, Eure Majestät.« Donna konnte es nicht glauben. Diese Kreatur, die ihren besten Freund gefangen hielt, wagte es, sich über die Folgen ihrer Entscheidungen zu beschweren.
Xan ging auf sie zu, bevor Aliette etwas erwidern konnte. »Wir wollen nur unsere Leute holen und dann gehen wir. Mehr nicht.«
Langsam ging Donna ein Licht auf. Dem allerdings folgte sehr schnell noch größere Verwirrung. »Ich kann verstehen, warum Ihr Maker als Geisel genommen habt; er ist ein mächtiger Feind und könnte euch einen Vorteil gegenüber den Alchemisten verschaffen. Aber Navin … er bedeutet doch nur mir etwas.«
»Ganz richtig, Donna Underwood, so wie du uns etwas bedeutest«, erwiderte die Königin.
Donnas Magen verkrampfte sich. Sie sagte kein Wort und wünschte, ihre Knie würden aufhören zu schlottern. Die Worte der Königin hallten leise durch den Wald.
Aliette strich mit ihren dünnen, braunen Fingern über die
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