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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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weiteres Mal zu bemühen: Das war vollkommen unmöglich.
    Die beiden Männer mochten kräftig sein, aber das Gitter bestand aus daumendicken Stäben, und rostig oder nicht, es war massiv genug, selbst einem tollwütigen Kaffernbüffel standzuhalten. Und trotzdem rissen die beiden – einer von ihnen war Jacobs! – es nun vor meinen Augen auseinander, ganz gewiss nicht mühelos, aber doch Stück für Stück und mit einer Beharrlichkeit, die etwas Maschinenhaftes hatte.
    Und genau das war es wohl auch.
    Hin- und hergerissen zwischen Entsetzen und morbider Faszination sah ich weiter zu und begriff, dass es im Grunde nicht die beiden Männer waren, die das Unmögliche da vor meinen Augen vollbrachten. Es war dieses Netz, das ihre Körper wie ein außen liegendes Skelett umschloss und ihnen seinen Willen aufzwang. Die Gitterstäbe verbogen sich kreischend oder brachen gleich ganz in Stücke, und an dem rostigen Eisen blieben Blut, abgerissene Fingernägel und ganze Fleischstücke hängen, während wimmernde Schmerzenslaute über die Lippen der beiden gefolterten Männer kamen. Das Netz nahm jedoch keinerlei Rücksicht darauf, sondern trieb sie erbarmungslos weiter an, bis die letzte Metallstrebe brach. Möglicherweise auch der eine oder andere Knochen, zumindest in Jacobs’ Fall, denn er bückte sich zwar unter dem aufgebogenen Metallgeflecht hindurch, machte aber nur noch einen einzelnen taumelnden Schritt, bevor er gegen die Wand prallte und haltlos daran zu Boden sank. Sowohl der zweite Mann als auch alle anderen setzten ihren Weg gänzlich unbeeindruckt fort und gingen einfach an ihm vorbei.
    Bis zu dem Moment, in dem Allison an ihm vorüberging, und es war auch genau dieser Anblick, der den lähmenden Bann brach, der von mir Besitz ergriffen hatte. Jacobs versuchte sich auf die Beine zu kämpfen – genauer gesagt versuchte das silberne Netz ihn auf die Beine zu zwingen –, doch sein Körper war wohl schon zu sehr in Mitleidenschaft gezogen. Ich sah (und hörte!), wie eines seiner Beine brach, als hätte sich der Knochen von einer Sekunde auf die nächste in mürbes Glas verwandelt. Jacobs sank zurück, als das stützende Skelett plötzlich seines inneren Halts beraubt war. Er schlug mit einem noch viel grässlicheren nassen Laut aufs Gesicht, und die Einzige, die davon auch nur Notiz nahm, war Allison. Sie stockte kurz, und ich sah, dass sie den Kopf senken wollte, um auf Jacobs hinabzusehen, vom Netzgeflecht aber daran gehindert wurde, das sie mit brutaler Gewalt zum Weitergehen zwang.
    Das war zu viel. Selbst nach allem Schrecken, dessen ich bisher ansichtig geworden war, war mir der Gedanke einfach unerträglich, dass irgendjemand ausgerechnet Allison zu einem so hartherzigen Verhalten zwingen sollte. Ich sprang auf, schrie ihren Namen und riss mich los, als Mulligan mich ganz instinktiv festhalten wollte.
    Und tatsächlich blieb Allison stehen, drehte sich halb nach mir um und sah mich aus sehr traurigen Augen an. Ich hatte das sichere Gefühl, dass sie gelächelt hätte, aber selbst das verhinderte das grässliche Spinnengeflecht auf ihrem Gesicht.
    »Allison!«, brüllte ich noch einmal, konnte gerade noch den Kopf einziehen, um mir nicht an den verbogenen Metallstäben die Augen auszustechen, und taumelte mehr weiter, als ich lief. Mulligan brüllte irgendetwas, das ich nicht verstand, und jagte hinter mir her, und nun drehte sich auch der Mann neben Allison um und hob mit einem sonderbar vogelartigen Ruck den Kopf. Die grünen Lichter in seinem Netz flammten heller, und seine Augen verwandelten sich in spiegelnde Seen aus reinem Silber. Seine Hand, von einem silbernen Netzhandschuh in eine tödliche Klaue verwandelt, zuckte hoch und zielte nach meinen Augen.
    »Inspektor! Runter!«
    Ich warf mich ganz instinktiv zur Seite, und das bewahrte mich immerhin davor, von Mulligan den Schädel eingeschlagen zu bekommen, der seine improvisierte Keule mit ebenso großer Vehemenz wie mangelnder Zielsicherheit schwang. In meiner Hast verlor ich das Gleichgewicht, prallte mit der Schläfe gegen die Mauer und sank halb benommen neben Jacobs auf die Knie.
    Mulligan hatte deutlich weniger Glück. Sein Hieb, so ungeschickt er auch anmuten mochte, hätte den Schädel des Mannes zweifellos zu Mus geschlagen, doch dieser drehte im allerletzten Moment und mit ganz und gar übermenschlicher Schnelligkeit die Hand, fing die Eisenstange auf und brach sie in zwei Teile, indem er lediglich die Faust darum schloss. Mit der anderen

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