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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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geprallt war. Und aus der sachten Erinnerung meines schlechten Gewissens wurde ein unangenehmes Nagen.
    »Ich schulde Ihnen trotzdem etwas, Mulligan«, sagte ich. »Sobald wir hier raus sind, gebe ich Ihnen ein Bier aus.«
    »Ich trinke nicht mehr, Inspektor«, antwortete er mit großem Ernst. »Alkohol ist ein Geschenk des Satans, um uns vom rechten Pfad abzubringen.«
    Ich starrte ihn an, blinzelte, starrte ihn weiter an und wartete darauf, dass er breit grinste oder wenigstens ein spöttisches Funkeln in seinen Augen erschien. Als mir klar wurde, dass er das vollkommen ernst meinte, beschloss ich, mir jeden Spott zu verkneifen.
    Das Denken fiel mir ohnehin noch schwer. Meine Gedanken weigerten sich, mit der gewohnten Schnelligkeit abzulaufen, und das Dröhnen der Hammerschläge zwischen meinen Schläfen nahm noch einmal zu. Es fehlte nicht mehr viel, und es würde mir die Tränen in die Augen treiben.
    Seltsamerweise legte jetzt auch Mulligan den Kopf auf die Seite und schien zu lauschen, als könnte er meine Kopfschmerzen hören.
    »Können Sie gehen, Inspektor?«, fragte er.
    »Selbstverständlich«, antwortete ich leicht beleidigt und machte auch gleich einen Schritt, um meine Behauptung unter Beweis zu stellen. Immerhin war Mulligan reaktionsschnell genug, um mich nicht nur aufzufangen, sondern sich auch gleich meinen Arm um den Nacken zu legen, um mich zu stützen. Mit der anderen Hand (in der er zusätzlich auch noch die Laterne hielt) stieß er die Tür auf, nachdem wir die letzten drei Stufen hinter uns gebracht hatten, und im gleichen Moment, in dem er es tat, explodierte das Dröhnen hinter meiner Stirn zu purer Agonie, die den Treppenschacht von einem Ende zum anderen ausfüllte.
    Und das wortwörtlich, denn das Dröhnen erklang nicht wirklich in meinem Schädel, sondern schallte uns vom anderen Ende des Zellengangs entgegen. Hinter dem miteinander verschmolzenen Gittertor drängte sich eine Menge von fünf oder sechs größtenteils uniformierten Männern, die dem auf so unheimliche Weise aufgetauchten Hindernis mit ebenso schwerem Gerät wie immenser Geräuschentwicklung zu Leibe rückten. Unter ihnen entdeckte ich sowohl Adler – der sich zu meinem sachten Erstaunen nicht zu schade war, die Ärmel aufzukrempeln und ebenfalls einen Hammer mit kurzem Stiel und dafür umso schwererem Kopf zu schwingen – als auch Watson – der mit besorgter Miene dastand –, nicht jedoch Nikola, was mir einen kleinen Stich versetzte. Tief in meinem Herzen hatte ich gehofft, dass er nicht mit den anderen geflohen war.
    »Quinn!«, brüllte Adler, kaum dass ich noch immer schwer auf Mulligans Schulter gestützt durch die Tür gehumpelt kam. »Wo zum Teufel treiben Sie sich rum? Ich schreie mir hier die Seele aus dem Leib! Können Sie nicht wenigstens antworten?«
    Ich hätte noch eine Menge mehr getan, nur damit er endlich aufhörte zu brüllen. Jedes einzelne seiner Worte bohrte sich wie eine glühende Nadel zwischen meine Augen. Aber wenigstens schlug er nicht weiter mit seinem Hammer auf das Gitter ein, was mir wahrscheinlich glatt die Schädeldecke weggesprengt hätte. Ich ließ endlich Mulligans Schulter los und schaffte es, halbwegs aufrecht neben ihm her zu humpeln, auch wenn mir keineswegs entging, dass dieser mich aufmerksam im Auge behielt, um sofort zuzupacken, sollten mich die Kräfte verlassen. Vielleicht war es sogar diese letzte Beobachtung, die mich mit hinlänglichem Trotz erfüllte, um tatsächlich die Schultern zu straffen und mit etwas energischeren Schritten weiterzugehen. Wenigstens so lange, bis Adler tief genug Luft geholt hatte, um weiterzubrüllen:
    »Verdammt, Devlin, bewegen Sie Ihren inkompetenten Arsch ein bisschen schneller, und …«
    Ich konnte selbst über die Distanz von noch immer einem Dutzend Schritten hinweghören, wie er schluckte und dann beinahe entsetzt die Augen aufriss. »Um Himmels willen, Mann, was ist mit Ihrem Gesicht passiert?«
    »Und wo sind die anderen?«, fügte Watson hinzu, während er mit einem einzigen Schritt und dem Ausdruck größter Besorgnis neben Adler trat.
    »Sie sind weg«, antwortete Mulligan, bevor ich etwas sagen konnte, und konnte sich natürlich nicht verkneifen, auch noch hinzuzufügen: »Zwei sind tot, und die anderen durch die Kanalisation verschwunden.«
    »Tot?«, entfuhr es Watson. »Wie? Was ist passiert?«
    »Und was heißt hier verschwunden?«, fügte Adler hinzu und wollte offensichtlich gar keine Antwort, denn er schwang noch während

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