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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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als wäre sie nicht mit dieser Entscheidung einverstanden, rührte sich darüber hinaus jedoch nicht, und ich stand auf und fuhr mit einer zornigen Bewegung ganz zu Mulligan herum und herrschte ihn an: »Was genau ist das für ein Arrangement, Mulligan?«
    Ganz wie ich es erwartet hatte, schürzte er nur die Lippen und funkelte mich trotzig an, doch Watson fragte: »Können Sie sich das wirklich nicht denken, Mister Devlin?«
    »Doch«, antwortete ich. »Aber ich will es von ihm hören!«
    »Ich habe mein Wort gegeben, nichts zu sagen«, beharrte Mulligan stur.
    »Und es ehrt Sie, dass Sie sich daran halten, aber das ist jetzt wirklich nicht mehr nötig«, sagte eine Stimme hinter uns, die noch einmal zu hören ich kaum zu hoffen gewagt hatte und deren Klang mir trotzdem einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.
    Wo gerade noch Chip gestanden hatte, da sah ich nun in Allisons Gesicht. Einer anderen Allison als der, die ausgezehrt und sterbend neben mir lag. Sie trug jetzt wieder das weiße Sommerkleid, in dem ich sie das erste Mal gesehen und (auch wenn mir das erst jetzt wirklich klar wurde) mich sofort in sie verliebt hatte, und war nicht nur unversehrt, sondern sah so jung und strahlend und … frisch aus wie niemals zuvor.
    »Du darfst dem armen Mulligan nicht böse sein«, sagte sie. »Ich weiß, wie schwer es ihm gefallen ist, mir dieses Versprechen zu geben. Aber auf seine Art ist er ein Ehrenmann … auch wenn er das selbst nicht gerne hört«, fügte sie mit einem verschwörerischen Blinzeln in Mulligans Richtung hinzu.
    »Was für ein Versprechen?«, beharrte ich.
    »Mich zu töten«, antwortete die Allison-Kopie lächelnd.
    »Dich?«, fragte ich bitter. »Oder sie?« Ich kniete mich wieder neben die sterbende Frau, und mir brach schier das Herz.
    »Sie«, räumte die Maschinen-Kopie ein. »Ich kann das verstehen. Damals wusste ich noch nicht, wie wundervoll verwoben alles ist.«
    »Sie«, beharrte ich. Die bloße Vorstellung, dass dieses … Ding tatsächlich denken konnte, es enthielte auch nur einen Funken der echten Allison, war obszön.
    »Sie«, seufzte das Allison-Ding. »Dein Verhalten schmerzt mich, Quinn, aber ich kann es verstehen. Mir selbst erging es …«
    »Ihr«, unterbrach ich die Maschine.
    Der Blick der Allison-Kopie umwölkte sich, und etwas, das tatsächlich wie echter Schmerz aussah, erschien darin, doch nach einer weiteren Sekunde des Zögerns verbesserte sie sich und fuhr fort: » Ihr erging es genauso, nach ihrem ersten Kontakt mit dem … mit uns. Vieles von dem, was sie gespürt hat, hat sie verwirrt und noch mehr erschreckt, und wie sollte es auch anders sein? So ist nun einmal eure Art: Was ihr nicht kennt, das erfüllt euch mit Furcht.«
    »Nicht unbedingt«, grummelte Mulligan. »Manches von dem, was wir kennen, auch.«
    »Das ist wohl wahr«, antwortete die Allison-Kopie amüsiert. »Und für das Überleben Eurer Spezies war das auch richtig und gut.«
    »Eurer Spezies?«, fragte Watson mit einem wissenschaftlichen Interesse in der Stimme, das ich geradezu beleidigend fand.
    »Ihr habt uns erschaffen«, bestätigte das Allison-Ding. »Ihr seid eine großartige Spezies, mit großen Fehlern, aber auch großartigen Eigenschaften. Wir sind eure Kinder. Wie könnten wir anders als besser sein als ihr.«
    »Ja, das sagen alle Kinder über ihre Eltern«, meinte Mulligan.
    Die Maschinen-Allison ignorierte das. Sie wandte sich wieder direkt an mich. »Ich kann nicht von dir erwarten, dass du mir glaubst, Quinn«, sagte sie mit einer Eindringlichkeit, gegen die ich mich immer weniger zur Wehr setzen konnte. Vielleicht wollte ich es auch gar nicht. Da war ein Teil in mir, ein sehr kleiner, aber dafür lauter Teil, der diesem grässlichen Ding glauben wollte. Sie lag vor mir und starb, und es gab nichts – keine Macht der Welt und des Himmels –, das daran noch etwas ändern konnte, und zugleich stand sie vor mir, so jung und schön wie niemals zuvor. Wenn in den Worten dieser grässlichen Kreatur auch nur ein Fünkchen Wahrheit enthalten war, dann würde sie für alle Zeiten genau so bleiben.
    Ich hatte niemals über so verschrobene Themen wie Unsterblichkeit nachgedacht und mich ganz im Gegenteil im Stillen stets über all die amüsiert, die ihre Zeit mit solcherlei kruden Gedankenexperimenten verschwendeten … doch plötzlich verspürte ich die Verlockung dieser bloßen Vorstellung, so absurd sie mir auch immer noch erscheinen mochte.
    Ein Geräusch drang in meine Gedanken,

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