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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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darf der Bau der Titanic nicht durch Wirrköpfe oder kriminelle Elemente gefährdet werden.« Er beugte sich ein Stück zu mir vor und unterstrich seine nächsten Worte, indem er mit dem Knauf seines Stocks in seine offene Hand schlug. »Und nun raten Sie mal, wer der Leiter dieser neuen Einsatztruppe ist?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Etwa Sie, Captain? « Er grinste breit. »Und wen haben Sie erpresst, um diesen komischen Rang zu erhalten?«
    »Vielleicht den Richtigen«, erwiderte Adler fröhlich. »Aber vielleicht bin ich auch nur gut in dem, was ich tue. Jeder entwickelt sich nach seinen Möglichkeiten, nicht wahr?«
    Da war etwas dran. Adler würde nicht der Letzte sein, der im Polizeidienst Karriere machte, weil er brutal und skrupellos war.
    »Sie waren doch auch einmal gut in dem, was sie taten«, meinte Adler, während er sich noch einmal umsah und abfällig den Kopf schüttelte.
    »Worin?«, fragte ich. »Leute zusammenzuschlagen und kleine Ladenbesitzer zu erpressen?«
    Adler hob seinen Stock, und ich rechnete fest damit, den Knauf nun tatsächlich ins Gesicht zu bekommen, doch stattdessen führte er die Bewegung zu Ende, indem er den jüngeren der beiden Constabler mit einem Wink aufforderte, die Tür hinter sich zu schließen. Das Zimmer schien noch einmal zu schrumpfen, und für meinen Geschmack hielten sich eindeutig zu viele Personen darin auf. Und auch die falschen. Ich hatte noch immer nicht die leiseste Vorstellung, was dieser nächtliche Überfall sollte, dafür aber das sehr sichere Gefühl, dass er kein gutes Ende nehmen würde.
    »Wie gesagt: Es war nicht einfach, Sie zu finden, Devlin«, sagte Adler, ohne auf die Herausforderung zu reagieren. »Umso mehr freut es mich, dass es am Ende doch noch gelungen ist. Ich muss gestehen, dass ich Sie in den letzten Jahren … wie soll ich sagen? … ein wenig aus den Augen verloren habe. Aber wie ich sehe, war meine Sorge um Sie unbegründet. Sie scheinen sich für einen Exknacki ja ein gut florierendes kleines Unternehmen aufgebaut zu haben.«
    Ich biss mir so fest auf die Unterlippe, dass ich salziges Blut schmeckte, um die Antwort zurückzuhalten, die mir auf der Zunge lag. Adler hatte mich bisher noch nicht geschlagen, aber das hieß nicht, dass er es nicht noch tun würde, wenn ich ihm einen Vorwand lieferte. Wenn ich ihm keinen lieferte, vermutlich auch.
    »Was wollen Sie?«, fragte ich noch einmal und verfluchte mich selbst für das Zittern in meiner Stimme.
    Adler sah mich nur ausdruckslos an, drehte sich schon wieder demonstrativ stirnrunzelnd um und trat an den Vorhang. Ich rechnete fest damit, dass er ihn einfach herunterriss, doch er griff ganz im Gegenteil schon fast behutsam danach und zog ihn auf. Beinahe eine halbe Minute lang stand er einfach nur da und sah auf das wenige hinab, das es zu sehen gab, dann seufzte er, ging zum Tisch und nahm die halb leere Whiskyflasche in die Hand, um im blassen Licht das Etikett zu entziffern.
    »Das ist erbärmlich«, sagte er.
    »So schlecht ist er gar nicht«, antwortete ich. »Es ist ganz im Gegenteil ein ausgezeichneter Tropfen.«
    Adler zog eine Grimasse, stellte die Flasche zurück und trat an den Aktenschrank, um die obere Schublade aufzuziehen und hineinzublicken.
    »Was soll das?«, fragte ich. »Dazu haben Sie kein Recht!«
    »Ich weiß«, antwortete Adler, ließ sich aber auch nicht davon abhalten, ungeniert weiter in meinen vertraulichen Unterlagen zu blättern. Den wenigen, die es gab. Ich machte ganz instinktiv einen Schritt, um empört dazwischenzugehen und verwarf die Idee dann als äußerst unpassend, als mir der ältere der beiden Constabler den Weg vertrat und erwartungsvoll die Schultern straffte.
    Ich kannte den Mann nicht, ebenso wenig wie seinen jungen Kollegen. Das sprach dafür, dass Adlers Schnelle Einsatztruppe still und heimlich mit Männern aufgefüllt worden war, die zuvor noch nie in Belfast aktiv geworden waren. Das konnte ja heiter werden.
    Adler riss eine Seite aus einem Aktendeckel, stopfte sie sich in die Jackentasche; und das wahrscheinlich nur, um mir zu zeigen, dass er sich alles erlauben konnte. »Früher haben Sie es doch auch nicht so genau damit genommen, wenn ich mich richtig erinnere«, sagte er, nachdem er sich wieder zu mir umgedreht hatte.
    Das war, als ich noch auf der anderen Seite gestanden hatte, und Adler beschämte mich mit dieser Wahrheit nicht nur, sondern bestärkte mich auch ein weiteres Mal in meiner Überzeugung, damals die richtige

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