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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und wurde mit jedem Augenblick zorniger und war ganz allgemein nicht in der Verfassung, klug zu reagieren. »Sie haben kein Recht, das hier zu tun!«
    Meine Antwort schien Adler zu amüsieren. Er verzichtete – fast schon zu meinem Erstaunen – darauf, mir eine Begegnung mit dem Silberknauf seines Stöckchens zu spendieren, sondern trat ganz im Gegenteil einen Schritt zurück und ließ den silbernen Hammerkopf ein paarmal rhythmisch in seine geöffnete Handfläche klatschen. Vielleicht dachte er ja daran, wie oft ich selbst so dagestanden und mir dieselben hilflosen Vorwürfe angehört hatte. Ich war während meiner Zeit als Polizist kein Engel gewesen, aber einen Unterschied gab es doch. Ich hatte niemals wirklich zugeschlagen. Und dennoch begriff ich plötzlich, dass der Unterschied zwischen der reinen Drohung mit Gewalt und deren tatsächlicher Anwendung gar nicht so groß war. Auf eine gewisse Weise war Ersteres sogar schlimmer.
    »Es ist spät, und ich habe unsere Wiedersehensfreude lange genug genossen«, fuhr Adler nach einer kleinen Ewigkeit fort. »Deshalb kürzen wir das jetzt ab. Sie werden Ihre Nase nicht weiter in diese Angelegenheit stecken, Devlin. Betrachten Sie Ihren Auftrag als erledigt. Jacobs hat Sie bezahlt, nicht wahr? Also genießen Sie das höchste Honorar Ihrer jämmerlichen Karriere, und machen Sie ab sofort einen großen Bogen um Jacobs und seine Angelegenheiten und vor allem um Miss Carter. Haben Sie das verstanden?«
    »Und wenn nicht?«, fragte ich trotzig.
    Adler nickte fast unmerklich, und der junge Mann hinter ihm versetzte mir einen Schlag mit der flachen Hand, dass mir der Schädel dröhnte. Als ich wieder klar sehen konnte, hatte der zweite Constabler seine Laterne auf den Tisch gestellt und schon damit begonnen, die Schubladen meines Aktenschranks herauszuziehen und ihren Inhalt auf den Boden zu kippen.
    »Wie gesagt, ich bin Ihr Freund, Devlin«, fuhr Adler fort, jedes zweite Wort mit einem Schlag seines Silberknaufs in die offene Handfläche unterstreichend. »Es gibt Stimmen, die der Meinung sind, dass man kurzen Prozess mit Ihnen machen sollte, Devlin, aber ich finde, dass man so nicht mit einem ehemaligen Kollegen umgeht.«
    Ich starrte den Mann an, der meinen Aktenschrank bereits zur Hälfte geleert hatte und sich nun mit großer Begeisterung über die verbliebenen Schubladen hermachte. Ich brauchte all meine Willensstärke, um nicht aufzuspringen und mir den Kerl vorzunehmen, ganz gleich was danach mit mir geschehen würde.
    »Also tun Sie, was ich Ihnen geraten habe, und halten Sie sich von Jacobs und allem, was mit ihm zu tun hat, fern«, fuhr Adler fort, »oder ich kann Sie nicht weiter beschützen. Entführungen sind Sache der Polizei. Und Sie wissen ja, was wir mit Leuten machen, die unsere Ermittlungen behindern.«
    »Sie verschwinden auf Nimmerwiedersehen?«, vermutete ich.
    Adler seufzte. »Dann muss ich wohl deutlicher werden«, sagte er und hob seinen Spazierstock.



6

    Ich hatte Glück gehabt und weder einen Zahn verloren noch einen Knochenbruch oder andere wirklich schwere Verletzungen davongetragen, was aber zu meinem Ungemach nicht unbedingt für mein Aussehen galt. Ich war mit heftigen Schmerzen im Unterkiefer und dem Gefühl aufgewacht, mein ganzes Gesicht wäre auf das Doppelte seiner normalen Größe angeschwollen. Das hatte sich nach einem ersten Blick in den Spiegel zwar als hoffnungslos übertrieben herausgestellt, aber auch dazu geführt, dass mir die Lust auf einen zweiten für die nächsten Stunden gründlich verging.
    Es dauerte eine Weile, bis ich überhaupt begriff, welchen Wochentag wir hatten: Freitag. Es war so viel passiert in dieser Woche, dass ich das vor mir liegende Wochenende am liebsten alleine mit einer Flasche Whisky und ein paar guten Zigarren verbracht hätte; aber das würde bedeuten, dass ich diesen verrückten Fall heute abschließen müsste.
    Und das hielt ich für ausgeschlossen.
    Ich verließ meine Wohnung erst am frühen Nachmittag wieder und machte mich auf den Weg zur Werft, um meine Verabredung mit Nikola (und vor allem Allison) einzuhalten. Ungewöhnlich genug für mich hatte ich nicht nur einen Hut aufgesetzt und tief in die Stirn gezogen, um mein derangiertes Gesicht vor allzu neugierigen Blicken zu verbergen, sondern war auch gute anderthalb Stunden zu früh aufgebrochen. Allison und ich waren um fünf an der Pforte verabredet, und ich würde eine knappe halbe Stunde dorthin brauchen, wenn ich ein paar Pennys in den

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