Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)
Entscheidung getroffen zu haben. Nicht, dass ich wirklich die Wahl gehabt hätte.
»Laufen Ihre Geschäfte gut, Devlin?«, erkundigte sich Adler.
»Ich wüsste nicht, was Sie das …«, begann ich, und der junge Constabler, der mittlerweile hinter mir stand, boxte mir ansatzlos und so hart in die rechte Niere, dass eine Lohe aus grellem Schmerz vor meinen Augen explodierte und mir die Knie weich wurden. Ich wäre gestürzt, hätte derselbe Mann mich nicht aufgefangen und unsanft auf den wackeligen Stuhl hinter dem Schreibtisch gestoßen.
»Ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein, Devlin, um unserer alten Freundschaft willen«, fuhr Adler so ungerührt fort, als wäre überhaupt nichts gewesen. »Ich habe gerade nicht ganz die Wahrheit gesagt. Tatsächlich habe ich Sie nie völlig aus den Augen verloren. Man macht sich Sorgen um seine ehemaligen Kollegen, Sie verstehen? Deshalb weiß ich auch, dass Ihre Geschäfte nicht besonders gut liefen. Jedenfalls bis vor ein paar Tagen.«
Ich hatte Mühe, den Worten zu folgen. Der Schmerz in meinen Nieren verebbte weit schneller, als ich es zu hoffen gewagt hätte, aber nun wurde mir übel. Sehr übel.
Adler schloss die Schublade mit einem Knall und drehte sich zu mir um. »Scheint, als wären Sie auf eine Goldader gestoßen, Devlin.«
»Ich verstehe überhaupt nicht, wovon Sie reden«, brachte ich mühsam hervor. Ich musste immer schneller schlucken, um mich nicht auf Adlers Füße zu übergeben. Nicht, dass ich im Prinzip etwas dagegen gehabt hätte, aber es war mein Fußboden.
»Was haben Sie mit Stanley Jacobs’ Verschwinden zu tun, Devlin?«
Ich starrte ihn durch einen Vorhang aus Tränen an und vergaß für einen Augenblick sogar meine Übelkeit. »Wie bitte?«
»Bitte, Devlin«, seufzte Adler. »Sie wissen, wie es funktioniert, also verschwenden Sie nicht Ihre und vor allem meine Zeit mit irgendwelchen dummen Spielchen. Was haben Sie damit zu tun?«
»Ich weiß nicht, wer dieser Jacobs ist«, antwortete ich. Ich rechnete damit, erneut geschlagen zu werden, doch Adler seufzte nur noch einmal und machte ein Gesicht, als spräche er mit einem uneinsichtigen Kind.
»Also gut, da Sie anscheinend alles vergessen haben: Sie waren vormittags in Jacobs’ Büro. Verraten Sie mir, was Sie dort wollten?«
»Ich war nicht …«
Diesmal wurde ich geschlagen; auch wenn es genau genommen nur eine rüde Kopfnuss war, die mir der Mann hinter mir versetzte. Trotzdem sah ich Sterne, und die Übelkeit, die sich gerade hatte zurückziehen wollen, überlegte es sich noch einmal. Saurer Speichel sammelte sich unter meiner Zunge.
»Erinnern Sie sich an Constabler O’Kelly?«, fragte Adler.
Ich war nicht sicher, schüttelte aber vorsichtshalber den Kopf, und Adler fuhr im Plauderton fort: »Nun, Constabler O’Kelly erinnert sich jedenfalls an Sie. Er hat mir erzählt, dass Sie mit Mister Jacobs sprechen wollten. Ziemlich nachdrücklich. Und ganz wie ich es von dem guten, alten Quinn Devlin erwartet habe, so unhöflich, dass sich der Portier schließlich genötigt sah, Sie von den Sicherheitskräften auf die Straße expedieren zu lassen.«
»Es gab da ein Missverständnis«, antwortete ich und zog vorsichtshalber den Kopf ein, aber die erwartete Bestrafung blieb aus.
»Deshalb haben Sie sich ja auch sofort aus dem Staub gemacht, nicht wahr?«, fragte Adler. »Ich hätte gerne noch ein wenig mit Ihnen über alte Zeiten geplaudert. Leider waren Sie schon weg.«
»Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen«, erwiderte ich stur. »Und selbst wenn es so wäre, dürfte ich nicht darüber reden.«
»Ja, weil Sie Ihre Klienten schützen müssen und so weiter und so fort«, sagte Adler. »Und was genau, sagten Sie, haben Sie mit Mister Jacobs zu tun?«
»Nichts«, antwortete ich, und obwohl ich auf den Schlag vorbereitet gewesen war, hätte ich um ein Haar das Bewusstsein verloren.
»Sie bleiben also dabei, Mister Jacobs nicht zu kennen«, stellte Adler fest. »Ich wäre sogar geneigt, Ihnen zu glauben, Devlin, schon weil ich Sie kenne. Aber ich habe mir die Freiheit genommen, mich mit Ihrer Bank zu unterhalten. Der Mann, den Sie gar nicht kennen, hat Ihnen ein hübsches Sümmchen überwiesen. Ich gebe zu, ich weiß nicht besonders viel über Stanley Jacobs, aber ich weiß, dass er eines ganz bestimmt nicht ist, nämlich ein Menschenfreund und Wohltäter. Wofür hat er Ihnen so viel Geld bezahlt?«
»Das war die Anzahlung der Lösegeldsumme«, antwortete ich verstockt. »Die erste
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