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IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

Titel: IRRE SEELEN - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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verzog angewidert die Lippen. »Ist mir zu fettig, Herman – war nichts für mich. Sie hat mir die Ärmel eingesaut.«
    »Sie sollten sie aber mindestens einen Monat lang anwenden.«
    Das Mädchen vor ihr konnte sich nicht für eine Haartönung entscheiden. Sie schwankte zwischen einem Hellblond mit der Bezeichnung »Honigtau« und einem Farbton namens »Dunkelblonde Verzückung«. Mrs. Pancic sah der jungen Frau über die Schulter und mischte sich ein: »Nehmen Sie das dunklere Blond. Das andere ist so hell, damit sehen Sie aus wie ein Schrubber.«
    Das Mädchen wandte sich um, starrte sie an und schnaubte verlegen durch ein Nasenloch.
    »Hören Sie auf mich«, drängte Mrs. Pancic, »ich kenn mich mit Haarfärbemitteln aus. Schauen Sie mal, welche ich benutze: ›Schneeüberraschung‹.«
    Sie lachte über ihren eigenen Witz. Doch nur knapp 20 Zentimeter von ihrem linken Fuß entfernt begann sich der PVC-Boden mit Schachbrettmuster zu wellen und auszubeulen. Das schleifende Geräusch schien immer näher an die Oberfläche zu dringen.
    »Nur die Zeitung und die Zahnbürste«, sagte Mrs. Pancic und hielt beides wie zur Bekräftigung hoch.
    In diesem Moment riss wenige Zentimeter neben ihr der Boden auf. Eine riesige, haarige Hand schoss heraus und umfasste ihren Knöchel.
    Die alte Frau schrie vor Schreck entsetzt auf und kippte vornüber auf den Tresen, wobei die gläsernen Trennwände zerbrachen. Packungen mit Aspirin, Paracetamol, Abführmittel und Tampons prasselten neben ihr herab.
    Das Mädchen schrie ebenfalls auf und sprang mehrere Schritte zur Seite.
    »Oh mein Gott!«, keuchte Mr. Druker.
    Matilda Pancic klammerte sich in einem verzweifelten Rettungsversuch an die Fußleiste der Verkaufstheke. Doch eine weitere Hand, die aus dem Boden kam, ergriff ihre rechte Wade. Matilda Pancic gab keinen einzigen Laut von sich, streckte lediglich ihre Hand in Richtung des Ladentischs in der Hoffnung aus, irgendwo Halt zu finden.
    Mr. Druker schrie seinen Assistenten an: »Rufen Sie die Polizei!«
    »Was?«, entgegnete der Assistent, dessen Haar sich bereits lichtete.
    »Rufen Sie die Polizei, verdammt noch mal!«, brüllte Mr. Druker erneut. Es war das erste Mal seit 1951, in Korea, dass er laut fluchte.
    Die zwei riesigen Hände packten Matilda Pancic und schleuderten sie von einer Seite zur anderen – ließen sie Krach!!! gegen den Verkaufstresen knallen, dann Krach!!! auf den Boden und schließlich Krach!!! gegen den Ständer mit den Hallmark-Grußkarten. Ihr Tuch mit den Niagarafällen war plötzlich dunkelrot vor Blut. Ihre Arme schlackerten, weil sie gebrochen waren. Sie wurde wieder und wieder von einer Seite zur anderen geschmettert, bis sie nur noch hin- und herflog wie eine blutige Stoffpuppe.
    Sirenen heulten auf der Straße wie Kinder. Schon hatte sich vor der Drogerie eine Menschenmenge eingefunden. Nicht um Matilda Pancic zu retten, sondern um sie beim Sterben zu begaffen. Ihr Blut und ihr Gehirn waren im Schaufenster und über den ganzen Tresen verteilt.
    Hast du gesehen, wie das Blut rausgeschossen ist? Wie die Arme herumschlackern? Krass, wie ihr Gesicht aussieht!
    Schließlich griffen die riesigen Hände wieder nach ihr. Vor allen Umstehenden, die ihren Augen kaum trauten, wurde sie als klägliches Häufchen aus Blut, Innereien und einem lose auf dem Hals sitzenden Kopf in den Beton hereingezogen. Ein mörderisches menschliches Puzzle, das sich niemand, der es sah, so recht erklären konnte.
    Das Letzte, was im Boden verschwand, war ihr geschwollener linker Fuß – der bandagierte Fuß einer alten Dame. Er schrammte mit einem Geräusch nach unten, das einem die Haare zu Berge stehen ließ – Fleisch gegen Beton. Fleisch in Beton hinein.
    Dann war sie verschwunden und der Boden wölbte sich ein letztes Mal. Die Polizei stürmte mit gezogener Waffe in die Drogerie. »Raus da! Keine Bewegung! Polizei!« Doch niemand konnte den Mann, der einst auf den Namen Lester getauft worden war, an seiner Flucht durch das Erdreich hindern.
    Kurz nach 19:00 Uhr am gleichen Abend verließ ein 33 Jahre alter Versicherungssachverständiger namens Arnold Cohn in der Firmenzentrale der Wisconsin Mutual Assurance auf Parkdeck 3 den Aufzug und ging durch die Tiefgarage.
    Er hatte an diesem Abend eine Verabredung zum Abendessen mit einer jungen Frau namens Naomi Breinstein. Er hoffte, sie anschließend in seine Wohnung in Shorewood mitzunehmen, um gemeinsam Opernarien zu lauschen. In seiner Aktentasche lag neben den

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