IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)
Mr. Reed.«
Er ging zur Tür der Zelle und öffnete sie. »Sie werden dieses Gefängnis nie wieder verlassen.«
»Gute Nacht, Sergeant. Wir sehen uns morgen«, erwiderte Jack.
»Oh, sicher doch, keine Sorge. Darauf können Sie Gift nehmen«, beendete Schiller das Gespräch.
Jack schlief kaum mehr als zwei Stunden. Um 05:15 Uhr lag er hellwach auf seiner Pritsche und lauschte den Geräuschen, die aus dem Polizeigebäude zu ihm drangen, den verzerrten Schreien, ständig zufallenden Türen, dem Gepfeife und abrupt ausbrechenden Gelächter.
In der Ferne konnte er die Sirenen von Krankenwagen und Polizeiautos ausmachen. Er wollte gar nicht wissen, mit welcher Art von Notfällen sie es zu tun hatten. Noch mehr unschuldige Menschen, die in Gehsteige gezerrt oder gegen Wände geklatscht wurden. Noch mehr Seelen, die der grässlichen, glorreichen Wiederauferstehung von Quintus Miller zum Opfer fielen.
Er wühlte sich aus der Koje und klatschte sich am Waschbecken in der Ecke der Zelle kaltes Wasser ins Gesicht. Im Plastikspiegel sah er blass und verzerrt aus und seine Nase kam ihm riesig vor. Der Geist des Menschen, der einmal Jack Reed gewesen war.
Wenn er nur einfach hier rausmarschieren könnte, mitten durch die Wand, wie Quintus es zu tun pflegte.
Jack setzte sich wieder aufs Bett. Was, wenn er durch die Wand gehen konnte? Vielleicht gelang es Geoff ja, das komplette Druidenritual aufzuspüren. Quintus Miller hatte es ja schließlich auch geschafft und der war bekanntlich nicht ganz klar im Kopf. Ihr müsst die Musik spielen, so hatte Lester gesagt. Ihr müsst die Beschwörungsmusik spielen.
Es war ein Puzzle, bei dem bereits ein paar Teile zusammenpassten – etwa die Information, wie Quintus vom Druidentum erfahren hatte, und die Geschichte des Rattenfängers von Hameln. Aber es gab noch so viele offene Fragen und Unklarheiten. So viele Puzzlestücke, die sich anfühlten, als ob sie passten, es aber doch nicht taten.
Jack legte sich wieder hin und grübelte über die fehlenden Teile nach.
Sie kannten den Großteil des Rituals, das sie in den festen Felsen hineinbringen würde. Aber sie kannten die heilige Melodie immer noch nicht, die Melodie, die der Rattenfänger von Hameln den Kindern vorgespielt hatte, als sie in den Koppelberg liefen.
Seltsamerweise nahm Lester an, dass er und Geoff die Beschwörungsmelodie schon einmal gehört hatten. Ihr kennt sie, das waren seine Worte gewesen. Aber woher sollten sie die Melodie kennen? Sie hatten sie seines Wissens noch nie gehört, geschweige denn irgendwo etwas über sie gelesen. Doch dann musste Jack an ein weiteres Teil des Puzzles denken, ein bislang rätselhaftes Detail.
Geoffs Freund aus Harvard hatte ihm Auszüge aus Druggetts Druidenbuch vorgelesen. Wie war das gleich beim Höhepunkt des Rituals gewesen, als die Druiden in die Wände eindrangen?
»Sie spielten König.«
Doch Geoff war davon nur am Telefon erzählt worden. Er hatte die Passage nicht selbst gelesen. Was, wenn die Druiden nicht so taten, als wären sie Könige, wonach das Ritual ja eigentlich klang. Was, wenn sie vielmehr wörtlich »König« spielten, eine Melodie namens »Der König«?
Und wo hatte Jack vor Kurzem ein Lied über einen König gehört?
Schlagartig fiel es ihm ein. Die weit entfernte Stimme, von der er jetzt wusste, dass sie Quintus Miller gehörte – in den verlassenen Gängen von The Oaks. Das einfache Kinderlied, das er immer wiederholt hatte, bis Jack jedes Mal, wenn er es hörte, ein eisiger Schauer über den Rücken lief.
»Lavendelblau, dideldei;
Lavendel, hier gehör ich hin.
Hier bin ich König, dideldei;
Und du wirst Königin.«
Langsam setzte sich Jack auf. Wenn er sich richtig erinnerte, hatte Quintus die Melodie nicht ganz korrekt gesungen. Na ja, zumindest nicht so, wie man sie im Kindergarten lernte. Ein oder zwei Noten waren anders gewesen – schräger, in Ermangelung eines besseren Worts: barbarischer.
Das musste die Melodie sein, da war er sich mit einem Mal völlig sicher. Wie sonst hätte Lester annehmen können, dass sie ihnen bekannt war? Warum sonst hätte Quintus sie so oft singen sollen?
Weil er verrückt ist, entgegnete eine leise Stimme in seinem Kopf. Verrückte tun nie etwas aus den gleichen Gründen wie wir – und sie tun nie etwas Vorhersehbares.
Und dennoch, eine andere Möglichkeit kam Jack nicht in den Sinn. Er konnte es ja zumindest versuchen. Jetzt brauchte er nur noch eine Flöte und eine Rasierklinge, mit der er sich
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