IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)
Ecken direkt neben der Besenkammer.
Nein, es musste eine andere Methode geben, die zum Erfolg führte, beschloss Jack.Er versuchte noch einmal, direkt zu Quintus’ Zimmer vorzudringen, doch wieder verfehlte er es um einige Meter. Es kam ihm vor, als würde er für jeden Schritt nach vorne gleichzeitig zwei zurück machen.
Vielleicht war es das. Ein Schritt vorwärts und zwei Schritte zurück. Er probierte es aus und überraschenderweise gelang es ihm so, das Ende des Gangs im ersten Stock zu erreichen. Er nahm einen weiteren Anlauf, doch diesmal verfehlte er sein Ziel wieder deutlich. Vielleicht war es eine kompliziertere Abfolge. Ein Schritt vor und zwei Schritte zurück. Und dann zwei Schritte vor und drei Schritte zurück. Dann drei Schritte vor und vier Schritte zurück.
Nach vier oder fünf Minuten hatte er des Rätsels Lösung gefunden. Ein Schritt vor und zwei Schritte zurück. Dann zwei Schritte vor und ein Schritt zurück. Er wiederholte diese Abfolge wieder und wieder und drehte sich dabei nach rechts und links, bis er ziemlich abrupt die dem Hexagramm gegenüberliegende Wand von Quintus Millers Zimmer erreichte.
Jack konnte gerade noch einen entsetzten Schrei unterdrücken.
Quintus Miller war bereits da – und Randy ebenfalls.
Miller kniete in der Wand auf der Seite des Zimmers. Er sah nicht in Jacks Richtung und war außerdem viel zu beschäftigt mit dem, was er tat.
Jack rührte sich nicht, war wie gelähmt vor Schreck und versuchte, nicht zu laut zu atmen. Quintus hatte sein Kommen offenbar nicht bemerkt – und wenn doch, dann traute er Jack so wenig zu, dass er ihn kurzerhand ignorierte.
Quintus war Jack schon unheimlich gewesen, als er ihn zum ersten Mal im Glas von Geoffs Windschutzscheibe gesehen hatte. Doch jetzt in der Wand stieß ihn seine Erscheinung sogar noch mehr ab. Quintus war klein, besaß einen monströsen Kopf, einen Stiernacken, zurückgekämmtes Haar und ein Gesicht, das so kalt aussah wie eine Maske aus lackiertem Stahl. Er trug eine schmutzige, graue Flanellhose und einen Sam-Browne-Gürtel mit Hämmern und Zangen, die daran befestigt waren. Quintus’ Rücken war übersät von krausem, grauem Haar und auf seinen Ellenbogen zeichneten sich rosa-weiße Ekzeme ab.
Doch was Quintus tat , war noch weitaus beängstigender. Er hatte Randy gezwungen, sich direkt hinter dem Hexagramm aus Blut nackt in die Wand zu stellen. Randys Arme und Beine waren gespreizt, sodass sie die Sternform, die Erde, Wind, Wasser und Feuer symbolisierte, genau nachzeichneten. Seine Handgelenke und Knöchel steckten fest, weil Quintus sie in die reale Welt gezwungen hatte – kleine Hände und Füße, die aus dem Putz herausragten.
Randys Kopf war nach vorne gesunken und ruhte an der Innenseite der Wand. Er wirkte verdreckt, strubbelig und erschöpft. Hätte Jack nicht um die Gefahren gewusst, die von Quintus Miller ausgingen, wäre er auf der Stelle losgerannt, hätte sich Randy geschnappt und ihn in die Arme geschlossen.
Und es gab einen weiteren Grund für seine Zurückhaltung: Jack rätselte nach wie vor, warum es Quintus und den anderen Wahnsinnigen gelang, durch Wände und Böden hindurchzugreifen, während Pater Bell und Randy offensichtlich in die Falle gegangen waren, als ihre Hände von einem Element in das andere übertraten. Und Jack hatte hautnah mitbekommen, was mit denjenigen passierte, die von den Psychopathen unter die Erde gezogen wurden.
Denkbar, dass Quintus und seine Anhänger aufgrund all der Jahre, die sie in den Wänden von The Oaks zugebracht hatten, zusätzliche Energien aus der Erde in sich aufgenommen hatten. Vielleicht lag es auch einfach an einem abweichenden Ritual. Laut Geoff existierten zahllose Varianten druidischer Riten, um sich von einem Element in ein anderes zu versetzen. Die meisten von ihnen waren allerdings über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. Vielleicht hatte Quintus eine dieser verschollenen Methoden in Adolf Krügers Büchern wiederentdeckt – den Büchern, die mittlerweile zu Asche zerfallen waren.
Jack regte sich nicht. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er fragte sich, ob es sinnvoll war, Quintus in das Erdreich unter dem Keller zu locken, wo sein Gefolge darauf wartete, ihn als Opfer darzubringen.
Das Problem war, dass er sich in dem Labyrinth aus Wänden immer noch nicht blind zurechtfand und Quintus ihn mit ziemlicher Sicherheit auf halber Strecke einholen würde. Selbst wenn es ihm gelang, Quintus in Richtung Keller zu locken,
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